„Manche einsame Menschen sagen oder versuchen sich einzureden, ein Weihnachtsfeiertag sei ein Tag wie jeder andere. Doch spätestens, wenn sie das Radio anmachen, merken sie, das ist er nicht“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin. Elisabeth Hirn hat in der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas Kontakt zu Menschen, die vor vielfältigen Herausforderungen stehen: Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft in Problemsituationen, Sucht, Wohnungssuche aus einer Notlage heraus, Straffälligkeit, Beziehungsprobleme, soziale Isolation. Ihre Beratung ist offen für jedermann.
Hirn ist auch Teil des Organisationsteams der Weihnacht für Alleinstehende, die jedes Jahr an Heiligabend im Klinikum Weiden stattfindet. Bei den Telefonaten zu den Anmeldungen merkt sie häufig, dass es nicht nur um die Aufnahme der Anmeldedaten geht. „Viele wollen einfach nur reden, und ich nehme mir die Zeit, ihnen zuzuhören.“ Einsamkeit sei ein Faktor, durch den vorhandene Probleme noch schlimmer würden, weil niemand unterstützend da ist.
"Lotsenstelle" für Rat Suchende
Es sei natürlich ein Unterschied, ob jemand alleine oder einsam ist. „Alleinlebende bewältigen ihr Leben meistens ganz gut.“ Einsamkeit entstehe häufig aus anderen Problemen heraus. Und sie betrifft nach Aussage der Sozialpädagogin alle Altersgruppen und soziale Schichten. Hirn berichtet zum Beispiel von einem jungen Mann, der mit seiner Mutter zusammengelebt hat, die kürzlich verstorben ist. Er benötige nun Hilfe im Alltag und leide unter Einsamkeit. Dass alleinstehende junge Männer in ihre Beratung kommen, ist keine Seltenheit. Ebenso hat sie häufig mit älteren Frauen zu tun, deren Männer verstorben sind. Sie bezeichnet sich als „Lotsenstelle“, die Rat Suchende bei Bedarf an die Fachberatungsstellen weiterleitet (siehe Kasten).
Sie könne Betroffene an die Hand nehmen, doch die Verantwortung liege bei ihnen selbst, betont sie. Es gebe wohl eine große Dunkelziffer von Menschen, die versuchen, ihre Einsamkeit zu verbergen. „Manche leiden lange darunter, wollen oder können aber keine Angebote annehmen“, so Hirn. Manch einer wolle Weihnachten alleine sein. Andere betäubten die Einsamkeit mit Alkohol oder Drogen.
Schwierig sei es auch für getrennt und allein Lebende, deren Kinder die Feiertage beim Ex-Partner verbringen. „Das ist für viele sehr, sehr schmerzhaft, weil sie an Weihnachten mit dem eigenen gescheiterten Familienkonzept konfrontiert werden.“
"Man kann auch gemeinsam einsam sein"
Die Sozialpädagogin weiß: „Man kann gemeinsam einsam sein.“ Manche Menschen seien extrem einsam, obwohl sie Teil eines Familienverbundes sind. „Zum Beispiel, weil stille Erwartungen nicht erfüllt werden oder man sich bewusst wird, dass das Leben voller Risse ist.“ Bis sie von solchen Fällen erfahre, sei schon viel Leid passiert. Allerdings trete durch die Haltung „Ich will etwas verändern“ bereits eine Veränderung ein. „Das kann schrecklich sein, weil Türen zugehen. Bis man das akzeptieren kann, kostet es viel Zeit und Kraft. Aber es bieten sich neue Chancen und Türen, die aufgehen.“
Ein Drittel der Beratungsfälle, mit denen sie zu tun hat, seien durch Hilfe von Verwandten oder nahe stehenden Personen entstanden, so Hirn. Häufig gingen diese bei der ersten Beratung mit. Ein Patentrezept, wie man einsame Menschen an den Feiertagen unterstützen kann, gebe es aber nicht. „Man sollte ganz vorsichtig sein, weil es eine hochemotionale Sache ist.“ Hirn rät, die Wünsche und Eigenständigkeit der Menschen zu berücksichtigen, auch wenn sie ablehnend auf Hilfsangebote reagieren.
„Es gibt Leute, die haben krankhaft das Gefühl, helfen zu wollen und das nur auf ihre Art.“ Das sei nicht hilfreich. „Es ist wichtig, das Gespräch zu suchen. Aber man sollte sich wappnen, dass der andere das nicht will. Man sollte zuhören, anstatt jemanden zwangsweise beglücken zu wollen. Es kann wem ganz schlechtgehen, und wir werden es nicht ändern können.“ Bei Suizidgefahr gelte es allerdings, den Rettungsdienst zu verständigen.
„Niemand muss Weihnachten alleine sein“, sagt die Sozialpädagogin. Angebote wie die Weihnacht für Alleinstehende sind offen auch für Einsame. Wer feststelle, dass Weihnachten alleine ihm nicht gut tut, der könne das Fest im Folgejahr gemeinsam mit anderen Alleinstehenden verbringen.
Veranstaltungstipps
Auswahl der Veranstaltungen, bei denen (auch) einsame Menschen und Alleinstehende willkommen sind:
- Weihnacht für Alleinstehende: Jedes Jahr an Heiligabend in der Personal-Caféteria des Klinikums Weiden unter Leitung der Diakonie und des Kreis-Caritasverbands Weiden. Weihnachtsessen und -evangelium, Besuch des Oberbürgermeisters. Für dieses Jahr ist die Anmeldefrist abgelaufen.
- Obdachlosenweihnacht: Veranstaltung des Initiative e.V. an Heiligabend in der Notunterkunft Schustermooslohe. Andacht im Freien ab 16.30 Uhr, Besuch der Bewohner, Geschenke mit Kuchen. Anmeldung nicht erforderlich. Am zweiten Weihnachtsfeiertag auf persönliche Einladung Essen im Gemeinschaftshaus für die Bewohner von Notunterkunft und Frauenwohnung.
- Johannisthaler Weihnachten: Seminar vom 23. bis 26. Dezember in Windischeschenbach mit Singen, Gestalten, Gottesdiensten und Gesprächen. Kosten: 61 Euro pro Tag inklusive Übernachtung und Vollpension. Anmeldung unter www.haus-johannisthal.de.
Beratung und Hilfe
Bei Problemen helfen beispielsweise folgende Anlaufstellen:
- Allgemeine Sozialberatung, Kreis-Caritasverband. Telefon 0961/ 38914-0.
- Beratungsstelle der Diakonie Weiden. Telefon 0961/38931-0.
- Sozialpsychiatrischer Dienst. Telefon 0961/38905-0.
- Telefonseelsorge Nordoberpfalz: 0800/111-0-111 oder 0800/111-0- 222.
- Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme. Telefon 0961/38914-33.
- Fachstelle Ehe und Familie im Bistum Regensburg. Telefon 0941/5972209.
- Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern. Telefon 0961/3917400.
- Tagesstätte „Oase“ für psychisch kranke Menschen: 09 61/4161352.
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