Ersan Uzman
Jeden Tag, teils bis spät in die Nacht, verfolgt Ersan Uzman aus Weiden die Situation nach dem starken Erdbeben in der Türkei. Seit 1965 ist der gebürtige Türke in Deutschland, ursprünglich stammt er aus Istanbul. Die Bilder der Menschen, die in den Trümmern ihr Leben verloren haben und die der Helfer, die im Wettlauf gegen die Zeit nach Verschütteten suchen, rühren ihn zu Tränen. "Es ist eine Katastrophe. Erst gerade haben sie ein 8-jähriges Mädchen nach 85 Stunden aus den Trümmern gerettet." Mindestens 30.000 Menschen (Stand: 13. Februar) sind bislang durch das Erdbeben ums Leben gekommen.
Mit einem Freund, der vor Ort ist, steht Uzman in engem Kontakt. "Auch wenn die Verbindung oft schlecht ist." Oft kämen die Retter vor Ort gar nicht bis zu den Verschütteten, habe dieser erzählt. Überall würden Trümmer im Weg liegen, Bagger kämen gar nicht erst durch. Hörbar berührt ist es Uzman ein Anliegen auf die Dramatik der Situation aufmerksam zu machen – und vor allem sich zu bedanken. "Ich möchte gerne jedem danken, der hilft. Und es ist so schön zu sehen, dass die Deutschen so hilfsbereit sind und so viel unterstützen."
Nuran Göcmen
Die türkische Stadt Kirikhan in der Provinz Hatay im Süden des Landes ist seit dem Erdbeben nicht mehr wieder zu erkennen. Zerstörung wohin das Auge blickt. Die Familie der Weidenerin Nuran Göcmen (47) hat dadurch quasi alles verloren. Ihre Schwester und Nichten leben seitdem auf der Straße. „Wir sind froh, dass alle leben.“ So viel Glück hätten nicht alle gehabt.
Familienmitglieder zweiten Grades hätten es nicht rechtzeitig aus den Häusern geschafft, genauso Nachbarn. Sie alle liegen noch unter den Trümmern begraben, mitten unter den Überlebenden, die nun auf der Straße hausen. Es sei zu gefährlich in die Häuser zurückzugehen. "Die haben keinen Strom, Wasserleitungen- und Gasleitungen sind geplatzt. Das Haus meines Vaters ist auf das meiner Schwester gekippt." Immer noch bebt mehrmals am Tag die Erde, hunderte Nachbeben erschüttern die Region. Wie in einem Film, sagt Göcmen, sehe es in der Gegend aus. "Die Straßen haben sich geteilt, Rauch steigt auf." Zudem würden die Überlebenden mit der Kälte kämpfen. Mehrmals am Tag steht die Weidenerin mit ihrer Familie in Kontakt, per Whatsapp, per Video – wenn es die Verbindung zulässt. "Ich denke jede Minute an meine Familie." Göcmen will helfen. Gemeinsam mit ihren Brüdern Halit und Erdal sowie Kathrin organsiert sie von zuhause Hilfe. Göcmens Ex-Mann lebt auch in der Türkei. Mit seinem Jeep fährt er viele hundert Kilometer in Städte, in denen das Beben nicht so viel Schaden angerichtet hat. Die Weidenerin schreibt ihm eine Liste, was er kaufen und an die Menschen verteilen soll. Powerbanks, Windeln, Gaskocher, Wasser, Decken. Auch aus Weiden erfährt Göcmen viel Unterstützung. "Immer wieder finde ich Briefumschläge mit Geld in meinem Postkasten."
Nach immer mehr Anfragen hat die 47-Jährige ein privates Spendenkonto eingerichtet. Bilder und Videos aus Kirikhan zu sehen, ist für die Mutter einer Tochter fast unerträglich. Bei den Erzählungen bricht ihr die Stimme ab. Häuser sind entweder in sich zusammengefallen oder um Stockwerke nach unten gesackt. Trotzdem will die Weidenerin in den kommenden Tagen selbst in die Türkei fliegen. "Ich muss einfach meine Familie sehen." Angst habe sie natürlich. In Kirikhan – normalerweise eine Stadt mit rund 120.000 Einwohnern – ist auch ein Team von Isar Germany im Einsatz. Neben unerträglichem Leid durch die Naturkatastrophe erleben die Helfer dort auch Lichtblicke: Erst am vergangenen Freitag konnten die vielen Helfer eine Frau nach über 100 Stunden aus den Trümmern befreien.
Marina Osowski
Nicht nur viele Erwachsene belasten aktuell die Bilder aus der Türkei und Syrien. Auch viele Kinder in Weiden erfahren die Betroffenheit ihrer Eltern hautnah. Das weiß Marina Osowski, die Kindergärtnerin im "Spatzennest" in Weiden ist, zu gut. In ihrer Gruppe sind viele syrische und türkische Kinder, deren Familien in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind. "Am Tag nach den Nachrichten, habe ich sofort die Gesichter von den Eltern und den Kindern gesehen. Das ist eine absolute Tragödie." Viele hätten Angehörige verloren. Hilfe nach Syrien zu schicken, sei außerdem besonders problematisch.
Viele Kinder seien verängstigt und hätten Fragen. "Was ist ein Erdbeben überhaupt? Kann das auch hier passieren?" Osowski versucht kindergerecht zu erklären, was gerade auf der Welt passiert. "Ich denke, es ist nicht die richtige Reaktion der Eltern, gar nicht darüber zu sprechen." Mit den Familien fühlt sich die Kindergärtnerin verbunden. "In solchen Situationen zählt die Herkunft nicht, diese Tragödie schweißt uns als Menschen zusammen." Um zu helfen, spendet sie an eine Sammelstelle in der Frauenrichter Straße, die immer noch Spenden annimmt.
Abdullah Ugur
"Jede Hilfe, jede Hand ist willkommen, hier geht es schließlich um Menschenleben", sagt Abdullah Ugur aus Weiden. Der gebürtige Türke steht in engem Kontakt mit anderen Weidenern, die Kontakte in die Türkei haben. Viele seien betroffen und würden private Sammelaktionen organisieren, um den Menschen in der Türkei schnell zu helfen. "Wir brauchen nun keine große Bürokratie, sondern einfach Hilfe. Dort sieht es aus wie nach einem Krieg." Ugur fordert außerdem mehr Engagement der Politik, um das bekannte Erdbebengebiet für die Menschen sicherer zu machen: "Das wird nicht das letzte starke Beben gewesen sein."
Saif Eddin Bosnawi
"Meine Familie ist zum Glück in Sicherheit", erklärt Saif Eddin Bosnawi. Der Weidener kommt gebürtig aus Damaskus, der Hauptstadt Syriens, und lebt seit acht Jahren in Weiden. Das Erdbeben sei in Damaskus lange nicht so stark gewesen wie im nördlichen Bereich, etwa eine 4,5 auf der Richterskala – im Vergleich zu einem Wert von 7,7 in den am stärksten betroffenen Regionen. Seine Familie habe die Erschütterungen trotzdem gespürt.
"Da haben Schränke gewackelt, aber es sind keine Häuser zerstört worden." Gleich danach habe sich seine Familie bei ihm gemeldet, dass ihnen nichts passiert sei. Betroffen macht die Situation den ehrenamtlichen Feuerwehrmann bei der Feuerwehr in Weiden trotzdem. "Es gibt viele Menschen, die nun Hilfe brauchen." Bosnawi glaubt, dass vor allem der Wiederaufbau in dem gebeutelten Land schwierig werden könnte. "Die Wirtschaft ist kaputt, das Geld dort ist nicht stabil." Vertrauen und Hoffnung könne man nicht in die Regierung setzen.
Spendenmöglichkeiten in Weiden und dem Landkreis Neustadt
- Spenden über "SpaceEye" in Störnstein: VR Bank Regensburg DE53 7509 0000 0001 0491 51. Gebraucht werden stabile Zelte, Konserven, Decken und medizinischer Bedarf. Abzugeben tagsüber in Störnstein Flosserstrasse 26. Von Kleiderspenden ist abzusehen.
- Privates Spendenkonto Nuran Göcmen, Weiden: DE 23 7536 3189 0002 7365 51, Verwendungszweck: Spende für Erdbeben in Kirikhan/Hatay.
- Aktion Deutschland hilft, Bündnis deutscher Hilfsorganisationen: Spenden-Stichwort: Erdbeben Türkei und Syrien
DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
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