Weiden in der Oberpfalz
23.01.2019 - 17:13 Uhr

Pilgern als Spiegelbild des Lebens

Es war eine Grenzerfahrung der besonderen Art: Eine Ehepaar mit fast 70 Jahren pilgert 63 Tage lang zu Fuß von Oberkotzau bei Hof nach Rom. Auch eine künstliche Hüfte war kein Hindernis.

Ehrenfried Lachmann (links) begrüßt als Sprecher des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing die Pilgerwanderer Ingrid und Gotthard Haushofer. Bild: Bühner
Ehrenfried Lachmann (links) begrüßt als Sprecher des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing die Pilgerwanderer Ingrid und Gotthard Haushofer.

"Es war ein großer und überwältigender Moment, als erstmals am Horizont die Kuppel der Peterskirche auftauchte", erzählte Gotthard Haushofer von seiner Pilgerwanderung nach Rom. Sichtbar glänzen bei diesem Satz noch immer die Augen des Studiendirektors im Ruhestand, auch wenn das Erlebnis schon fünf Jahre zurück liegt.

Mit seiner Frau Ingrid, ebenfalls Studiendirektorin im Ruhestand, hatte Haushofer sich am 18. August 2013 aufgemacht, als Pilger zu Fuß die gesamte Strecke von Oberkotzau nach Rom zurückzulegen. An der Saale entlang, ausgerüstet mit einem 8-Kilo-Rucksack, hatte alles begonnen. Bei einem Vortragsabend des Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing konnten die Anwesenden die Reise noch einmal miterleben. Viele Bilder machten alles anschaulich.

Blick ins Innere

"Wir hatten keine vorgefertigte Route und gingen direkt über Innsbruck, Brenner, Bologna, Florenz und Rom", berichtete Haushofer. Übernachtet wurde in Klöstern, aber auch in Pfarrhäusern und Hotels. Alpen und Apennin mussten überquert werden, wobei der Apennin für die Wanderer die größere Herausforderung war. Motive zur Pilgerreise waren unter anderem "zum Wesentlichen vorzudringen" und "Kontakt zur eigenen Innenwelt und Unterwelten zu bekommen".

Ganz besonders hob der Theologe hervor, "den Kontakt mit Gott zu bekommen und sich ständig bewusstzumachen, Gott sieht mich". Das Gehen sei auch Ausdruck der Dankbarkeit gewesen, aus einer schweren Erkrankung herauszukommen. Gotthard Haushofer schilderte die einzelnen Phasen der Pilgerwanderung, seine Frau las aus dem darüber verfassten Buch. Deutlich sollte dabei werden, dass die Erlebnisse auf dem Weg nach Rom ein Spiegelbild ihres eigenen Lebens darstellen. "Bei der Überquerung des Apennins sind wir an die Grenze unserer Leistungsfähigkeit gestoßen", berichtet Haushofer. Dies sei beispielhaft für die Krisen in ihrem Leben, "denn wir haben an der Sinnhaftigkeit unserer Aktion gezweifelt". Der Blick hatte sich damals auf das Negative verengt. Da Krisen auch als Entscheidungssituationen gelten, sei es gelungen, eine neue Orientierung zu finden. "Geholfen hat uns, die Belastung anzunehmen, auf das bisher Erreichte voller Dankbarkeit stolz zu sein und uns gegenseitig zu unterstützen."

Auch vorgegebene Pfade

Als anderes Beispiel für Vergleiche mit Lebenssituationen wurde die Durchwanderung der Po-Ebene dargestellt. "Da ging es fast immer nur geradeaus auf vorgegebenen Pfaden." Das sei hilfreich, enge andererseits aber auch ein. Wie im richtigen Leben sei auch bei der Apennin-Überquerung einmal ein falscher Weg eingeschlagen worden. "Da mussten wir bis zum Ausgangspunkt zurück", sagte der Referent.

Zwei Mal mussten die Pilger im Laufe der Wanderung aus gesundheitlichen Gründen für mehrere Tage ihren Pilgerweg unterbrechen. Am 12. November betraten sie die Peterskirche. "Wir waren zwar schon öfters in der Peterskirche, aber nie als Pilger", erzählte Haushofer. Ein Chor aus Florida hätte in dem Moment das "Ave Verum" gesungen. In Rom selbst besuchte das Paar dann noch die sieben Pilgerkirchen und wohnte der großen Papstaudienz bei. Dokumentiert wurde die Pilgerwanderung durch Stempel im Pilgerausweis. Viele Begegnungen seien in Erinnerung geblieben. Oftmals wurden die Pilger gebeten, in Rom für Angehörige der Gesprächspartner zu beten. Und dass auch der Humor nicht zu kurz kam, bewiesen Bildaufnahmen zahlreicher Kuriositäten.

 
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