Der Podcast mit Bestatter Wolfgang Dobler:
Für Wolfgang Dobler stand eigentlich schon alles fest. Der 52-Jährige hatte sich sogar schon seinen Sarg ausgesucht, um in ihm irgendwann mal erdbestattet zu werden. Doch vor rund fünf Jahren hat er diese Meinung geändert. Jetzt tendiert er dazu, verbrannt zu werden. Der Grund? Seine Familie habe dadurch einfach weniger Stress bei der Organisation der Beerdigung. Und er betont: "Die Trauer hat mit der Bestattungsart nichts zu tun." Wolfgang Dobler muss es schließlich wissen. Er ist seit 28 Jahren Bestattermeister und führt mit seiner Schwester Martina Fuhrmann das Familienunternehmen "Bestattung Bauer" in Weiden.
Dobler liegt mit seinem Meinungsumschwung auf jeden Fall im Trend. Früher seien bis zu 90 Prozent der Menschen von ihm oder seinen Kollegen erdbestattet worden. "Da wurde gar nicht lange diskutiert", sagt er. Die klassischen Familiengräber standen da noch hoch im Kurs. Doch das habe sich komplett gedreht. Dobler führt inzwischen nach eigenen Angaben zu 75 Prozent Feuerbestattungen durch. "In 10 Jahren werden wir 90 oder 95 Prozent Feuerbestattungen haben", schätzt er. Gründe dafür gebe es viele. So seien Feuerbestattungen einfach umweltfreundlicher und hygienischer, findet Dobler.
Bayernweites Phänomen
"Der Trend geht eindeutig zur Feuerbestattung", erklärt auch eine Sprecherin der Stadt Regensburg. Im vergangenen Jahr seien in Regensburg rund drei Viertel der Bestattungen Urnenbeisetzungen gewesen. In München wurden 2021 knapp 11 300 Menschen auf den städtischen Friedhöfen bestattet. 68,6 Prozent der Bestattungen waren Urnenbeisetzungen, 31,4 Prozent klassische Beerdigungen. 10 Jahre zuvor gab es noch 40,5 Prozent Erdbestattungen, teilt hier ein Sprecher des Gesundheitsreferats mit.
In Nürnberg ist der Unterschied noch größer: Etwa 70 Prozent Feuer- und 30 Prozent Erdbeisetzungen registriert das Referat für Umwelt und Gesundheit jährlich auf den 10 Friedhöfen der Kommune. Diese Verteilung sei in den vergangenen Jahren bis auf geringe Schwankungen gleich geblieben. Die gleichen Zahlen melden auch die fränkischen Städte Würzburg und Bamberg: 70 Prozent Urnen- und 30 Prozent Erdbestattungen. Gab es in Ingolstadt 2012 noch ebenso viele Urnenbeisetzungen wie Beerdigungen, so haben sich die Anteile inzwischen verschoben, wie ein Sprecher der Stadt mitteilt. Knapp 10 Jahre später wurden 36 Prozent der Verstorbenen im Sarg beigesetzt, 64 Prozent wurden eingeäschert.
Klares Stadt-Land-Gefälle
Auch der Bestatterverband in Bayern weiß um die Gründe, warum immer mehr Angehörige ihre Verstorbenen erst einäschern und dann die Urnen beisetzen lassen. Vor allem in den Städten sei die Zeit der Familiengräber, die über Jahrzehnte oder manchmal gar Jahrhunderte der gleichen Familie gehörten, vorbei. Die Menschen seien mobiler geworden. Eine Grabstelle sei schwer zu pflegen, wenn die Angehörigen weit entfernt lebten, findet Geschäftsstellenleiter Jörg Freudensprung. Eine Urne biete mehr Möglichkeiten – ein Urnengrab sei pflegeleicht; Nischen, Urnenwände oder Stelen ebenso. Man habe einen Ort für die Trauer und das Erinnern, müsse ihn aber nicht aufwendig pflegen. "Diese Punkte sind oft ausschlaggebend", sagt Freudensprung. In Sachen Urnen- oder Erdbestattungen bemerke der Bestatterverband aber ein klares Stadt-Land-Gefälle, erläuterte er weiter: Auf dem Land gebe es noch deutlich mehr Erdbestattungen. Hier seien oft noch mehr Familienmitglieder am Ort, die sich um die Grabpflege kümmern könnten.
Alles ist also im Wandel – selbst die letzte Ruhe. Und der Weidener Bestatter Wolfgang Dobler stellt noch eine weitere Entwicklung fest: Vor 20 Jahren sei vielleicht einmal im Monat jemand zu ihm gekommen, um über die eigene Bestattung und Beerdigung zu sprechen. Jetzt bekomme er tagtäglich Besuche dieser Art. Und es werden "immer mehr jeden Tag", sagt er. Zu Beginn des Gesprächs seien die meisten Menschen noch nervös oder unsicher. Doch die meisten würden nach einer erfolgreich abgeschlossenen Bestattungsvorsorge einen gelösten Eindruck machen. "Man stirbt deswegen nicht früher, eher später, weil man beruhigter ist", sagt Wolfgang Dobler. (Mit Material der dpa)
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