Weiden in der Oberpfalz
02.05.2022 - 09:53 Uhr

Erstes Repair-Café in Weiden: Ressourcen schonen bei maximalem Lustgewinn

Jo Pirzer schaut auf den klobigen Weltempfänger auf dem Fensterbrett. Der soll als nächstes an die Reihe kommen. „Der g´fallt ma, da hab´ ich schon ganz kribblige Finger“, sagt der Bastler. Ein Besuch im ersten Repair-Café in Weiden.

Jo Pirzer (im gelben Pullover), einer der Initiatoren des ersten Weidener Repair-Cafés, war den ganzen Nachmittag ausgebucht. Das Basteln an defekten Kassettenrekordern oder Weltempfängern ist für Leute wie ihn keine Last, sondern reinste Lust. Bild: Eichl
Jo Pirzer (im gelben Pullover), einer der Initiatoren des ersten Weidener Repair-Cafés, war den ganzen Nachmittag ausgebucht. Das Basteln an defekten Kassettenrekordern oder Weltempfängern ist für Leute wie ihn keine Last, sondern reinste Lust.

Ein Schildkröten-Brutapparat war nicht dabei, einen solchen hatte Jo Pirzer einmal in Amberg als Patienten. Und während man noch nachfragt, ob man das richtig verstanden habe mit dem Brutapparat, plärrt es am Nebentisch blechern aus einem alten Radio: Die Besitzerin strahlt, der Bastler nicht minder.

So ähnlich läuft es den ganzen Nachmittag beim ersten Repair-Café der Weidener Funkamateure. Sobald ein altes Radio wieder läuft, ein defekter Föhn wieder bläst, zufriedene Gesichter auf beiden Seiten des Tisches. Der Reparateur hat sein Erfolgserlebnis, der Besitzer des Gerätes bekommt im besten Fall einen treuen Gefährten zurück oder muss zumindest nichts Neues kaufen.

Repair-Café stark nachgefragt

Freilich gelingt an diesem Nachmittag nicht jede Reparatur. Es gibt auch hoffnungslose Fälle. Und bisweilen müssen Ersatzteile nachgekauft werden, die dann bei einem der nächsten Repair-Cafés eingebaut werden. Denn dass dieses erste Repair-Café nur der Auftakt ist für regelmäßige Veranstaltungen dieser Art, darin sind sich die Organisatoren einig. Nach dem großen Zuspruch erst recht, wie Heribert Spießl gegenüber Oberpfalz-Medien sagt. Angemeldet für das erste Repair-Café waren 60 Geräte, nur um 20 konnten sich die Bastler an diesem Tag kümmern, die übrigen sind für die nächsten Veranstaltungen vorgemerkt.

Spießl ist Vorsitzender der Weidener Amateurfunker, er hat zusammen mit Pirzer viel Arbeit in die Vorbereitung der gänzlich unkommerziellen Veranstaltung investiert. Die Bastler gehen einem Hobby nach, aber es geht um viel mehr: Es geht darum, Ressourcen zu schonen, indem vermieden wird, Geräte wegen Kleinigkeiten zu entsorgen. Aber woher weiß man, wie man einen alten Weltempfänger wieder zum Laufen bringt, wenn man kein gelernter Radiotechniker ist? Spießl verweist auf seinen eigenen Werdegang. In der Landwirtschaft aufgewachsen hat er gesehen, wie der Vater, ein Maschinenschlosser, alles selbst repariert. „Man wächst da rein“, sagt er. Und das Wichtigste sei ohnehin Mut. Jener Mut, etwas zu zerlegen und dann wieder zusammenzubauen.

Antenne gerettet

Zurück in den Nebenraum des Schützenheims: „Was der eine nicht weiß, weiß der andere“, sagt Pirzer, neben Spießl Organisator der Veranstaltung. Und wofür der eine nicht das richtige Werkzeug dabei habe, das habe der andere eingepackt. Pirzer sitzt vor einem alten Radio mit CD-Spieler. Die Antenne hält nicht mehr. Er hätte beinahe passen und den Besitzer auf den nächsten Termin vertrösten müssen, aber neben ihm bastelt ein gelernter Schlosser, der mit dem notwendigen Werkzeug aushelfen kann. „Genau das ist es, was die Sache so toll macht“, schwärmt Pirzer.

Pirzer hat ein Bier neben sich stehen. Es heißt nicht umsonst Repair-Café. Die lockere Atmosphäre ist Programm. Hier werkeln keine gut bezahlten Handwerker, die sich auf den Feierabend freuen, hier freuen sich leidenschaftliche Bastler auf möglichst spannende Objekte. Das ehrenamtliche Engagement derer, die sich hier den Nachmittag um die Ohren schlagen, ist keine Last, wie Pirzer betont. „Im Gegenteil.“

Info:

Die Weidener Funkamateure

  • Seit fünf Jahren erfolglos auf der Suche nach einem eigenen Vereinsheim in der Stadt.
  • Künftiger Standort: Luhe-Wildenau (ehem. Netto)
  • Kauf von zwei Industriecontainern zum Aufbau des Equipments des Vereins; dort Teile der künftigen Repair-Cafés
  • In Luhe-Wildenau geplant: Angebote für Kinder und Jugendliche; Möglichkeiten zum Zerlegen und Zusammenbauen
 
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