Weiden in der Oberpfalz
30.11.2018 - 14:57 Uhr

Entscheidung statt Widerspruch

Im Bundestag wird gerade über die Widerspruchslösung bei der Organspende diskutiert. Derweil begann am Klinikum Nordoberpfalz die Organspendenkampagne.

Referenten und Landtagsabgeordnete bei der Auftaktveranstaltung zur Organspendenaktion der Kliniken Nordoberpfalz vor (von links) FDP-Landtagsabgeordneter Christoph Skutella, AFD-Landtagsabgeordnete Stefan Löw und Roland Magerl, Xaver Bayer von der DSO, Transplantationsbeauftragte Götz Gerresheim vom Klinikum Neumarkt, Landtagsabgeordnete Anna Toman von den Grünen und Moderator und Transplantationsbeauftragter Andreas Faltlhauser von den Kliniken Nordoberpfalz. Bild: Bühner
Referenten und Landtagsabgeordnete bei der Auftaktveranstaltung zur Organspendenaktion der Kliniken Nordoberpfalz vor (von links) FDP-Landtagsabgeordneter Christoph Skutella, AFD-Landtagsabgeordnete Stefan Löw und Roland Magerl, Xaver Bayer von der DSO, Transplantationsbeauftragte Götz Gerresheim vom Klinikum Neumarkt, Landtagsabgeordnete Anna Toman von den Grünen und Moderator und Transplantationsbeauftragter Andreas Faltlhauser von den Kliniken Nordoberpfalz.

Bei der Auftaktveranstaltung der Organspendenkampagne 2018 der Kliniken Nordoberpfalz stand das Grundsatzreferat von Dr. Götz Gerresheim, dem Transplantationsbeauftragten am Klinikum Neumarkt, im Mittelpunkt. "Ich will bewusst provokant formulieren", sagte er zu Beginn seines Vortrags.

Einleitend stellte er fest: "Der Transplantationsskandal ist nur einer der Gründe für den Rückgang der Organspenden." Für den Intensivmediziner und Anästhesisten sind vor allem zwei andere Gründe ausschlaggebend. Es ist die Zunahme von Patientenverfügungen in Verbindung mit der Arbeitssituation in den Krankenhäusern. "Das Problem liegt auf der Ebene der Kliniken", laute seine Aussage.

Viel Arbeit bis zur Spende

In Patientenverfügungen werde häufig zunächst die maximale Therapie, bei "schlechter Prognose" ("infauste Prognose") jedoch die Therapieeinstellung festgeschrieben. Kommt der Arzt zu der Überzeugung, dass der Hirntod nicht zu verhindern ist, entstehe für ihn "ganz viel Arbeit", sollte es zu einer Organspende kommen. Der Hirntod sei sehr schwer zu diagnostizieren. "Der Arzt muss sich festlegen und das muss er aushalten", erläuterte der Mediziner.

Dann müsse er mit den Angehörigen sprechen, die sich in dieser Situation in einem Ausnahmezustand befinden. Schließlich gehe es darum "was will der Patient?". Um Angehörige zu beraten brauche der Arzt Empathie und vor allem Zeit. Doch die "klinische Arbeitsdichte wird immer größer" stellt Götz fest. "78 Prozent der kleineren Kliniken nehmen überhaupt nie Kontakt mit der Deutschen Stiftung für Organtransplantation, der Koordinierungsstelle für Organspenden auf". Deutlich niedriger liegt dieser Prozentsatz bei Universitätskliniken und Kliniken mit Neurochirurgie. "Doch 87 Prozent aller Kliniken in Deutschland haben keine Neurochirurgie". Zusammenfassend formulierte Götz "das Problem liegt nicht bei der Bevölkerung, sondern bei den Krankenhäusern". Und Götz bezweifelt deshalb, dass mit der Widerspruchslösung höhere Organspenderzahlen zu erreichen seien.

Strikte Regeln

Weitere Programmpunkte der Veranstaltung beleuchteten das komplexe Thema Organspende. Organisator und Moderator der Veranstaltung war der Transplantationsbeauftragte der Kliniken Nordoberpfalz und Leiter des Qualitätszirkels Organspende Andreas Faltlhauser. Xaver Bayer von der DSO erläuterte das deutsche System der Organtransplantation und verwies dabei auf die strikte Trennung von Organentnahme, Vermittlung und Transplantation. Organhandel sei in Deutschland strikt verboten. Ein Hirntod müsse von zwei Ärzten anhand von Hirnstrommessungen festgestellt werden und irreversibel sein. Die Organspenderzahlen seien in Deutschland von 1048 im Jahre 2012 auf 797 im Jahre 2017 zurückgegangen.

Als zweimaliger Organempfänger schilderte Franz Nowy seine persönliche Lebensgeschichte und sagte "ich bin den Spendern so dankbar, dass ich jeden Tag eine Kerze angezündet habe". Mehr Menschen sollten sich mit diesem Thema beschäftigen. Nowy hofft auch, dass "die Diskussion der Widerspruchlösung hoffentlich eine Entscheidung, das sich endlich mal was ändert".

Auch drei Landtagsabgeordnete gaben persönliche Stellungnahmen zum Thema Organspende ab. Alle drei erklärten, einen Spenderausweis mit sich zu tragen. Roland Magerl von der AfD plädierte für das Österreichische Modell mit der Widerspruchslösung. Allerdings sollten die Angehörigen mitentscheiden dürfen. Christoph Skutella sieht in der Widerspruchslösung einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Der FDP-Landtagsabgeordnete verweist aber auch auf einen Antrag seines Bezirks beim Landesparteitag, nach dem eine verpflichtende Entscheidung zur Organspende bei der Beantragung des Personalausweises vorgeschrieben werde. Diesem Vorschlag schloss sich auch Landtagsabgeordnete Anna Toman von den Grünen an.

Ein Organspende-Imagespot der Kliniken Nordoberpfalz AG (siehe oben) ist zum Aktionsstart nun auf Facebook und Youtube zu finden. Hierin wird dazu aufgerufen: "Entscheide dich. Dafür oder dagegen. Aber dokumentiere deine Entscheidung im Organspenderausweis."

Moderierte und organisierte: Transplantationsbeauftragter Andreas Faltlhauser Bild: Bühner
Moderierte und organisierte: Transplantationsbeauftragter Andreas Faltlhauser
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.