Exemplarisch für seine Branche wagte Stefan Voit den Schritt an die Öffentlichkeit. Der Unternehmer schrieb sich in einem Brief an die Politik „die Sorgen von der Seele“ - und gab damit nicht zuletzt den zahlreichen Hallenbau-Kollegen und Mitbewerbern gerade in der Region eine Stimme: Die Resonanz fiel nach Informationen von Oberpfalz-Medien überwältigend aus.
Die Firma Voit Stefan GmbH baute seit der Jahrtausendwende ihre Produktionsstätte zwischen Pleystein und Waidhaus - im östlichen Landkreis Neustadt - in rasantem Tempo aus. Der Stahlfertiger verarbeitet mehr als 12.000 Tonnen Stahl im Jahr und zählt heute zu den „Top Ten“ im schweren Stahlbau in Deutschland. Über 2600 Hallen in 20 Jahren sprechen für sich.
Die Entwicklung im Hallenbau schien erfreulich solide zu verlaufen: Der „Kinnhaken“ durch die Corona-Krise war halbwegs weggesteckt, die Auftragsbücher wieder proppenvoll. „Wir standen alle auf gesunden Beinen. Dann folgte mit dem Krieg in der Ukraine ein Schlag in die Magengrube“, sagt Stefan Voit. Schon einen Tag nach der russischen Invasion schnellten die Stahlpreise hoch. Damit nicht genug. Dem Vernehmen nach rücken die meisten Stahlwerke trotz voller Lager keine Ware mehr heraus. Nach Recherchen von Oberpfalz-Medien waren in der Kalenderwoche 10 dieses Jahres (7. bis 13. März) „nahezu alle Werke vom Markt“. Was in der Praxis heißt, dass die Hallenbauer weder ein Angebot erhielten, geschweige denn Bestellungen aufgeben konnten. Für die KW 11 wurde „hinter vorgehaltener Hand“ eine gewisse Entspannung erwartet – allerdings bei einer saftigen Erhöhung von zehn Prozent um weitere 200 Euro pro Tonne Stahl, innerhalb nur einer Woche. Am 16. März waren es schon 300 Euro. Und die Prognosen deuten auf eine neuerliche Anhebung hin: um weitere 200 Euro.
Bleche um 300 Prozent teurer
Die Stahlhallenbauer ringen nicht nur mit den unkalkulierbaren Preisen im schweren Stahlbau. Auch die sogenannten Dünnbleche (weniger als sechs Millimeter Blechdicke), erklimmen preislich schwindelnde Höhen. Seit dem Jahreswechsel 2020/21 müssen die Stahlfertiger für eine Tonne Bleche statt 640 Euro jetzt 2100 Euro berappen, rechnet Stefan Voit vor.
Voit schildert den Kern der Lage: „Das Problem waren nie die Angebote, die wir versendet hatten. Wir hatten zu der Zeit schon gelernt, dass wir nur noch 10 Tage ein bindendes Angebot gewähren können. Das Problem ist der Zeitraum nach dem Versenden der Auftragsbestätigung. Wir benötigen nämlich noch vier bis sechs Wochen, um Statik, Fertigungszeichnungen und Stücklisten zu erstellen. Erst dann können wir das Material bestellen.“ Nicht wenige Hallenbauer zahlen deshalb bei den Aufträgen drauf, sie bringen Geld mit. Die Stahlpreise steigen schneller, als die Kalkulationen berechnen. „Und jedes Mal ohne Vorlauf, nie konnten wir unsere Kalkulation dem ,Drohenden‘ anpassen.“ Nach Kenntnis unserer Zeitung gehen die aufgelaufenen Verluste inzwischen an die finanzielle Substanz zahlreicher Unternehmen.
Furcht vor "finalem Knock-Out"
Das unserer Zeitung vorliegende Schreiben gleicht einem „Brandbrief“: „Kein Betrieb, egal ob kleiner Handwerker, Mittelständler oder Konzern, kann dies aushalten. Ganz zu schweigen vom Ruf der Branche, weil wir unsere Liefertermine nicht einhalten können. (…) Die potenziellen Bauherren bekommen diesen Wahnsinn mit. Investitionen werden deshalb zurückgestellt oder ganz abgesagt. Mittelfristig wird das Problem also erst noch mit voller Wucht auf uns zurollen.“ Er sieht zwar für sich selber keine Existenzbedrohung, „aber für viele von uns wird dies den finalen Knock-Out bedeuten!“
Nach Meinung von Stefan Voit bedarf es eines „Notgesetzes“, das die Preisentwicklungen eingrenze. Der Unternehmer leitete sein Schreiben unter anderem an Bundestagsabgeordneten Albert Rupprecht weiter. Der CSU-Politiker wandte sich deshalb vor wenigen Tagen an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck („Existenzgefährdende Situation der metallverarbeitenden Branche“). Insbesondere die Probleme bei der Rohmaterialbeschaffung erforderten zielgerichtete Gesetzentwürfe der Bundesregierung.
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