LTO wagt sich an Weidener Legende: Auftritt Walter Klankermeier

Weiden in der Oberpfalz
29.01.2023 - 20:57 Uhr

Klankermeier. Ein Name aus der Vergangenheit, der nicht nur in der Oberpfalz noch heute nachhallt. Mit „Pfui – Die Klankermeier-Saga“ nährt und entzaubert das Landestheater Oberpfalz nun zugleich den wohl anrüchigsten „Weidener Mythos“.

„Wer redet in 50 Jahren noch darüber?“, kokettiert das Stück „Pfui – Die Klankermeier-Saga“ selbst mit dem damaligen Wirbel um eine der schillerndsten Figuren der jüngeren Weidener Geschichte.

Die Frage beantwortet sich rund um die Uraufführung des Schauspiels des Landestheaters Oberpfalz (LTO) am Samstag im Weidener Jugendzentrum von selbst. Auch für zwei eilig angesetzte Zusatzvorstellungen gibt es keine Karten mehr.

Weiden in aller Munde

Dabei – viel (Neues) gibt es eigentlich nicht zu erzählen. Klankermeier beschwört Anfang der 70er Jahre in Weiden mit seiner Fortuna-Bar, einem Hardcore-Strip-Club, einen bundesweiten Skandal um das vermeintlich „sündige“ Weiden herauf. Slogans wie „In Hamburg verboten, in Weiden geboten“ oder „Jeder echte Bayer geht zum Klankermeier“ prägen sich ein. Ebenso der Widerstand durch Tausende Unterschriften gegen das „Sünden-Babel in der Bahnhofsstraße“. Oder Klankermeiers legendärer Gegenschlag beim „Auftritt“ in der St. Josefskirche.

Ein starker Stefan Neubauer gibt den LTO-Klankermeier mythos-gerecht, bewusst eindimensional, ohne zusätzliche Tiefe oder Charakterzüge, die vom Rotlicht-König nicht verbrieft sind. Das Bild eines tabu- und skrupellosen Mannes, der sich weltmännisch gibt, gerne feiert und Politiker schmiert.

Eine Annäherung an den „echten“ Klankermeier oder seine mysteriöse Ermordung, die immens zur Legendenbildung beigetragen hat, ist auch nicht beabsichtigt. Denn die fiktive Geschichte, die auf dem Wirken des Nachtclubkönigs und seiner Gegner fußt, bietet Raum für hintersinnige Randgeschichten und eine Vielzahl liebenswerter, skurriler Charaktere, denen ein spielfreudiges Ensemble Leben einhaucht.

Die Vorlage von Uli Scherr vermittelt ein Lebensgefühl der beginnenden 70er Jahre mit einem unwiderstehlichen Touch Weidener Befindlichkeiten und witzigen Zeitgeist-Referenzen, das das Regie-Duo Doris Hofmann und Katharina Stangl mit viel Liebe auf die Bühne bringt. Live-Musiker und Arrangeur Martin Kubetz und Sängerin Sophia Rusch sorgen für Showeffekte und eine plüschige Nachtclubatmosphäre. „Als Zeitzeugin muss ich sagen, das ist alles authentisch“, sagt eine Zuschauerin. Ihre Freundinnen nicken. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Moralisch flexibel

Eigentlicher Protagonist ist aber Alfred Nagl. Stefan Puhane hetzt in der Rolle des idealistischen Gegenspielers Klankermeiers wunderbar moralisch dauerentrüstet über die Bühne. Viel Spaß machen auch der patente „Fortuna-Fritz“ (Maximilian Hegner) sowie die Vertreter des „anständigen“ Weidens wie ein bigotter Stammgast (Gerhard Wölfel), ein korrupter Politiker (Ruppert Grünbauer) oder der schmierige „Batzi“ Bicherl (Tobias Schmauß).

Am Ende entpuppt sich die Figur Klankermeier nur als mystische Luftblase. Die treffende Retrospektive lässt sie aber nicht platzen. Der überlebensgroße Mythos wird durch das kurzweilige Stück (und vielleicht ein mögliches Buch) weitergetragen. Und eine der ungewöhnlichsten Fußnoten in Weidens Geschichte so vielleicht einer neuen Generation in Erinnerung bleiben.

Info:

Walter Klankermeier

  • geboren 1940 in Augsburg
  • Metzgerlehre, kommt über Chicago (USA) ins beschauliche Weiden
  • eröffnet 1968 in Weiden die Fortuna-Bar und später in der Umgebung weitere Nachtclubs
  • Nicht-Raucher, Anti-Alkoholiker, Besitzer zweier Pferde und eines privaten Fitness-Studios
  • Verbindungen ins Rotlichtmilieu deutscher Großstädte
  • 14. Juni 1982 verschwindet Klankermeier spurlos, seine Leiche wird im August in einem Waldstück gefunden

Klankermeier-Saga: Vier Fragen an Autor Uli Scherr

BR-Journalist und Schauspieler über die Tücken, einen Weidener Mythos in einem Theaterstück einzufangen

ONETZ: Wann haben Sie zum ersten Mal den Namen Walter Klankermeier gehört?

Uli Scherr: Irgendwann seit ich vor 13 Jahren wieder in die Oberpfalz zurückkam. Klankermeier ist eine von drei, vier Geschichten, die man mit Weiden verbindet, auf die man unweigerlich stößt. Als Katharina Stangl vor drei Jahren auf mich zukam, ob ich nicht ein Theaterstück darüber schreiben wolle, habe ich mich erst einmal geziert. Eine Cold-Case-Recherche über seinen Tod hat mich dem Thema nähergebracht.

ONETZ: Wie geht man an so eine Figur heran? Wie sollte Klankermeier im Stück erscheinen?

Uli Scherr: Er war zweifellos ein PR-Genie und hat sich über ein Jahrzehnt einen Ruf erarbeitet. Aber eigentlich kann ich über den Typ nichts sagen. Je mehr ich mich mit durch das Material von Sebastian Schott vom Stadtarchiv gearbeitet und mit Zeitzeugen geredet hatte, also mich mit ihm genauer beschäftigte, desto „kleiner“ wurde er.

ONETZ: Und dann?

Uli Scherr: Für mich stand dann auch das Lebensgefühl dieser Zeit im Mittelpunkt. Die übrigen Figuren sind Menschen, die von Einstellungen und Lebensentwürfen her 1971 in Weiden gelebt haben könnten.

ONETZ: Ist Ihnen beim Schreiben etwas besonders schwer gefallen?

Uli Scherr: Ja, alles, was mit dem Bereich Rotlichtmilieu zu tun hatte. Das ist nicht meine Welt. Die Figuren „Cleo“ und „Dolly“ etwa sind von Cleo Kretschmer und Dolly Dollar aus der Komödie „Arabische Nächte“ inspiriert. Daher stammt auch der Spruch, einen Ölscheich abzuschleppen (grinst).

 
 

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