(mte) Die beiden Jungstörche haben bereits die Flatter in Richtung Süden gemacht. Das hat Folgen für die Altvögel. "Sie sind jetzt von ihrem Ausweichquartier am Alten Rathaus zurückgekehrt in den Familienhorst aufs Alte Schulhaus", sagt Storchenhorstbetreuerin Helga Bradatsch. Nur ist das auf der eigens dafür installierten Webcam nur noch verschwommen erkennbar. "Und das ist volle Absicht", weiß Bradatsch.
Stadtsprecher Norbert Schmieglitz klärt auf: Ein Bürger brachte Einwände bei der Stadt vor. Er fühlte sich wohl durch die Aufnahmen der Kamera in seiner Intimsphäre gestört. Deshalb überprüfte der Datenschutzbeauftragte Weidens, ob das Bildmaterial den datenschutzrechtlichen Anforderungen genüge. Konkret heißt das laut Schmieglitz, es dürften auf den Bildern keine Personen, keine Autokennzeichen oder Bewegungsprofile erkennbar sein. Bei der Storchen-Webcam seien aber Leute sowie Autos samt Kennzeichen zu sehen, die die Schulgasse passieren. Die Folge: "In Rücksprache mit der IT-Abteilung hat man bereits vor vier Wochen begonnen die datenschutzrechtlichen Anforderungen zu erfüllen." Am Ende blieb nur, die Kamera bewusst unscharf zu stellen.
"Macht das denn was?"
Seither sei auch für das geübte Auge der Storchenhorstbetreuerin Bradatsch nicht mehr erkennbar, ob im Horst ein Jung- oder Altstorch sitzt. Überhaupt findet die Vertreterin des Landesbunds für Vogelschutz das ganze Treiben irgendwie "putzig": "Macht das denn was, wenn man jemanden für ein paar Sekunden aus der Ferne auf einem Foto sieht, wie er die Schulgasse passiert?" Und könne man nicht einfach die Kamera nur auf den Horst ausrichten?
Ja, es macht etwas, meint der Stadtsprecher. Und nein, die Webcam, die am Turm der Michaelskirche fest installiert ist, könne nicht so leicht anders ausgerichtet werden. Richte man die Kamera nämlich nur auf den Horst, könnten ausschließlich die langen Beine der Störche aufgenommen werden. Erfasse man die Vögel in ihrem gesamten Stockmaß, würden wiederum die Umgebung und damit das Leben in der Schulgasse sichtbar. Das Fazit ist wie verhext: "Eine Einstellung der Kamera also, die zwar den Storch scharf zeigt, im Hintergrund jedoch personenbezogene Daten wie Gesichter oder Autokennzeichen unkenntlich macht, ist technisch nicht möglich", sagt Schmieglitz.
Scharfe Störche über die Webcam gehören also der Vergangenheit an. Es sei denn, die Vögel ziehen wieder an den alten Horstplatz am Alten Rathaus zurück. Gerade hat die Stadt dort das neu gebaute Nest auf dem Dach installiert. Seite 25
Zwölf Webcams hat die Stadt
Die Storchen-Webcam ist nur eine von insgesamt zwölf Kameras, die allesamt das Leben in der Stadt festhalten. Sind mit der neuen Datenschutzgrundverordnung auch Aufnahmen von der Josefskirche, vom Oberen Markt oder von den Altstadthäusern dort passé? Darüber sei im Rathaus durchaus nachgedacht worden, weiß Stadtsprecher Norbert Schmieglitz - und gibt Entwarnung. Die Aufnahmen der anderen elf Kameras könnten mit den datenschutzrechtlichen Vorgaben in Einklang gebracht werden, sprich, sie zeigten nämlich weder Personen noch Kennzeichen in erkennbarer Weise. (mte)



















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