Weiden in der Oberpfalz
28.06.2022 - 16:58 Uhr

Neue Kinder- und Jugendpsychiatrie in Weiden schließt Versorgungslücke

Die Coronapandemie hat die Entwicklung beschleunigt: Jeder 7. junge Mensch ist psychisch krank. Auf ärztliche Hilfe müssen Betroffene oft monatelang warten. Mit einem neuen Klinikangebot soll sich das ändern.

Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, sogar schon bei Kleinkindern, kommen häufiger vor, als man denkt. Jeder 7. junge Mensch ist krank und alle 11 Minuten nimmt sich einer von ihnen das Leben, ist das Ergebnis einer Unicef-Studie von 2021. Für Dr. Christian Rexroth, den Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Weiden, ein deutliches Signal, dass noch mehr in der Behandlung der psychischen Gesundheit von Jugendlichen geleistet werden muss.

„Die Pandemie zeigt uns hier nur die Spitze des Eisbergs.“ Umso dankbarer ist der Mediziner für den „Meilenstein“, der nun in Weiden gesetzt wird: Der Neubau einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) mit 32 Betten auf 3 Stationen. Außerdem wird die Tagesklinik um 6 Plätze auf 18 erweitert, entsteht eine Schule für die jungen Patienten und eine Tagesklinik für Erwachsene mit 15 Plätzen. Auf dem Gelände hinter dem ehemaligen Augustiner-Seminar wird seit Monaten gewerkelt. Am Dienstag fand im Beisein zahlreicher Gäste der offizielle Spatenstich für das 33,6 Millionen Euro teure Bauprojekt statt.

7 von 10 Kinder haben Ängste

Rexroth erhofft sich durch die moderne Klinik, dass „wir noch schneller, regionaler und umfassender handeln können und sich Wartezeiten auf eine stationäre Behandlung erheblich verkürzen“. Aktuell müssten Betroffene mitunter bis zu neun Monaten auf einen Termin warten. 2019 wurden in Weiden rund 1200 Patienten in der KJP behandelt. Und es würden mehr. Kinder gehörten zu den Verlierern in der Pandemie. Äußerten zu Beginn 3 von 10 Kindern Ängste, seien es im Dezember 2020 bereits 7 von 10 Kindern gewesen, so der Chefarzt. Vor allem sozial benachteiligte Familien seien belastet. Zu den Krankheitsbildern zählten unter anderem Ess- und Schlafstörungen, Depressionen, Entwicklungsstörungen oder selbstverletzendes Verhalten.

In Weiden sei die medbo (Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz) bereits 1998 mit der ersten Tagesklinik an den Start gegangen. Rexroth freue sich, dass nun eine neue Anlaufstelle für viele Familien geschaffen werde.

„Wir wollen die beste Medizin wohnortnah zu den Menschen zu bringen“, sagte Bezirkstagspräsident Franz Löffler. Mit der neuen Klinik werde es künftig sechs Standorte im gesamten Bezirk geben. Zusammen mit dem Bezirksklinikum Wöllershof decke man fast das komplette Spektrum an psychiatrischen Therapien ab. Das Geld sei gut in „unsere jungen Menschen“ investiert, sagte Löffler. In den kommenden 5 bis 10 Jahren würden weitere Projekte anstehen. Der Bezirk stelle sein Bauprogramm nicht infrage, auch wenn im Moment niemand wisse, wohin sich die Kosten entwickeln.

Alles für die Jugend

Einen „großen Tag für die Stadt Weiden“ nannte es Bürgermeister Lothar Höher, der als Stellvertreter Löfflers ebenfalls bei vielen Gesprächen mit dem Gesundheitsministerium dabei war. Geradezu symbolisch sei es, dass der Neubau auf dem ehemaligen Fußballplatz des Augustinerseminars entsteht, das über Jahre junge Menschen begleitete. „Auch die künftige Arbeit in der Klinik kommt der Jugend zugute“, freute sich Medbo-Chef Dr. Helmut Hausner.

Damit auch die Umgebung zur Gesundung der jungen Patienten beiträgt, setzen die Planer von Dewan Friedenberger Architekten aus München auf viel Raum und Licht auf den rund 2780 Quadratmetern Nutzfläche, verteilt auf vier Etagen. „Wir schaffen interaktive Flächen auf den Fluren, zwei Innenhöfe und Freiflächen mit Garten“, erläuterte Geschäftsführer Stephan Beerwerth abschließend.

Mit einem Lied und der Mahnung, dass auch Kinder Rechte haben, unter anderem das Recht auf Gesundheit, beschlossen Oberärztin Stephanie Kiene, Susanne Siegert und Verena Kreuzer von der Tagesklinik den Festakt.

Info:

Die neue Kinder- und Jugendpsychiatrie

  • Neubau Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Bezirksklinikums Regensburg am Standort Weiden mit 32 Betten, davon 8 Betten für suchtkranke Jugendliche; inklusive Schule für Kranke
  • Erweiterung der Tagesklinik um 6 Plätze (für Klein- und Vorschulkinder) auf insgesamt 18 Plätze
  • Tagesklinik für Erwachsenenpsychiatrie mit 15 Plätzen mit Institutsambulanz in den bisherigen Räumen der Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Kosten: Geschätzte Gesamtkosten 33,6 Millionen Euro; davon 22 Millionen Euro gefördert durch Freistaat Bayern; Bezirk trägt durch die medbo fast 8 Millionen Euro
  • Fertigstellung: 2025 geplant
  • Rund 100 Mitarbeiter (bisher 34; Stand Mai 2022)
 
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