Weiden in der Oberpfalz
14.11.2019 - 12:07 Uhr

Deutsch-türkische Klischees mit Bülent Ceylan

Komiker Bülent Ceylan begeistert 900 Zuschauer bei seiner "Intensiv"-Tour in der Max-Reger-Halle mit deutsch-türkischen Klischees.

Harald hat einen IQ von zwölf und liegt somit nach Ansicht von Bülent Ceylan nur um vier Prozentpunkte über dem IQ eines Kartoffelsalats. Bild: Kunz
Harald hat einen IQ von zwölf und liegt somit nach Ansicht von Bülent Ceylan nur um vier Prozentpunkte über dem IQ eines Kartoffelsalats.

Eines vorweg: Mit goldfarbener Perücke und Superman-Umhang macht er als Thor genauso viel her, wie Chris Hemsworth, der in der Marvel-Comicverfilmung den titelgegebenden Donnergott darstellt. Nur mit dem Unterschied, dass Bülent Ceylans Hammer-schwingende Version einen ausgenommen niedrigen Intelligenzquotienten besitzt. Und dass er den Thor auch nur deshalb gibt, weil Papa die von Mama favorisierte Langform „Viktor“ bei Namensgebung logopädisch einfach nicht über die Lippen brachte.

In der ausverkauften Max-Reger-Halle trommelt der Mannheimer Vorzeige-Türke mit seinem Hammer-Typen bereits für sein neues Programm, das er im kommenden Jahr starten wird. Und so lernen die Weidener beizeiten Thors Kindermädchen kennen: Die „T(h)orhüterin“. Natürlich auch Bülent Ceylans körperliche Vorzüge als Superheld, die er posierend zur Schau stellt. Damit aber erst einmal genug der Äußerlichkeiten.

Am Mittwochabend müssen die Fans mit bereits bekannten Figuren, wie Harald („Harald hat en IQ von zwölf. Und e Kartoffelsalat jo schon von acht") oder den schwimmbegeisterten „Hassan“ vorlieb nehmen, der mit seinem „Hallebadcap“-Rap die Zuschauer zum Mitsingen animiert. Konservativ angehauchten Deutschlehrerinnen dürfte der Text, wie vieles andere auch an diesem Abend, eher wenig Freude bereiten. Aber: „Hassan passe krass das.“

Bülent Ceylan darf das. Er lasse sich den Mund nicht verbieten. Auch nicht von Politikern wie Erdogan. Er halte es für wichtig, dass Zuwanderer die deutsche Sprache lernten. Und: "Ich bin gegen Rassismus." Der „Monnemer Bu“ hat seinen Weg gefunden. Und auf dem sammelt er seit nunmehr 21 Jahren Geschichten. Seine Masche ist der „Supertürk“, den er munter ausbaut und der unerschrocken und meist treffend auf deutsch-türkische Klischees setzt. Oft bricht er mittendrin ab. Seine Gags müssen nicht unbedingt auf eine Pointe hinauslaufen.

Tosender Jubel, als der 43-jährige die Bühne betritt. „Steht auf!“ Das Publikum erhebt sich. „Setzt Euch!“ Die Leute nehmen wieder Platz. Bülent Ceylan grinst: „Gell, das seid Ihr net gewohnt.“ Einen elfjährigen Buben in der zweiten Reihe nimmt er auf die Schippe, erklärt ihm dass er vor zwölf Jahren schon mal in Weiden gewesen sei, er sich ihm gegenüber aber nur als guter Onkel fühle. "Ist Dein Papa auch da?"

Im Reisegepäck hat der Komiker zwei schwarzgekleidete Security-Leute, die auf Stühlen beidseitig der Bühne hocken. Ihre Aufgabe: Wichtig sein und mit finsterer Miene das Publikum fixieren. Gerade so, als hätten die braven Weidener nichts anderes vor, als dem babbelnden Schwaben vor Begeisterung die Kleider vom Leib zu reißen. Bülent Ceylan findet die Situation selbst komisch und lästert über seine beiden "Muppet Show"-Komparsen: "Gell, die sehen aus wie Busfahrer."

Ceylan zieht Grimassen, macht sich über Botox-Gesichter lustig. "Alles getürkt", sagt er und warnt das weibliche Publikum: "Liebe Frauen, bleibt so wie ihr seid. Es ist schön, wenn man älter wird." Und dann noch ein bisschen Geschichtsunterricht. Königin Kleopatra sei die erste Influencerin gewesen. "Sie hatte viele Sklaven. Die nennt man heute Follower."

Aber auch Bülent Ceylan hat seine Follower im Saal fest im Griff. Als weit gereister schwäbelnder Türke kennt er natürlich nicht nur die Gegend um Mannheim, sondern auch andere Volksgruppen in Deutschland. Die Hannoveraner zum Beispiel mit ihrem Oxford-Deutsch, das in seinen Ohren sehr vornehm klinge. Aber auch die Bayern, die Aborigines Deutschlands, die allesamt schon "O'zapft" zur Welt gekommen seien.

Bei seinen zahlreichen Klogeschichten teilen sich die Geister. Manch einer findet sie eher geschmacklos, die Mehrzahl klatscht aber begeistert Beifall. Ceylan imitiert Helmut Kohl, Marcel Reich-Ranicki, Boris Becker und Papst Johannes Paul II. Als Sohn einer katholischen Mutter habe er als Kind daheim nur halbe Schweinefleischportionen bekommen.

Der Comedian mit dem Pferdeschwanz wird manchmal recht persönlich, wenn er etwa von seinen Anfängen auf der Bühne oder von seiner Familie erzählt. Dass er Deutsch-Türken genauso wie Deutsche, die sich wie Türken benehmen, aufs Korn nimmt, zieht sich wie ein roter Faden durch sein Programm. Und das gefällt den Leuten narrisch, die dem Künstler zum Abschied frenetisch Beifall zollen.

Thor mit dem Hammer sollte eigentlich mal Viktor heißen. Aber sein Vater hatte mit der Langform logopädische Differenzen. Bild: Kunz
Thor mit dem Hammer sollte eigentlich mal Viktor heißen. Aber sein Vater hatte mit der Langform logopädische Differenzen.
Egal ob von hinten oder von vorn: Bülent Ceylan macht mit seiner Frisur immer eine gute Figur. Bild: Kunz
Egal ob von hinten oder von vorn: Bülent Ceylan macht mit seiner Frisur immer eine gute Figur.
 
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