Weiden. "Wir erleben derzeit einen seit über zehn Jahren nicht mehr gesehenen Anstieg der Arbeitslosigkeit" kommentiert Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft (VBW) die neuesten Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) über die Auswirkungen der Coronakrise auf dem Arbeitsmarkt in einer Presseerklärung. "Das bereitet uns Sorge" meint Brossardt und weist darauf hin, dass das weitere Pandemiegeschehen noch völlig offen sei und überhaupt der derzeitige teilweise Lockdown in den Zahlen noch nicht abgebildet ist.
Laut Brossardt prognostiziert das IAB für Bayern "in einem mittleren Szenario der erwarteten Wirtschaftsentwicklung" insgesamt eine Steigerung der Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt 2020 gegenüber dem Vorjahr um 33,6 Prozent, also um rund ein Drittel, auf 283 200. Die Zahlen des IAB zeigen allerdings auch, dass die regionalen Arbeitsmärkte in der Oberpfalz mit weniger negativen Auswirkungen rechnen müssten, als dies bayernweit im Durchschnitt der Fall ist.
Die drei Arbeitsagenturbezirke in der Oberpfalz liegen in den IAB-Berechnungen unter diesem Wert. Am geringsten soll die Arbeitslosenzahl in Weiden mit 17,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr anwachsen. Deutlich höher, aber noch immer unterhalb des bayrischen Durchschnitts, liegen die Prognosen für die Arbeitsagenturbezirke Schwandorf (plus 30,3 Prozent) und Regensburg (plus 31,7 Prozent). Sollte allerdings in Anbetracht des aktuellen Teil- Lockdowns die wirtschaftliche Entwicklung weiter einbrechen, würden sich die Wachstumsraten der Arbeitslosigkeit überall nochmals deutlich erhöhen. Dies erwartet das IAB im Falle ihres Negativszenarios. Brossardt stellt auch den zweiten Teil der Prognosen des IAB vor, der die Beschäftigungsentwicklung betrifft. Weitgehend zum Stillstand soll danach das seit Jahren anhaltende Beschäftigungswachstum kommen.
Bayernweit wird im mittleren Szenario Ende des laufenden Jahres sogar ein Rückgang der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um rund 1,3 Prozent beziehungsweise 78600 gegenüber dem Vorjahr erwartet. Auch bei diesen Zahlen schneiden die Arbeitsagenturbezirke in der Oberpfalz etwas besser ab. So soll in Regensburg die Beschäftigtenzahl in diesem Jahr trotz Corona sogar ansteigen (plus 1300 Beschäftigte auf 269 000), in Weiden weitgehend stagnieren (plus 100 auf 87 100) und in Schwandorf um rund 800 Beschäftigte auf 167000 sinken. "Wir rechnen frühestens 2022 damit dass das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird" sagt Brossardt. In seiner Pressemitteilung weist der VBW auch darauf hin, dass derzeit neben den Auswirkungen der Pandemie auch der industrielle Strukturwandel sowie außenwirtschaftliche Risiken Anlass zur Sorge seien. Dazu kämen innenpolitische Fehlanreize wie die weltweit vierthöchsten Arbeitskosten, steigende Strom- und Energiekosten. "Entlastungen sind aber Fehlanzeige: Weder die Unternehmenssteuerlast wurde gesenkt noch ist die Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes angegangen worden" erklärt Brossardt.
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