Weiden in der Oberpfalz
30.01.2020 - 13:21 Uhr

Karriere geht auch ohne Studium

Nach dem Abitur in den Betrieb: Einschätzungen und Erfahrungen einer Oberpfälzer Berufsberaterin.

Margot Salfetter leitet an der Agentur für Arbeit in Weiden die Berufsberatung "vor dem Erwerbsleben". Bild: Gabi Schönberger
Margot Salfetter leitet an der Agentur für Arbeit in Weiden die Berufsberatung "vor dem Erwerbsleben".

Margot Salfetter ist "Teamleiterin Berufsberatung vor dem Erwerbsleben" bei der Agentur für Arbeit in Weiden. Der Weg in die berufliche Ausbildung steht ihrer Ansicht nach gleichberechtigt neben dem Studium.

ONETZ: Mittel- und Realschüler wissen oft schon recht früh, was sie beruflich einmal machen wollen. Gymnasiasten scheinen oft bis zuletzt zu schwanken. Können Sie diesen Eindruck bestätigen?

Margot Salfetter: Das kann man nicht generell so sagen. Wer ein Studium aufnehmen will, kann mit der Entscheidung ja länger warten, weil die Bewerbungsfrist dafür meist erst am 15. Juli ist. Viele warten erst einmal auf die Noten des Abiturs und entscheiden dann, was sie machen. An der Mittelschule ist die Berufswahl, genauso wie an der Realschule, viel früher Thema. Bei den Gymnasiasten die Aussage zu treffen, sie würden die Entscheidung generell eher auf die lange Bank schieben, ist daher nicht ganz fair. Grundsätzlich muss man jedem Schüler auch zugestehen, dass er Zeit braucht, sich zu entwickeln. Egal, ob er auf dem Gymnasium, der Mittelschule oder der Realschule ist. Wer aber mit Abitur eine Lehre aufnehmen will, sollte sich rechtzeitig darum kümmern. Mindestens ein Jahr Vorlaufzeit muss da schon eingeplant werden.

Eine Mitarbeiterin von Margot Salfetter im Beratungsgespräch: Schulabgänger sollten sich frühzeitig Gedanken über ihre berufliche Entwicklung machen. Für Gymnasiasten kann dabei auch die klassische Berufsausbildung eine sinnvolle Basis sein. Bild: Gabi Schönberger
Eine Mitarbeiterin von Margot Salfetter im Beratungsgespräch: Schulabgänger sollten sich frühzeitig Gedanken über ihre berufliche Entwicklung machen. Für Gymnasiasten kann dabei auch die klassische Berufsausbildung eine sinnvolle Basis sein.

ONETZ: Sollten Abiturienten nach der Schule lieber an die Uni oder in die duale Berufsausbildung?

Margot Salfetter: Diese Frage ist falsch gestellt. Es kommt schlichtweg darauf an, welche Ziele die Abiturienten haben. Möchte man in die Forschung oder wissenschaftlich-theoretisch arbeiten, dann ist man an der Hochschule richtig. Wer eher praktisch arbeiten möchte, ist als Abiturient in der Berufsausbildung aber mindestens genauso gut aufgehoben. Man darf eines nicht vergessen: Nach der dualen Berufsausbildung stehen alle Wege offen. Also auch der Weg an die Hochschule. Man kann also beides miteinander kombinieren. Das kann handfeste Vorteile mit sich bringen.

ONETZ: Mit Abi in die berufliche Ausbildung: Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Berufsschulen und Betrieben?

Margot Salfetter: Grundsätzlich positive Rückmeldungen - und zwar von allen Beteiligten: von den Jugendlichen, von den Betrieben und von den Berufsschulen. Die Abiturienten sind auch nicht unterfordert, wie man mutmaßen könnte, weil die Ansprüche letztlich andere sind. Und es gibt ja durchaus viele junge Menschen mit allgemeiner Hochschulreife oder Fachhochschulreife, die sich für eine berufliche Ausbildung entscheiden, im Agenturbezirk Weiden sind es jährlich 7 bis 7,5 Prozent, im Bezirk der Arbeitsagenturbezirk Schwandorf liegt der Anteil sogar bei über 8 bis knapp unter 10 Prozent.

ONETZ: Gibt es Ausbildungswege, die einen besonders hohen Anteil an Azubis mit Abi haben?

Margot Salfetter: Ja, zum Beispiel Mediengestalter, die ganzen IT-Bereiche, wie etwa Fachinformatiker, aber auch Buchhändler, Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten, Veranstaltungskaufleute, Sozialversicherungsfachangestellte, Kaufmann/-frau für Marketingkommunikation und Medienkaufmann/-kauffrau. Hier sind es häufig die Arbeitgeber, die Abiturienten bevorzugen.

ONETZ: Sehen Sie das sachlich begründet, oder sollten Abiturienten mehr Offenheit für andere Berufe zeigen?

Margot Salfetter: Abiturienten sind durchaus für andere Berufe offen. Das hängt von den Vorlieben der Jugendlichen ab. Warum nicht Mechatroniker lernen und dann vielleicht noch ein Ingenieursstudium anhängen? Karriere geht aber grundsätzlich auch ohne Studium!

ONETZ: Wirkt eine duale Berufsausbildung für junge Leute, die später noch studieren wollen, karrierefördernd?

Margot Salfetter: Wenn junge Leute eine klassische Berufsausbildung gemacht haben, kann das beim Studium durchaus förderlich sein. Zum Beispiel kann die Ausbildungszeit ein gefordertes Praktikum ersetzen. Auch wissen sie dann oftmals genauer, welche Schwerpunkte sie im Studium setzen möchten. Sie studieren oft zielorientierter, wissen genau, was sie wollen, wohin ihr Studium gehen soll. Das kann natürlich auch karrierefördernd wirken.

ONETZ: Welche Möglichkeiten bietet ein duales Studium, das eine eine klassische Berufsausbildung mit einschließt?

Margot Salfetter: Es ist in einem zeitlich überschaubaren Rahmen von viereinhalb Jahren machbar. Man hat am Ende zwei Abschlüsse, einen Bachelor und einen Berufsabschluss, damit grundlegendes Wissen und die Qualifikation für die Führungsebene. Das machen immer mehr. Ich finde diese Möglichkeit sehr gut, aber es ist natürlich anspruchsvoll. Man kann das im Übrigen auch einem Wunscharbeitgeber vorschlagen, der das noch nicht anbietet. Die OTH beispielsweise steht neuen Kooperationen sehr offen gegenüber

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.