Florian Ostertag ist dieser Typ mit der mechanischen Schreibmaschine, mit einer Technik die heute kein Mensch mehr braucht. Allenfalls mit dem Klappern lässt sich noch gut Musik machen. Schon Pink Floyd haben das Klingeln beim Zurückschieben des Wagens in ihre Mega-Nummer "Money" eingebaut. Ostertag gilt also nicht als Erfinder der Schreibmaschinenmusik. Er nutzt den Typenanschlag vielmehr für seine Loops, wie am Donnerstagabend beim "Klein & Kunst"-Konzert im ehemaligen Ringkino.
So wie die Schreibmaschine vernichtete die technische Entwicklung auch das Tonbandgerät. Früher ein Muss für jeden Musikfreak, ist es heute allenfalls noch Staubfänger im Keller. Auch das Tonband unterstützte den Singer/Songwriter, der einmal zur Band von Lena Meyer-Landrut gehörte, beim Abspielen einiger seiner Stücke im Kinofoyer. Tatsächlich hatte Ostertag neben seinem Schreib- und Bandgerät außer den erwähnten Oldtimern nämlich nur zwei seiner Gitarren und eine Mandoline dabei. Er könnte aber auch Klavier, Akkordeon und Harmonium spielen.
Mit seinen Schreibmaschinen- und Tonbandloops erzeugte er zusammengestöpselte Töne, die sich nahtlos aneinanderfügten und die sich im Hintergrund als Endlosschleife zu den Gitarrenakkorden abspielen ließen, ohne dass es dabei zu Unterbrechungen kam. Dazu sang der 44-jährige melancholische und rhythmische Songs wie "John Wayne", "All about me" oder "I don't know what I say".
Mit Mitte 40 könne man noch etwas erreichen, erklärte der ausgebildete Ton- und studierte Elektrotechniker seinen Zuhörern, die aufgereiht auf den Stufen zum ehemaligen Kinosaal hoch saßen. Mit Mitte 20 fühle man sich noch unbesiegbar. Doch wer es mit Mitte 50 nicht geschafft habe, der solle aufgeben. Allen Motivationstrainern zum Trotz habe er den Song "Give up" geschrieben. Der Song war die Aufforderung an alle, endlich das Handtuch zu werfen. Weil Ostertags Credo zufolge derjenige glücklicher lebe, der nichts mehr von dieser Welt erwarte.
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