Dieses Wort, mit weißer Kreide auf eine schwarze Schiefertafel geschrieben und vor die Tür gestellt, hat es beim Weidener "Jazz-Zirkel" in fünf Jahrzehnten praktisch nie gegeben: "Ausverkauft". Am Samstagabend war es soweit. Noch bevor die ersten Töne erklangen, mussten im "Bistrot Paris" zusätzliche Stühle herangeschafft werden. Jazz-Zirkel-Chef Reinhard Roth blickte staunend in den übervollen Raum: "Ich hoffe, jeder hat einen Platz gefunden." Ein würdiger Rahmen für ein besonderes Konzert im Jubiläumsjahr. Und für eine Hommage an eine Frau, die deutsche Kulturgeschichte geschrieben hat: Hildegard Knef.
Im Dezember 2025 würde die Schauspielerin, Chansonsängerin und Autorin ihren 100. Geburtstag feiern. Ein Anlass, der die österreichische Sängerin und Saxofonistin Madeleine Joel mit ihrem hochkarätigen Ensemble zu einem "Tapetenwechsel" verführte. So lautete jedenfalls der Titel ihres Programms. Und ein Tapetenwechsel wurde es tatsächlich: Denn erstmals in der fünfzigjährigen Geschichte des Jazz-Zirkels wurde ein komplettes Konzert in deutscher Sprache gesungen. Mit dem amerikanischen Pianisten Rob Bargad, ehemals an der Seite von Nat Adderley, Roy Hargrove und Lionel Hampton, hatte die Gruppe einen Arrangeur von Weltrang an Bord. Bargad verwandelte Knefs Klassiker in moderne Jazzminiaturen. "Wir bekommen täglich 20 Anfragen von Bands," sagte Roth. "Für diese hier haben wir uns innerhalb von fünf Minuten entschieden." Der Publikumsandrang bestätigte die Wahl.
Rauchige Eleganz
Joel begrüßte die Besucher im Saal mit einem Augenzwinkern: "Sind hier Hildegard-Knef-Fans im Publikum?" Als kaum Reaktion kam, ergänzte sie: "Dann sind Sie wegen mir da?" Das Eis war gebrochen. Mit Wärme und einer Spur rauchiger Eleganz führte die Sängerin durch den Abend. Ganz im Geist der großen Knef, aber nie als Kopie. Knefs Lieder waren der Beweis, wie zeitlos gute Songs sein können.
Schon der Opener "’ne Dame" mit ersten zarten Pianotakten und tiefem Bass setzte den Ton: respektvoll, aber frisch. Später folgten "Tapetenwechsel", "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" und natürlich "Für mich soll's rote Rosen regnen". Zwischen den Liedern plauderte Joel aus Knefs Themenwelten: Vor allem über die Liebe, der glücklichen wie der unglücklichen. "Uns alle verbindet heute eine Sache", sagte sie. "Die Liebe zur Musik und zueinander." Das Sextett war ein internationales, aber doch leicht österreich-lastiges Line-up. Herwig Gradischnig (ts), Johannes Herrlich (tb), Stephan "Bista" Partus (b) und Klemens Marktl (dr) bildeten eine kompakte Einheit. Bläsersätze, Rhythmusgruppe, Drums und Bargads Klavier standen für die farbigen Harmonien. Aber über allem lag, wenn sie nicht gerade zum Saxophon griff, Joels klare, ausdrucksstarke Stimme.
Im Sinne Hildegard Knefs
Dass das Bistrot Paris an diesem Abend auf zwei Etagen mit zwei Bars und zwei Toiletten an seine Grenzen kam, war fast nebensächlich. Wichtiger war der Moment, in dem sich Jazz-Club, Publikum und Combo gegenseitig beflügelten. Es wäre sicherlich ganz im Sinne Hildegard Knefs gewesen, dass gerade ein Jazz-Zirkel, der nun seit einem halben Jahrhundert besteht, ihre Lieder erneut hochleben ließ.













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