Weiden in der Oberpfalz
01.05.2024 - 14:14 Uhr

Maikundgebung in Weiden: "Wird dein künftiger Chef ein Algorithmus sein?"

Die Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Kreisverband Weiden-Neustadt stand am Mittwoch auch im Zeichen der Künstlichen Intelligenz. Die DGB-Jugend drängte in Weiden zudem auf verstärkte Ausbildung in den Industrieberufen.

Es war das allererste Mal, dass in Weiden ein Betriebsseelsorger Festredner einer Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Kreisverband Weiden-Neustadt war. Immer mehr Menschen gerieten mit ihren Löhnen und ihrer späteren Rentenhöhe unter Druck, rief Richard Wittmann den Besuchern entgegen. Darunter befanden sich Betriebsräte, KAB-Vertreter, Abgeordnete und fast der komplette Weidener Stadtrat. Das Motto "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit" sei also berechtigt, so Wittmann. Allein schon vor dem Hintergrund, dass die psychische und zeitliche Beanspruchung in der modernen Arbeitswelt groß sei.

Fehlende Zeit und mehr Sorgen

Es fehle die Zeit für Kinder oder die Betreuung und Pflege der Eltern. Geschweige denn Luft fürs Ehrenamt. Und immer mehr Arbeitnehmer machten sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft und ihren Arbeitsplatz. "Sowas wird normalerweise in Tarifverträgen geregelt. Ausgehandelt zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden." Aktuell arbeiteten in Bayern aber nur noch 47 Prozent der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Betrieb. "Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben stehen besser da", betonte Wittmann.

Egal, ob bei Urlaub, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Arbeitszeit, Kündigungsfrist oder betriebliche Altersversorgung: Bayern sehe sich immer vorne. "Bei einem länderbezogenen Tariftreue- und Vergabegesetz ist Bayern Schlusslicht, weil es einfach noch keines hat." Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dürften nur solche Anbieter einen Zuschlag erhalten, die ihre Beschäftigten ordentlich nach Tarifvertrag bezahlten. "Es darf nicht sein, dass Steuergelder Billiganbietern mit Sub- und Sub-Subunternehmen im öffentlichen Bereich bevorzugt würden", forderte der Betriebsseelsorger.

Kompetente Betriebsräte

"Betriebsräte leisten einen entscheidenden Beitrag, dass es in Betrieben gerecht zugeht." Als Betriebsseelsorger erlebe er die Betriebsräte als enorm kompetent. "Sie sind Arbeitsrechtler, Betriebswirtschaftler, gute Gesprächspartner und geschickte Verhandlungsführer."

Mit der flächendeckenden Nutzung von Künstlicher Intelligenz werde es noch zu einem Umbruch ganz anderer Art kommen. "Wird dein künftiger Chef ein Algorithmus sein? Entscheiden Maschinen über meine Zukunft?" Wittmann forderte in diesem Zusammenhang auch ethische Debatten.

Ein Thema war auch der Rechtspopulismus. Die katholischen Bischöfe hätten dazu klar Stellung bezogen: "Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar." Wittmann appellierte an die Bürger, politische Angebote von rechtsaußen abzulehnen.

Alexander Glaß brach für die Gewerkschaftsjugend der IGBCE eine Lanze für die Industrieausbildung. Ihr Stellenwert sollte angehoben werden, sagte er. "Wir brauchen junge Fachkräfte in der Region." Und die Personalchefs sollten endlich weg vom "Cherry-Picking-Denken".

Oberbürgermeister Jens Meyer unterstrich die Bedeutung der Maikundgebung. "Die ist kein alter Hut." Glaß und seine jungen Mitstreiter würden beweisen, dass ein frischer Wind wehe. Er befürchte aber, dass sich die Arbeitswelt wegen KI grundlegend verändern werde. "Fluch oder Segen?" Wer könne das wissen. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Kreisverbandsvorsitzenden Josef Bock.

 
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