Weiden in der Oberpfalz
02.03.2020 - 11:17 Uhr

Interview mit Buback-Sohn: RAF-Zeit taucht wieder auf

Michael Buback, Sohn des 1977 von RAF-Terroristen ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, wird am Montag, 16. März, zum Vortrag nach Weiden kommen. Vorher sprach er im Interview über Aufklärungsdefizite und eigene Recherchen.

Professor Michael Buback kommt zusammen mit seiner Frau Elisabeth, Co-Autorin des gemeinsamen Buches "Der General muss weg", nach Weiden. Bild: Michael Buback
Professor Michael Buback kommt zusammen mit seiner Frau Elisabeth, Co-Autorin des gemeinsamen Buches "Der General muss weg", nach Weiden.

In der Öffentlichkeit ist Professor Buback aus zahlreichen Dokumentarfilmen, Fernsehdiskussionen und YouTube-Gesprächen bekannt. „Der zweite Tod meines Vaters“ lautet das Thema des Vortrags im Martin Schalling-Haus in der Veranstaltungsreihe des Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing.

Der Vortrag greift noch einmal die historischen Geschehnisse des RAF-Terrorismus auf, die das ganze Land über viele Jahre erschüttert haben. Ganz besonders geht es aber dabei um viele Widersprüche und Ungereimtheiten bei der polizeilichen und juristischen Aufarbeitung der Verbrechen. Diese Aufarbeitung reichte bis in die jüngste Vergangenheit hinein.

30 Jahre lang war der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts davon ausgegangen, dass mit der Verurteilung von drei Tätern der Rechtsstaat seine Pflicht erfüllt habe. Doch durch einen Anruf eines RAF-Terroristen im Jahr 2007 hatte der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts erfahren, dass zwei der für die Ermordung seines Vaters verurteilte Täter überhaupt nicht am Tatort waren. Für den Chemieprofessor Michael Buback begann eine Zeit der jahrelanger Recherchen über die Umstände der Ermordung seines Vaters.

Was er herausfand, trägt er am Abend vor. Es ist auch in seinem Buch „Der zweite Tod meines Vaters“ nachzulesen. Die in den Recherchen aufgedeckten Erkenntnisse führten im Jahre 2012 zu einem Prozess gegen das RAF-Mitglied Verena Becker. Die Angeklagte, von der Buback sagt, dass sie geheime Informantin des Verfassungsschutzes war, wurde in diesem Prozess lediglich wegen „Beihilfe“ verurteilt. Buback war in diesem Prozess Nebenkläger. Er wird im Vortrag seine kritische Sicht über Ergebnis und Verlauf des Prozesses vortragen. Zusammen mit seiner Frau verfasste er auch darüber das Buch „Der General muss weg“. Vor dem Vortrag sprach Oberpfalz-Medien mit Professor Buback.

ONETZ: Welchen Einfluss hatte die Ermordung Ihres Vaters auf Ihr Leben?

Michael Buback: Die Ermordung bedeutete natürlich einen massiven Einschnitt, der aber für meine Frau und mich durch unsere Berufe, den Umzug nach Göttingen und die Geburt der Kinder gemildert wurde. Viel gravierender war das Verbrechen für meine Mutter, die nach dem Mord 35 Jahre ohne ihren Mann gelebt hat.

ONETZ: Welche Bedeutung hat diese Tat für Sie noch heute?

Michael Buback: Nach den Erkenntnissen aus den Jahren nach 2007 und dem Prozess gegen Verena Becker wissen wir, dass die wirklichen Täter nicht für die Morde verurteilt wurden und dass eine von der Bundesanwaltschaft als Mittäterin angeklagte Frau geheime Informantin des Verfassungsschutzes war. Es ist sehr schwer, diese kaum fassbaren Fakten hinzunehmen.

ONETZ: In Ihrem neuesten Buch „Der General muss weg“ schildern Sie die Geschehnisse im Prozess gegen Verena Becker und die dabei zu Tage getretenen Aufklärungsdefizite. Haben Sie noch Hoffnung, dass die ganze Wahrheit eines Tages bekannt wird?

Michael Buback: Erst im Verlauf des Prozesses haben wir dessen Absurdität erkannt. Eine zweifellos von staatlicher Seite mit Schutzzusagen ausgestattete Informantin des Geheimdienstes wurde von einer anderen staatlichen Stelle, der Bundesanwaltschaft, als Mörderin angeklagt. Diese Konstellation bietet keine günstigen Perspektiven für eine Verbrechensaufklärung. Wir haben keine Hoffnung mehr, dass die Wahrheit über Tat und Täter vor einem deutschen Gericht bekannt wird, obwohl der Sachverhalt eigentlich recht klar ist.

ONETZ: Welche Schlussfolgerungen sollten Ihrer Meinung nach aus den von Ihnen dargestellten Vorgängen in Bezug auf die Ermittlungsarbeit staatlicher Stellen und insbesondere die des Verfassungsschutzes gezogen werden?

Michael Buback: Die Schutzzusagen von Geheimdiensten an Kooperationspartner sollten nicht über die Aufklärung schwerer Verbrechen wie von Morden gestellt werden. Auch stört es mich, dass Akten und Dokumente zu Morden noch 40 Jahre später der Öffentlichkeit, den Angehörigen und sogar den mit der Aufklärungspflicht betrauten Gerichten vorenthalten werden.

ONETZ: Als Wissenschaftler beschäftigen Sie sich mit ganz anderen Themen. Was steht dabei im Mittelpunkt?

Michael Buback: Bis 2012 hatte ich einen Lehrstuhl für Technische und Makromolekulare Chemie an der Georg-August-Universität Göttingen inne. Im Zentrum der Forschungsarbeiten stand die Untersuchung chemischer Reaktionen unter extremen Bedingungen und die Modellierung von Polymerisationsprozessen. In den wissenschaftlichen Arbeiten waren in der Regel komplexe Fragestellungen zu lösen. Die hierbei erworbenen Kenntnisse und Vorgehensweisen haben mir bei der Klärung des Karlsruher Attentats sehr geholfen.

ONETZ: Hat die Recherchearbeit zur Aufklärung der Ermordung Ihres Vaters Sie in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit behindert?

Michael Buback: Die Klärung der Täterschaft hat Zeit und Kraft gekostet, aber erst ab 2007, nachdem wir auf die Mängel bei den offiziellen Ermittlungen hingewiesen worden waren. Da war ich allerdings bereits 62 Jahre alt. Zuvor hatten wir volles Vertrauen auf die bestmögliche Arbeit der Ermittler und sahen keinen Anlass, uns zu engagieren.

 
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