Macerata/Weiden. Ganz im Zeichen von Europa stand der Besuch der Weidener Delegation in der italienischen Partnerstadt Macerata. In zwei Konferenzen tauschten sich Bürgermeister und Rathausmitarbeiter über ihre europäischen Projekte aus, neue Pläne wurden gefasst. Vor allem Seggewiß nutzte jede Gelegenheit, die Vorteile Europas zu betonen und die Italiener zu ermahnen. Er war vergangene Woche mit Hauptamtsleiter Markus Kindsgrab, Rechtsdezernent Hermann Hubmann und dessen Frau Elisabeth drei Tage in Macerata.
„Wir müssen aufpassen, dass Europa nicht unter die Räder kommt“, sagte Seggewiß bei einer Konferenz zum Thema „Europa gehört den Jungen“. Er habe den Eindruck, die Italiener schwächeln im Moment. „Haben die Italiener vergessen, wie der Staat früher die Lira abgewertet hat, dass es um ihre Wirtschaft nicht gut stand?“ Import, Export und eine starke Währung würden helfen. Die gebe es dank Europa. Die Italiener sollten Populisten und Nationalisten fragen, wie sie die wirtschaftliche Situation des Landes verbessern wollen. „Dann werden sie merken, dass diese Politiker keine Antworten haben.“
Im Zeichen der Kirche stand der dritte von vier Tagen Aufenthalt in Macerata. Am Vormittag besuchte die Delegation drei romanische Kirchen im Umland. Am frühen Abend stand eine Messe vor dem Dom an. Den Namenstag von Giuliano, dem der Dom geweiht ist, feierten die Gläubigen abermals im Freien. Denn seit den schweren Erdbeben 2016 ist das Gotteshaus beschädigt. Das Fest ist eines der wichtigsten für die katholische Kirche und die Stadt. Auch die Delegationen aus den Partnerstädten Weiden, Issy-les-Moulineaux bei Paris und Floriana auf Malta nahmen daran teil.
Nach der Messe und einer Prozession durch die Altstadt wurde auf der Piazza della Libertà weitergefeiert. In einem Zelt servierten die Maceratesi leckeres Essen, oft mit Entenfleisch, denn San Giuliano ist auch der Schutzpatron der Jäger. Eine Band spielte Musik, die Besucher tanzten. In den Gassen der Altstadt hatten Händler ihre Stände aufgebaut und verkauften Kleidung, Süßigkeiten und Haushaltswaren.
In ihren Reden am Abend von San Giuliano sprachen die Bürgermeister der Partnerstädte abermals die Vorteile der Europäischen Union an. Seggewiß forderte die Zuhörer auf: „Die aktuelle politische Lage in Europa strapaziert auch Freundschaften. Unsere Freundschaft ist aber stark genug, diese Belastungen auszuhalten. Bauen wir an unserem Europa weiter! Es gibt keine Alternative. Lasst unsere Kinder in Freiheit und Offenheit aufwachsen.“ Auch seine Kollegen Alan Lévy (Issy) und Davina Sammut Hili (Floriana) betonten die internationalen Beziehungen. „Besucht die Städte. Sie sind schön“, schlug Romano Carancini, Bürgermeister von Macerata, seinen Bürgern vor. Am späten Abend klang das Fest mit einem beeindruckenden Feuerwerk aus.
Über vier Stunden lang nur ein Thema: Europa. Die Delegationen der Partnerstädte stellten bei einer Konferenz mit dem Titel „Europa gehört den Jungen“ über ihre Projekte vor, mit denen sie internationale Freundschaften vertiefen. „Es gibt viele, die nicht mehr über ihre Nasenspitze hinausschauen“, stellt Massimo Seri fest. Doch die Konferenzteilnehmer – Politiker, Wissenschaftler, Rathausmitarbeiter und Studenten – wollten an diesem Tag ganz weit schauen.
Markus Kindsgrab, Hauptamtsleiter im Rathaus Weiden, präsentierte den Reiseführer, den Schüler des Kepler-Gymnasiums über Macerata erstellt haben. Außerdem berichtete er von Valona Zenku aus der Nähe von Macerata, die ein Jahr das Augustinus-Gymnasium besucht hat. Léna Bury aus Issy-les-Moulineaux bei Paris sprach unter anderem über ein Europa-Fest für Bürger und den Austausch von Freiwilligen zwischen Weiden und Issy. Außerdem stellte die Mitarbeiterin im kommunalen Büro für internationale Beziehungen einen Jugendrat vor, bei dem junge Leute über europäische Themen diskutieren und sich für Mindestlohn einsetzten. Kindsgrabs Kommentar dazu: „Top.“
Godwin Azzopardi aus Maceratas Partnerstadt Floriana (Malta) sprach über das Wahlrecht ab 16 Jahren, das Malta nach Österreich als zweites Land eingeführt hat. „Wenn sie alt genug sind, um über ihre Zukunft und ihren Beruf zu entscheiden, dann auch über die Wahl“, sagte Azzopardi.
Nicht nur Maceratas Partnerstädte bemühen sich um internationale Freundschaften. Auch Macerata selbst unternimmt einiges, wie vier Präsentationen junger Leute zeigten. Die 24-jährige Studentin Rebecca Marconi etwa sprach über ihre Erfahrungen als Abgeordnete im Europäischen Jugendrat. Martina Fermani berichtete vom Freiwilligendienst im Ökomuseum, Ilir Hetaj von „Macerasmus“, einem Programm, bei dem ältere Studenten jüngere und ausländische unterstützen – und natürlich zusammen feiern.
„Europa ist etwas geworden, was man gar nicht mehr kennt“, fand der Soziologe Massimiliano Colombino, der die Konferenz moderierte. Professor Luigi Alici, der die Praxisberichte abstrahierte, fand: „Aus der Andersartigkeit müssen wir Nähe schaffen.“ (esa)
Eisbrecher
Alle Mitglieder der Giunta – der Ressortleiter im Stadtrat von Macerata – nahmen an einem Abendessen am Strand der Adria teil. „Das hat mir gut gefallen“, freut sich Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß über deren großes Interesse an den deutschen, französischen und maltesischen Vertretern ihrer Partnerstädte. Ein so freundschftliches Verhältnis sei nicht immer der Fall gewesen, erinnert sich Seggewiß. Mit seinem italienischen Kollegen Romano Carancini sprach er zum Beispiel über das Hochschulwesen ihrer Städte: Während es in Weiden mit der OTH eine technische Hochschule gibt, hat Macerata eine humanistisch ausgerichtete Universität mit 10.000 Studenten.
Kirchentour
Um die Gegend, in der Weidens Partnerstadt Macerata liegt, besser kennenzulernen, hat das Amt für internationale Beziehungen eine Tour zu drei romanischen Kirchen organisiert. Die Gebäude folgen in ihrer Architektur dem Stil von Cluny. Charakteristisch für Cluny sind drei Kapellen, die um den Altar errichtet sind. Unter anderem besuchten die Delegationen San Claudio al Chienti ein paar Kilometer östlich von Maverata.
Tellerdreher
Nicht nur die Oberpfälzer werfen an fernen Orten einen Blick auf die Unterseite des Geschirrs, um zu sehen, ob es aus Weiden stammt. In Macerata freut sich die Französin Léna Bury über ihre Entdeckung: Den Vorspeisenteller im Restaurant „Il Digusto“ in Macerata hat Seltmann Weiden hergestellt.
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