Weiden in der Oberpfalz
17.10.2018 - 10:22 Uhr

"Die Sahara ist ein großer Friedhof"

Taz-Journalist Christian Jakob zeigt die EU und ihr Engagement bei der Beseitigung von Fluchtursachen in einem etwas anderen Licht. Um Menschen in Afrika zu halten, werde sogar mit weltweit geächteten Despoten und Warlords kooperiert.

Im Pfarrheim St. Josef zeigt Christian Jakob auf, wie die EU dort sogar mit weltweit geächteten Despoten und Warlords kooperiert, um die Menschen aus Subsahara gar nicht erst nach Libyen durchkommen zu lassen. Bild: otj
Im Pfarrheim St. Josef zeigt Christian Jakob auf, wie die EU dort sogar mit weltweit geächteten Despoten und Warlords kooperiert, um die Menschen aus Subsahara gar nicht erst nach Libyen durchkommen zu lassen.

Weiden. (otj) "Diktatoren als Türsteher Europas" heißt das Buch, das Taz-Journalist und Autor Christian Jakob in St. Josef vorstellt. Mitgebracht hat er auch einen Film, der bei seiner Recherche in Afrika entstanden ist. Beide zeigen die EU und ihr Engagement bei der Beseitigung der Fluchtursachen in einem anderen Licht als die meisten Medien.

Wenn im Mittelmeer Menschen ertrinken, präsentiere sich die Allianz der Willigen aus Deutschland, Spanien und Frankreich von einer sehr menschlichen Seite. Jakob hat sich in Afrika umgesehen und schildert, wie die EU dort sogar mit weltweit geächteten Despoten und Warlords kooperiert, um die Menschen aus Subsahara gar nicht erst nach Libyen durchkommen zu lassen.

Engmaschig überwacht

"Die Sahara ist mittlerweile ein riesiger Friedhof", erklärt der Autor. Diese drastische Schilderung belegt er mit Bildern, die vom Wüstensand verwehte Leichen zeigen. Der Grund: Durch Deals mit Staaten wie Mali, Niger, Senegal, dem Sudan und Äthiopien entstand so eine europäische Grenze außerhalb Europas. Gelockt wurden die neuen Verbündeten durch die EU-Entwicklungshilfe.

So ist der einzige halbwegs sichere Weg durch die Sahara durch Checkpoints geschlossen. "Wer nur annähernd wirkt wie ein Flüchtling, wird zurückgeschickt." Auch die wenigen Wasserstellen sind mittlerweile engmaschig überwacht. Die Folge: Der Migrationsdruck der Flüchtlinge und die finanzielle Abhängigkeit der Fahrer von dem Geschäft bringt die Menschen dazu, die Checkpoints weiträumig zu umfahren. "Wenn hier das Benzin ausgeht oder eine Panne passiert, kommt niemand vorbei. Das ist der sichere Tod."

Per Haftbefehl gesucht

Dabei schreckt die EU nach Jakobs Recherchen vor der Zusammenarbeit mit Regimen wie dem Sudan und Eritrea nicht zurück. Der Präsident des Sudan, Umar al-Bashir, wird vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesucht - wegen Kriegsverbrechen in zwei Fällen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in fünf Fällen. Auch die Lage der Menschenrechte in Eritrea sei kaum besser einzustufen. Die Vereinten Nationen berichten von willkürlichen Verhaftungen und Tötungen, Folter und Kidnapping. Ein sogenannter Nationaldienst sei eine hinter Wehraufgaben versteckte Massen-Zwangsarbeit, so Jakob. Der Autor ist überzeugt davon, dass hier EU-Entwicklungshilfe als Anreiz verteilt wird, der an die Grenzsicherung geknüpft ist. Außerdem versorge die EU die Partner mit technischen Hilfsmitteln und bilde im Sudan vor Ort die Polizeitruppen aus. Auch diesen würden immer wieder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

 
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