"Chapeaux & Mode" hieß das Geschäft, das die Urgroßmutter von Renate Weidacher-Herzig in der Pfannenstielgasse eröffnete. 130 Jahre sind seitdem vergangen und das Unternehmen ist immer noch in Familienbesitz. "Und in Frauenhand", fügt die jetzige Chefin hinzu. Am Samstag feiert Weidacher Hut + Mode das Jubiläum mit einer Modenschau in den Geschäftsräumen am Oberen Markt.
Vieles hat sich im Laufe der Jahre geändert. "Die Mode ist nicht mehr so hochmadamig wie einst und auch weniger offiziell", blickt Weidacher zurück. "Mittlerweile sind auch Jeans und Blazer businesstauglich." Während sich die Frauen in der Gründerzeit noch in ein Korsett pressen mussten, stehen nun ganz andere Kriterien im Fokus. "Jung, sportlich und hochwertig", beschreibt Weidacher-Herzig die Anforderungen an die heutige Mode. Deshalb sei es wichtig, dem Zeitgeist zu folgen.
Diesen hatte die Urgroßmutter Margarete Diesel schon erkannt und ihr Wissen und das Gespür für Mode an die Tochter Maria weitergegeben, die nach dem Tod der Mutter das Geschäft 1935 in der Sedanstraße weiter führte. 1954 gab's einen erneuten Umzug in die heutigen Räume am Oberen Markt. Auch Schwiegertochter und Modistenmeisterin Maria arbeitete mit und übernahm 1969 mit Erfolg den Betrieb.
Fünfte Generation
Renate Weidacher-Herzig begann 1979 ihre Ausbildung zur Modistin in Münchens renommiertestem Hutatelier Häusler. 1985 absolvierte sie die Meisterprüfung als Jahrgangsbeste. Das Geschäft leitet sie seit 1992. Inzwischen zeichnet sich ab, dass es eine fünfte Generation im Familienbetrieb geben wird. Tochter Eva hat den Handelfachwirt abgeschlossen und studiert noch Marketing und Business an der OTH.
Das Hauptgeschäft besteht heute nicht mehr aus dem Entwerfen und Fertigen von Hüten, sondern dem Verkauf von Damenoberbekleidung. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass sich Kunden ganz individuelle Hüte machen lassen. Renate Weidacher-Herzig arbeitet zurzeit an zwei Strohhüten für eine Kundin aus Florida.
In den Regalen im Atelier stapeln sich die verschiedenen Formen für die verschieden Größen. "Zwei oder drei davon stammen sogar noch von meiner Urgroßmutter und einiges von der Oma", erklärt die Chefin. Daneben liegen die Stumpen, die dann mit Hitze, Feuchtigkeit und Druck bearbeitet werden.
Das Rohmaterial kann aus Stroh, Filz, Stoff oder Cord bestehen. "Pelz spielt keine Rolle mehr", sagt Weidacher-Herzig. Während bei Herrenhüten mehr gepresst wird, werden Damenhüte viel mit der Hand geformt. Dann werden die Hüte noch geschmückt. "Mit einem Band oder mit Federn, je nach dem, was die Kundin haben möchte. Eine gute Modistin schafft zwei bis drei Hüte am Tag." Noch studiert Tochter Eva, doch bereits jetzt kümmert sie sich um den jungen Part im Geschäft, in dem sie den Instagram-Account pflegt und Flyer entwirft. Dass auch ganz junge Mädchen im Modehaus Weidacher fündig werden, ist ebenfalls Eva zu verdanken.
Kleid für Abschlussball
Als sie vor zehn Jahren für ihren Tanzkurs-Abschlussball ein Kleid gesucht, aber keines gefunden hatte, beschloss Mutter Renate eines zu bestellen. Und zwar bei einer Firma, bei der Weidacher schon Kunde war. Die Tochter war begeistert, ihre Freundinnen auch. "So hat sich das nach und nach herum gesprochen", blickt Renate Weidacher-Herzig zurück. Ihre Entscheidung das Familienunternehmen weiterzuführen, hat sie nie bereut. "Auch wenn ich als Kind nie Modistin werden wollte, weil's in einem Atelier immer so unaufgeräumt ist", schmunzelt sie.
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