Weiden in der Oberpfalz
28.05.2019 - 16:14 Uhr

"History-Award": Weidener Schüler kämpfen um Platz 1

Die Abstimmung läuft: Noch bis 2. Juni kann für den Filmbeitrag von zwölf Schülern der FOS/BOS gestimmt werden. Die Weidener Abiturienten wetteifern im "History-Award" mit 18 anderen Gruppen aus Deutschland und Österreich um den Sieg.

Bei den Dreharbeiten zu "Mit uns fei niad!": Englisch- und Geschichte-Lehrer Andreas Straub mit Seminarteilnehmer Tsogt Nandin-Erdene. Bild: Gabi Schönberger
Bei den Dreharbeiten zu "Mit uns fei niad!": Englisch- und Geschichte-Lehrer Andreas Straub mit Seminarteilnehmer Tsogt Nandin-Erdene.

"Mit uns fei niad!" Das ist der Titel eines knapp siebenminütigen Films, mit dem sich zwölf Schüler der Gustav-von-Schlör-Schule am internationalen Video-Wettbewerb des TV-Senders "History" beteiligen. In Anlehnung an das Zitat Neil Armstrongs wetteifern unter dem Motto "Ein kleiner Schritt für Dich, ein riesiger Sprung für die Menschheit" insgesamt 19 Schülergruppen aus Deutschland und Österreich um den ersten Platz.

Filmthema Wackersdorf

Gesucht werden laut Sender "Geschichten und Aktionen, die im Kleinen etwas bewirken und die Welt zu einem besseren Ort machen". Gemeinsam mit ihrem betreuenden Lehrer, Andreas Straub, übertragen die Weidener Abiturienten dies auf die Region und fanden in den Protesten um die atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf bei Schwandorf ein zu den Vorgaben des "History-Awards" passendes Filmthema: Die Oberpfälzer begehrten in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre so massiv gegen die geplante Anlage auf, dass diese tatsächlich verhindert werden konnte. Proteste, die im Kleinen entstanden, erhielten plötzlich landesweit Beachtung und brachten das von CSU-Ministerpräsident Franz-Josef Strauß favorisierte Projekt zu Fall.

Die Jugendlichen von der FOS/BOS verbinden die Teilnahme am Wettbewerb mit einem Schulseminar zum Thema "Fake News in der Geschichte". Ihr Video untersucht deshalb gezielt "die Rolle der Presse in der Lokalgeschichte". Dabei werfen sie auch einen kritischen Blick auf die Berichterstattung des Neuen Tags während den Bürgerprotesten zwischen 1985 und 1989. Konnten ortsansässige Journalisten noch objektiv und unabhängig berichten, wenn sie selbst betroffen waren und die geplante Atomanlage ablehnten? War - so das Fazit der Schüler - die Lokalpresse damals tatsächlich "Helfer und Gegner in einem" für die demonstrierende Bevölkerung?

Der damalige Leiter der NT-Redaktion Schwandorf, Wolfgang Houschka, hat dazu eine dezidierte Meinung: "Was kann uns denn Besseres passieren, als wenn gesagt wird, dass wir ‚Helfer und Gegner‘ in einem waren? Das Thema hat uns damals über Jahre beschäftigt, und wir haben unseren Auftrag erfüllt: Nämlich, berichten über das, was kommt."

Die Objektivität habe darunter nicht gelitten, sagt Houschka, der inzwischen im Ruhestand ist aber noch als Gerichtsreporter für Amberg und Schwandorf für Oberpfalz Medien arbeitet. Dass die Berichterstattung eine zunehmend ablehnende Haltung zur WAA annahm, habe nichts mit fehlender Professionalität oder Unabhängigkeit zu tun: "Hätten wir uns gegen die überwiegende Meinung der Oberpfälzer stellen können?" Auch sei versucht worden, "uns zu manipulieren, aber wir hatten das Kreuz, das abzulehnen. Wir haben nicht mit der Wirtschaft paktiert", berichtet der ehemalige Chefreporter retrospektiv.

Laut seinem damaligen Stellvertreter Erich Lobenhofer hätten die Betreiber der WAA eine "schlechte Öffentlichkeitsarbeit" gemacht und die Oberpfälzer als rückständig dargestellt: "Deren Einstellung war, wir müssen den Leuten erst mal sagen, wie ein Trecker funktioniert, und dann können wir ihnen die Atomkraft erklären."

Lob für den "Neuen Tag"

Diese Einschätzungen decken sich auch mit Andreas Straub. Der Lehrer für Englisch und Geschichte sagt über das Filmprojekt seiner Schüler, dass vor allem der Frage nachgegangen wird, ob im Falle der WAA-Proteste "die Presse eher auf der Seite der Geldgeber oder der Öffentlichkeit stand". Sein Fazit: "Der neue Tag" habe "ausgewogen berichtet und war näher an den Menschen als an Industrie und Politik". Kritik übt Straub jedoch auch: "Aus normalen Demonstranten sind oft gleich Revoluzzer und Gewalttätige gemacht worden. Das wird herausgehoben, weil es eben spannend ist. Über die friedliche Besprechung, wenn die Demonstranten zum Tee zusammensitzen, schreibt niemand, weil das nicht interessant ist."

Der Kurzfilm ist im Internet frei verfügbar. Dort kann bis zum 2. Juni auch noch für die Weidener Schüler abgestimmt werden. Ermittelt wird der Sieger durch das Online-Voting sowie durch die Stimmen einer Fachjury. Die Expertenrunde besteht unter anderem aus Wigald Boning (Moderator und Hobbyhistoriker), Helmut Markwort (Journalist), Wolfgang Heckl (Direktor Deutsches Museum München) und Maya Reichert (Filmemacherin). Hintergründiges Ziel des immer zweijährig ausgerichteten Awards ist, jungen Menschen die Möglichkeiten der Wissensvermittlung über das Medium Film näherzubringen.

Auch, wenn der Ausgang von Online-Voting und Jury-Urteil abhängt, die Schüler der Gustav-von-Schlör-Schule haben bei der Preisverleihung mit Nina Eichinger in München gute Chancen auf einen Podestplatz. Denn Straub nimmt als Betreuer bereits zum vierten Mal an dem Award teil und belegte dabei meistens führende Plätze: "Unser Film ist schnell geschnitten und hat einen gewissen ‚Drive‘. Ich kann es schwer einschätzen, hoffe aber wieder auf eine Platzierung im oberen Drittel."

Der Neue Tag war näher an den Menschen als an Industrie und Politik

Lehrer Andreas Straub (45) über die Berichterstattung während der Bürgerproteste zur WAA Wackersdorf

 
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