Weiden in der Oberpfalz
03.12.2018 - 15:18 Uhr

Grippeschutz: Impfstoff in der Oberpfalz wird knapp

Kassenärzte und Apotheker bestätigen: Die Lager sind leer, es gibt praktisch keinen Impfstoff gegen die Grippe mehr. Einige Praxen haben aber noch Vorräte.

Grippeimpfung lohnt sich nach wie vor – vorausgesetzt, der Arzt hat noch Impfstoff. Bild: uax
Grippeimpfung lohnt sich nach wie vor – vorausgesetzt, der Arzt hat noch Impfstoff.

1,2 Millionen Dosen standen bayernweit zur Verfügung, alle sind sie ausgeliefert, erklärt Marie-Luise Vogel. Die Neumarkter Ärztin ist Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung für die Oberpfalz. In diesem Winter werde sicher auch kein Impfstoff mehr nachproduziert, ergänzt Martin Wolf. Der Vohenstraußer sitzt im Bezirksvorstand des Apothekerverbands.

Die Produktion dauert Monate. "Würden die Pharmaunternehmen heute mit der Produktion beginnen, gäbe es den Impfstoff wohl erst im Frühling", erklärt Wolf. Das bedeutet aber nicht, dass keine Impfungen mehr möglich sind. Vogel berichtet von einem Treffen der "Landesgruppe Impfen" vergangenen Mittwoch. "Ich war überrascht, wie viele Ärzte angegeben haben, dass sie noch über Impfstoff verfügen." Auch Wolf hat mitbekommen, dass nicht alle Praxen gleich viel Impfstoff gehortet haben. Vogel und Wolf raten deshalb, auch andere Ärzte zu kontaktieren, wenn der Hausarzt nicht mehr impfen kann. Dann sei die Chance sehr gut, gegen die Grippe vorzusorgen. Bei Dr. Ella Reichert in Weiden reicht der Vorrat noch bis Mitte Dezember, sagt ihre Arzthelferin Kerstin Zetzl. "Danach ist es aber vorbei."

Da im Januar die nächste größere Infektionswelle erwartet werde, sei es auf jeden Fall sinnvoll, sich mit dem Thema Impfung jetzt noch zu beschäftigen. Das sieht auch Johanna Hauer von der Anker-Apotheke Weiden so. In Sachen Impfstoff sei sie aber seit Wochen "komplett leer", obwohl sie sofort auf andere Hersteller ausgewichen sei, sobald einer nicht mehr liefern konnte.

Mehr Stoff produziert

Bei den Gründen sind sich Ärzte und Apotheker einig: Es liegt an der Nachfrage. "Es ist in diesem Jahr sogar mehr Stoff produziert worden als 2017", sagt Wolf. Die gestiegene Nachfrage liege eventuell an der heftigen Grippewelle des Vorjahrs, mutmaßt Vogel: "Viele Nicht-Geimpfte hat es damals heftig erwischt", erinnert sich die Ärztin. Das habe Eindruck gemacht und gezeigt, wie wichtig eine Impfung sein könne.

Gesundheitsamtschef Dr. Thomas Holtmeier kann davon ein Lied singen. In der vergangenen Influenza-Saison hat seine Behörde 2059 Fälle registriert. "Da waren einzelnen Wochen mit 400 Meldungen dabei."

Wolf verweist zudem auf neuen Impfstoff. Bisher zahlten Kassen nur Stoff, der gegen drei Grippe-Stämme immunisiert. In diesem Jahr übernehmen sie auch die Kosten für den Vierfach-Stoff. "Tatsächlich kommen deshalb mehr Patienten", sagt Vogel.

Tauschen erlaubt

Die Medizinerin ist trotz des Engpasses zuversichtlich, dass sich die Situation entspannt. Ein Pharmaunternehmen bemühe sich aktuell darum, Impfstoff aus dem Ausland zurückzuholen. Normalerweise sei das rechtlich problematisch, aber das bayerische und das Bundesgesundheitsministerium haben laut Vogel bereits signalisiert, wegen des Engpasses kulanter zu sein. Am Donnerstag meldete der Apothekerverband bereits, dass 20 000 zusätzliche Dosen aus Frankreich nach Deutschland zurückgebracht werden.

Die Kassenärzte haben überdies damit begonnen, eine Art interne Tauschbörse aufzubauen, um den Impfstoff untereinander besser zu verteilen. Dies ist normalerweise verboten, wegen des Engpasses gibt es aber die Erlaubnis aus den zuständigen Ministerien.

Kommentar:

Vorbildlich vorbeugend

Sich als Laie zu einem medizinischen Thema zu äußern, ist heikel. Schnell landet man bei der gefühlten statt der tatsächlichen Wahrheit. Doch beim Thema Grippe kann jeder aus eigener Erfahrung mitreden.
Wer zu Jahresanfang erlebt hat, wie Kollegen wochenlang ausfielen, die nicht gerade als Mimosen gelten, denkt selber mal über eine Grippeschutzimpfung nach. Auch wenn die keine Garantie dafür gibt, dass man komplett fieberfrei durch den Winter kommt, ist die Entscheidung vernünftig. Dass in vielen Praxen bereits kein Impfstoff mehr vorrätig ist, spricht also auch für verantwortungsbewusste Patienten.
Wer wegen der Knappheit aber jetzt „Skandal“ ruft, ist einfach spät dran. Er sollte sich vornehmen, nächstes Jahr bereits im Frühherbst mit seinem Arzt zu sprechen. Und wen die Influenza erwischt, dem sei lieber einen Tag länger Betthüten empfohlen. Das sagt wieder die persönliche Erfahrung. Wer miterlebt hat, wie ein Kollege wegen einer verschleppten Grippe in der Arbeitsunfähigkeit landet, nimmt den nächsten Schüttelfrost nicht mehr nur als lästige Alltagsunterbrechung wahr.

Friedrich Peterhans

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.