Kreisobmann Josef Fütterer ist das Paradebeispiel für den Landwirt, der nicht nur bei sich am Hof anpackt: "Ich bin bei uns in Friedersreuth bei fast allen Vereinen und war als einziger Landwirt bei allen acht Einsätzen der Feuerwehr dabei." Und dennoch: "Was wir in unseren Betrieben machen, sieht keiner", beschreibt er die Landwirtschaft als "Blackbox" für Verbraucher. "Wenn ich aber mit dem Mähdrescher rausfahre, ist er auf der Straße ein Verkehrshindernis."
Gegen den Generalverdacht
Das geringste Übel für Fütterer. Schwerer wiegt, dass nach jedem Lebensmittelskandal ein Generalverdacht über allen Bauern schwebe: "Natürlich gibt es schwarze Schafe, wie der Hof im Allgäu, wo Tiere misshandelt wurden." Aber wenn ein Raser einen Unfall verursacht, verdächtigt man ja auch nicht alle Autofahrer als Rowdies.
Alles Jammern hilft nicht, nur mit konsequenter Transparenz könne man die Verbraucher nachhaltig überzeugen. Deshalb nimmt der örtliche Bauernverband jetzt zusammen mit dem Amt für ländliche Entwicklung das Projekt Gläserner Stall 2.0. in Angriff: "Wir wollen den Landwirten in Seminaren zeigen, wie sie ihre Stellung im Ort verbessern können", sagt Behördenleiter Reinhold Witt, "indem sie ihre Stalltüren öffnen und zeigen, dass sie Experten für Pflanzenbau und Tierhaltung sind, die gesunde Nahrungsmittel erzeugen und sich für den Naturschutz einsetzen."
Bäuerliches Glasnost auch mit virtuellen Mitteln: "Die sozialen Medien gehören bei den Jungbauern selbstverständlich dazu", weiß Winter. Und damit könne man unter Beweis stellen, was die Oberpfälzer Landwirte seit Jahr und Tag predigen: "Wir wollen bei Führungen,und Videos zeigen, dass wir keine Insekten töten, weil wir sie brauchen", nennt Fütterer ein Beispiel. "Unsere Landwirte haben massiv aufgeforstet", ergänzt Winter. Mit den neuen Medien könne man Missverständnisse ausräumen: "Beim Ziegler in Neustadt/Kulm haben kürzlich zwei Mädels an der Stalltür getuschelt, ,das ist doch Massentierhaltung'."
Von wegen Massentierhaltung
Ausgerechnet der Erlebnisbauernhof Lämmershof 3, wo Kühe gestreichelt, Hasen gefüttert und Ponys geritten werden dürfen. Der Landwirt, der auch beliebte Hoffeste organisiert, habe die jungen Damen durch den Stall geführt und sie aufgeklärt. "Aber das war Zufall, mit Videos könnte man viel mehr Leute erreichen", hofft Winter, "und erklären, dass ein Laufstall mit 60 Kühen noch lange keine Massentierhaltung ist." Das einzelne Tier könne selbst entscheiden, wann es in den automatischen Melkstall geht: "Das geht gern da rein."
Bäuerliche Familienbetriebe in der Oberpfalz bewirtschafteten im Schnitt unter 30 Hektar Land und hielten um die 40 Kühe. "Wie betreiben seit Jahrzehnten Extensivierungen", sagt Fütterer, "es gibt seit Jahren Programme wie das Kulab, mit denen wir einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten." Zugegeben gegen eine Aufwandsentschädigung, aber es sei ja wohl nicht ehrenrührig, Geld für eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe zu beziehen. "Wir müssen unsere Familien ernähren."
Und schon zeichnet sich ein weiteres Thema für die künftigen Filmregisseure ab: "Was die Landwirte 365 Tage im Jahr, oft fast rund um die Uhr leisten", sagt Geschäftsführer Winter wehmütig. "Meinen Hof habe ich nach 42 Jahren schon an meine Tochter übergeben, jetzt höre ich Ende des Jahres nach 32 Jahren auf der BBV-Geschäftsstelle auf." Bei aller Vorfreude auf den Ruhestand: "Einem passionierten Landwirt blutet da das Herz." Das sollte ein Porträt auf Facebook wert sein.
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