Lastwagensitze und Fahrräder, Porzellan und Straßenwalzen, Chips und Zoigl. Es gibt fast nichts, was von den Unternehmen in der Oberpfalz nicht hergestellt wird. Das lockt an. Menschen aus der ganzen Welt ziehen in die Oberpfalz - und finden eine neue Heimat. Hier erzählen sie davon. Heute mit Holm Haschker (52). Er stammt aus Luckenwalde südlich von Berlin und lebt seit 2018 in Weiden. Dort arbeitet er als Militärpfarrer.
ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?
Holm Haschker: Ich begegne den Oberpfälzern offen und freundlich und erfahre oft eine ähnliche Erwiderung.
ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?
Holm Haschker: Selbst nachts habe ich keine Angst in Weiden. Und auch zu dunklen Zeiten wird man gelegentlich freundlich zurück gegrüßt. Dass die Kultur noch gelebt wird, ist gut für die Bindung. Ich bin gern in der Oberpfalz. Manches hat noch Nachwirkungen von der ehemaligen Grenzsituation. Doch insgesamt ist eine gute Entwicklung zu sehen.
ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?
Holm Haschker: Die Heimatverbundenheit bleibt. Aber da ich schon oft umgezogen bin, denke ich, dass man Heimat nicht verliert, sondern gewinnt. Das bayrische Schulsystem ist allerdings problematisch, was die Form und Pädagogik der Vermittlung betrifft: Druck statt Freude am Lernen. Und wir haben es uns verkniffen, zum Elternabend zu gehen, wenn gerade mal fünf Minuten für ein Lehrergespräch zur Verfügung steht und das ganze noch nicht einmal zeitlich koordiniert ist. Bestimmte Formen waren vorher besser. Darunter leiden übrigens viele Zugereiste. Zehn Stunden Unterricht, dann noch Hausaufgaben und Lernen für Arbeiten, mindestens noch einmal drei Stunden, sind für 17 oder auch 13jährige eine Zumutung. Da bleibt nicht einmal am Wochenende Zeit, sich für mehrere Stunden auf den Weg zu machen, um die Umgebung zu erkunden. Aber die Kontakte in der evangelischen Gemeinde oder auch durch die Arbeit sind herzlich. Auch unsere Kinder haben relativ schnell Kontakt gefunden und verabreden sich.
ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?
Holm Haschker: Die ersten Besuche hatten mit meiner Einführung als Militärpfarrer zu tun. Der Kontakt mit den Soldaten ist besser als von außen oft betrachtet und vermutet. Ansonsten sahen die Besucher unseren neuen Wohnort, die Altstadt und die Umgebung wie Parkstein oder die Burganlagen.
ONETZ: Verstehen Sie Ihren Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihm nach Feierabend ein Bier trinken?
Holm Haschker: Wenn deutlich gesprochen wird, verstehe ich die Oberpfälzer. Der Dialekt hat auch was Schönes an sich. "Habe die Ehre", "Servus" und "Grüß Gott" haben auch ihren Stellenwert. Sicherlich, einer, der wie ich aus dem Osten kommt, denkt manchmal tiefer und hintergründiger. Da sind mir reine Spaßveranstaltungen mit "Brezen und Bier" etwas platt. Aber die Gemeinschaft ist ganz nett.
ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?
Holm Haschker: Als Oberpfälzer werde ich mich vielleicht nie fühlen, da ich zu wenig Geschichte erlebt und mitgetragen habe. Kann auch sein, dass meine Zeit hier nur einige Jahre dauert. Aber ich schäme mich nicht, wenn ich sage, dass wir in der Oberpfalz wohnen.
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