Mehr Soldaten in Grafenwöhr
Alexander Gröbner, Geschäftsführer der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) für den Bezirk Oberpfalz, spricht von „unterschiedlichen Betroffenheiten“ in den Branchen der Gewerkschaftsmitglieder. Zu spüren seien direkte Auswirkungen des Krieges in der Ukraine beispielsweise auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr. Erst Ende Februar hatte US-Präsident Joe Biden angekündigt, weitere 7000 US-Soldaten nach Deutschland zu entsenden, um die Verteidigung der Nato zu stärken. Sie sollen zunächst auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr untergebracht werden. Am Dienstag waren bereits die ersten 200 Soldaten des 1st Armored Brigade Combat Teams der 3rd Infantry Division aus dem US-Bundesstaat Georgia in Nürnberg angekommen. Wie lange die Soldaten in Grafenwöhr bleiben und ob sie weiter nach Osteuropa verlegt werden, ist noch offen.
„Die Politik ist endlich aufgewacht und hat verstanden, dass das Heil nicht allein im Markt zu suchen ist“, sagt Gröbner zu den Auswirkungen auf die Energiewirtschaft. Er rechne mit positiven Effekten bei den erneuerbaren Energien, verwies andererseits aber auch auf deutlich gesunkene Aktien wie Uniper. Weitere, derzeit noch nicht konkret absehbare Konsequenzen dürfte es laut ihm auch im Bankensektor geben, insbesondere im Hinblick auf die ohnehin schon angespannte aktuelle Inflations- und Zinsentwicklung.
Polizei am Limit
Nicht einfach wird es auch für die Einsatzkräfte der Polizei, denen im Arbeitsalltag nun noch mehr abverlangt werde. „Corona, Demos, und neue Mahnwachen fordern die Beschäftigten täglich aufs Neue“, umreißt Christian Bleyer von der Gewerkschaft der Polizei die aktuelle Situation. Die Überlastung des Personals sei enorm, und welche Einsätze die Ukraine-Krise noch nach sich ziehe, zum Beispiel durch eine Flüchtlingswelle, sei bislang nicht absehbar. Aber eines stehe fest, so Bleyer: „Das wird für uns bitter.“
Und in noch einem Bereich sei die Polizei tangiert. „Ein Großteil der Polizeiuniformen wird in der Ukraine gefertigt. Schauen, wir mal, wie es mit den dortigen Firmen weitergeht.“
Betreuung für Flüchtlingskinder
Auch bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist der Krieg ein Thema, wie Anna Forstner darstellt. Die Gewerkschaft rechnet damit, dass durch die mögliche Ankunft Geflüchteter aus der Ukraine eben jene Kinder und Jugendliche in Schulen oder Kitas betreut werden müssen. Prognosen könne man derzeit aber noch überhaupt nicht abgeben, sagt Forstner. „Wir müssen beobachten, wie sich die Situation entwickelt.“ Noch sei der Krieg zu frisch. Forstner macht allerdings klar, dass bei Bedarf Möglichkeiten gefunden werden, geflüchtete Kinder und Jugendliche zu beschulen. „Das haben wir auch beim Syrien-Krieg geschafft.“
Bahn hilft bei Flucht
Auswirkungen hat das aktuelle Geschehen auch auf die Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen, wie Harald Hammer, Geschäftsstellenleiter Regensburg der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) umriss. So habe die Deutsche Bahn AG als erstes Bahn-Unternehmen angekündigt, ukrainische Staatsbürger kostenlos zu transportieren und ihnen so die Flucht nach Deutschland zu erleichtern. Inzwischen wurden entsprechende Angebote auch von europäischen Bahnen in Tschechien, Polen und Österreich sowie auf den deutschen Nahverkehr ausgeweitet. Hammer kündigte auch an, es würden derzeit Hotelplätze für Geflüchtete aus der Ukraine organisiert.
Teure Brennstoffe belasten Industrie
Nicht wenige Unternehmen aus der nördlichen Oberpfalz unterhalten Geschäftsbeziehungen in die Ukraine. Wie sich die aktuellen Kriegshandlungen jedoch auswirken, mag Benjamin Hannes, Gewerkschaftssekretär der IG Bau, Chemie, Energie (IG BCE), sich noch nicht ausmalen. Er vermutet, dass vor allem die zu erwartende Teuerungsrate bei fossilen Brennstoffen Probleme bereiten könnte. „Wir haben Unternehmen, die Weißporzellan herstellen und auf Gas angewiesen sind. Auch die Rohölpreise werden mit Sicherheit steigen.“ Das werde dann auch die chemische Industrie zu spüren bekommen. „Da kommt eine harte Nummer auf uns zu.“
Kostensteigerungen am Bau
Der Ukraine-Konflikt werde sich in insbesondere im Bereich der Energieversorgung in der Industrie bemerkbar machen, sagt Heike Stoffels von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). In der Baustoffindustrie würden die Kosten bereits kontinuierlich steigen, insbesondere die Energiekosten. Als Beispiel nennt sie ein Zementwerk. „Wenn man dort war, weiß man, wie viel Energie allein da verbraucht wird.“ Dieser Zustand werde „sicherlich“ auch durch den Ukraine-Krieg nochmal verstärkt werden, so dass man bei der Energieversorgung „noch mehr Schwierigkeiten bekommen wird“.
Auch Metaller spüren die Preise
„Die Unternehmen in der Metall- und Elektrobranche werden den Krieg vor allem bei den Energiepreisen merken.“ Diese werden weiter steigen. Von bis zu 700 Prozent sei die Rede. Einige Firmen produzierten bereits jetzt verstärkt nachts oder am Wochenende, um den günstigeren Nachtstrom auszunutzen“, sagt der Bevollmächtige der IG Metall Amberg Udo Fechtner. Alles andere müsse man abwarten.
Solidarität mit den Menschen
Mit Sorge blickt der DGB auf die Entwicklungen. „Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Krieg, den Putin vom Zaun gebrochen hat“, sagt Christian Dietl, Regionsgeschäftsführer Oberpfalz. Die Arbeitnehmerorganisationen hätten sich schon immer für ein friedliches Miteinander der Nationen eingesetzt. Die Kampfhandlungen müssten eingestellt werden.
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