Weiden in der Oberpfalz
20.09.2018 - 16:45 Uhr

Politiker besuchen Obdachlose

Alles fing an mit der Tageszeitung. Die bekamen die Obdachlosen, um Wohnungsanzeigen zu checken. Doch die politischen Themen interessieren sie genauso. Deshalb kommen Landtagskandidaten zu ihnen und nehmen ihre Wünsche mit nach München.

Wenn die Obdachlosen nicht zu den Politikern kommen, müssen die Politiker eben zu den Obdachlosen, denken sich Ursula Barrois (Mitte) und ihr Team. Klaus Bergmann und Stephan Oetzinger (von rechts), sowie Christoph Skutella (links) und Ali Daniel Zant (Dritter von links) schildern ihre Eindrücke. Bild: Beate-Josefine Luber
Wenn die Obdachlosen nicht zu den Politikern kommen, müssen die Politiker eben zu den Obdachlosen, denken sich Ursula Barrois (Mitte) und ihr Team. Klaus Bergmann und Stephan Oetzinger (von rechts), sowie Christoph Skutella (links) und Ali Daniel Zant (Dritter von links) schildern ihre Eindrücke.

(blu) Abseits der Öffentlichkeit besuchten die Politiker die Obdachlosenunterkunft in Weiden. "Um die Privatsphäre der Bewohner zu schützen", erklärt Ursula Barrois, die sie mit dem Verein Initiative unterstützt.

Barrois hatte die Politiker eingeladen, als ihr in den Gesprächen mit den Obdachlosen klar wurde, dass sie viele politische und kulturelle Interessen haben. "Nur die Leute gehen nicht raus auf Veranstaltungen, deshalb holen wir die Politiker einfach hierher." Die folgten der Einladung, besichtigten die Unterkünfte und redeten mit einigen der rund 40 Bewohner. Renato war bei allen Besuchen dabei, obwohl er nicht mehr in der Notunterkunft wohnt. Der 53-Jährige hatte das seltene Glück, eine Wohnung zu finden. Er fand die Besuche "super", wünscht sich jedoch auch: "Es wäre gut, wenn sich nach einiger Zeit jedes Parteimitglied überzeugen würde, was sich entwickelt hat."

"Familiäre Atmosphäre"

Vier Direktkandidaten für die Landtagswahl schilderten bei einer Pressekonferenz ihre Eindrücke: Stephan Oetzinger (CSU), Christoph Skutella (FDP), Klaus Bergmann (Bündnis Grüne) und Ali Daniel Zant (Die Linke). Auch Annette Karl (SPD) besuchte die Unterkunft. Das sie zur Pressekonferenz zu Sitzungen nach München musste, schildert sie ihre Eindrücke zu einem späteren Zeitpunkt. Alle lobten die "familiäre Atmosphäre" in der Unterkunft und die professionelle und herzliche Arbeit des Vereins Initiative. Dass die Baracken der Notunterkunft teilweise sanierungsbedürftig sind, darüber sind sich die Besucher einig. Trotzdem komme die Stadt ihrer Aufgabe sehr gut nach, sind sie der Meinung. Barrois wünscht sich, dass die Kommunen bei der Obdachlosenhilfe entlastet werden durch eine Regelfinanzierung von Bund, Ländern und Kommunen. Auf welche Weise die Obdachlosenhilfe weiter unterstützt werden kann, darüber sind die Politiker unterschiedlicher Meinung.

Stephan Oetzinger (CSU) hält es für wichtig, die ehrenamtliche Arbeit besser zu unterstützen. "Geld spielt da eher eine untergeordnete Rolle", sagt er. Die Menschlichkeit müsse gefördert werden. Nur auf Ehrenamt zu setzen, ist für Klaus Bergmann (Grüne) nicht genug. "Das ist eine Grundversorgung, die der Staat leisten muss. Wir sind eine reiche Nation." In die gleiche Kerbe schlägt Ali Daniel Zant von den Linken. Obdachlosenhilfe oder auch die Tafel sind für ihn "Herumdoktern an Symptomen": "So etwas sollte nicht auf Wohltätigkeit und das Ehrenamt abgewälzt werden. Das ist Staatsaufgabe." Mit einer Reichensteuer könnte man Obdachlosigkeit eliminieren.

Wohnraum heißes Thema

Auch Christoph Skutella (FDP) sieht Handlungsbedarf. Doch nicht über Steuereinnahmen, die seien ohnehin schon auf hohem Niveau. "Das ist ein Ausgabenproblem. Wir können viele unnütze Sachen einsparen." Skutella plädiert weiterhin mit den anderen Politikern für landesweite Standards bei Obdachlosenunterkünften, wie etwa fließend warmes Wasser. Dass die Warmwasserversorgung in der Obachlosenunterkunft in Weiden noch über Holzkohle funktioniere, müsse sich ändern. Doch auch seiner Meinung nach tut die Kommune ihr möglichstes. "Wir wissen ja, wie es um den Haushalt in Weiden steht", sagt er.

Nach Meinung von Bergmann und Zant mangele es an bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen, eines der "heißesten Wahlkampfthemen". Bei diese Gelegenheit entdecken sie Gemeinsamkeiten: Sowohl Linke als auch Grüne fordern 40 000 bzw. 50 000 neue bezahlbare Wohnungen in Bayern. Bergmann (Bündnis Grüne) sagt aus der Sicht des Kreisrats: "Es fehlt an kleinen bezahlbaren Wohnungen im Kreis. Da sind wir schlecht aufgestellt." Barrois fügt an: "In der Stadt auch ganz stark."

 
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