Im Weidener Café Mitte hat eine Gesprächsrunde über den Krieg in der Ukraine und den richtigen Umgang mit Flüchtlingen stattgefunden. Die SPD-Stadtratsfraktion organisierte das Treffen. Mit dabei: Zwei schon länger in Deutschland lebende Ukrainerinnen sowie die Vorsitzenden des Integrationsvereins für russischsprachige Mitbürger „Neue Zeiten“, Waldemar Hock und Arkadij Voloshin.
Der Verein, 2004 gegründet, hilft Ukrainern derzeit, wo es nur geht. Nicht nur, dass bereits ein großer Bus voller Hilfsgüter in das kriegsgeplagte Land abgefahren ist, die Mitglieder sammeln in ihrem Domizil in der Arndtstraße weiterhin. Nahrungsmittel, Verbandszeug und Hygieneartikel sind besonders nötig. Bald soll ein zweiter Bus starten. Im Internet unter nz-weiden.de findet man das Spendenkonto des Vereins und weitere Infos.
Unterricht bei "Neue Zeiten"
Ein großes Problem ist, so Akadij Voloshin, dass viele ukrainische Frauen zurück in ihre Heimat wollten. Voloshin lastet Putin an, dass durch dessen Krieg zahlreiche Freundschaften zerbrochen seien. Putins Aktion sei eine „Katastrophe“. Waldemar Hock berichtete, dass es sogar in ukrainisch-russischen Familien Streit um den Krieg gebe. „Krieg ist für jede Seite schlecht“, sagt Hock. Er bot die Räumlichkeiten von „Neue Zeiten“ als Unterrichtsräume an. Es gebe dort bereits eine „Kinderakademie“ mit drei Gruppen.
„Auch russische Leute haben viel geholfen“, sagte Oksana Alacam. Die 48-Jährige ist seit 20 Jahren in Weiden, arbeitet als Servicekraft im Altenheim und hat zwei Erwachsene und drei Kinder bei sich aufgenommen. Ihre eigene Familie lebt immer noch an der Schwarzmeer-Küste. In höchster Sorge telefoniert Alacam täglich mit ihnen. „Das ist Politik: Die großen Leute spielen Krieg, und die armen Leute sterben“ sagt sie.
Olena Khibovska (42), die ebenfalls im Altersheim arbeitet, hat auch eine Flüchtlingsfamilie bei sich aufgenommen, eine Frau mit drei Kindern. Die Mutter weine jeden Tag, berichtet Khibovska, die selbst zwei Kinder hat. Wenn ein Hubschrauber über das Haus fliege, würden die Kinder glauben, es kämen Raketen. „Ich hasse die Leute, die in mein Land einfallen. Jedes Land muss doch selbst entscheiden, welchen Weg es gehen will. Das darf nicht Putin entscheiden!“, sagt Khibovska.
Psychologische Hilfe nötig
Die SPD sieht ebenfalls noch viel Handlungsbedarf. Fraktions-Chef Roland Richter rief dazu auf, zu klären, was an Hilfe gebraucht wird. Stadträtin Sema Tasali-Stoll bot an, russischsprachige Medizinerkollegen zu vermitteln, die psychologische Betreuung leisten könnten. Stadtrat Matthias Holl beklagte, dass in allen Weidener Kindergärten Erzieherinnen fehlten. Sein Lösungsvorschlag: Deutschsprachige Flüchtlingsfrauen könnten zeitweise Betreuungsaufgaben übernehmen.
Auch Fragen zu Entschädigung und Versicherung sind ungeklärt. Zudem gelten Ukrainer, die vor dem 24. Februar ins Land gekommen sind, offiziell nicht als Kriegsflüchtlinge. Manfred Laurich appellierte, der Aufenthaltsstatus der Flüchtlinge müsse schnellstmöglich geklärt werden, die Kinder müssten in den Kindergarten gehen können und in die Schule. Das „Chaos“ bei der Flüchtlingsaufnahme, es dürfe nicht weitergehen.
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