Weiden in der Oberpfalz
15.10.2018 - 11:08 Uhr

Verdi: Sozialkampf geht weiter

Die Frage dürfe nicht lauten, wie viel Sozialstaat man sich leisten könne. „Sie muss lauten: Wie viel Sozialstaat müssen wir uns leisten, wenn wir sozialen Frieden und Zusammenhalt wollen“, so Helmut Fiedler bei der Verdi-Jubilarehrung.

Die Stütze der Gewerkschaft: Jubilare, die seit 70, 65, 60 und 50 Jahren die Treue halten. Bild: Kunz
Die Stütze der Gewerkschaft: Jubilare, die seit 70, 65, 60 und 50 Jahren die Treue halten.

Sein Motto am Freitagabend bei der Jubilarehrung im Rothenstädter Lehnersaal: "Wer, wenn nicht wir?" Die Jubilare hätten mitgeholfen, den deutschen Sozialstaat zu errichten. Zur Gewerkschaft gebe es, bei aller Kritik, keine Alternative. Fiedler kam auf den permanenten Aufschwung in Deutschland seit fast zehn Jahren zu sprechen. Bei vielen sei die positive wirtschaftliche Entwicklung aber nicht in den Geldbeuteln angekommen.

Die Arbeitslosigkeit sei niedrig, heiße es. "Aber welche Jobs?" Zeitarbeit, Leiharbeit, 400-Euro-Jobs, Befristungen, Werkverträge, Rentenabsenkungen, Pflegenotstand, Zwei-

klassenmedizin. Und stets wurde diese Entwicklung den Gewerkschaften mit ihren "unflexiblen Arbeitnehmerrechten" in die Schuhe geschoben. Betriebsräte würden als Arbeitsplatzvernichter diffamiert.

Acht Stunden die Norm

Das Gegenteil sei der Fall: "Wir sind schuld, dass der Acht-Stunden-Tag zur Norm geworden ist, dass es in Deutschland ein Kündigungsgesetz gibt und dass jeder bei Krankheit sechs Wochen Lohnfortzahlung erhält." Fiedler ging noch weiter: bezahlter Urlaubsanspruch, Parität bei den Sozialbeiträgen, Arbeitslosenunterstützung, Elternzeit und Rente.

Der "Exportweltmeister" werde auf dem Rücken anderer Länder ausgetragen: "Schweiz und Österreich beschweren sich wegen der niedrigen Lohnstückkosten", die nur in Japan noch tiefer lägen. Gewinnmaximierung à la Deutschland, werde nur unter betriebswirtschaftlichen Aspekten, nicht unter volkswirtschaftlichen betrachtet.

Rentnerarmut droht

Immer mehr Menschen müssten mit Niedriglöhnen auskommen. "Wir sprechen inzwischen über Armut trotz Arbeit." Und das betreffe auch die Rentenproblematik. Hier werde künstlich ein Generationenkonflikt beschworen, der nur ablenken wolle vom wahren Konflikt in der Gesellschaft: "Der tobt zwischen Arm und Reich, nicht zwischen Jung und Alt." Mehr als 400 000 Rentner in Bayern seien von Armut bedroht.

Weitere 80 000 ältere Menschen lebten von Sozialhilfe, weil ihre Rente so klein sei, dass sie zum Leben nicht reiche. Die Realrente in der Oberpfalz: 1000 Euro bei Männern, keine 500 Euro bei Frauen. "Wir müssen weiterhin für unsere Rechte kämpfen." Und: "Mischen wir uns ein, zeigen wir, dass wir der gewichtigere Teil der Wirtschaft sind."

Landtagsabgeordnete Annette Karl (SPD) unterstrich die Gefahr, dass derzeit alles auf den Prüfstand gestellt werde, was die Gewerkschaften errungen hätten. Oberbürgermeister Kurt Seggewiß betonte die Arbeitnehmerrechte, die in der Vergangenheit erkämpft worden seien.

Hintergrund:

Die Jubilare

Für 70-jährige Treue wurden geehrt: Georg Kick, Johann Reger, Georg Schlosser und Franz Wamser. Für 65 Jahre Anneliese Gerstenberger, Agnes Schwankl, Adolf Bogner, Hein Gerstenberger, Josef Gläßl, Helmut Scharrer und Hans Sier.

Für 60 Jahre: Franz Brunner, Alois Kleber, Josef Kroher, Werner Stocker, August Striegl, Alois Unger, Bernhard Weiß, Karl Weiß und Horst Willax.

Für 50 Jahre Maria Grasser, Waltraud Haberkorn, Elfriede Pohlt, Agnes Söllner, Ingried Völkl, Alexander Bagada, Konrad Bezold, Werner Egeter, Lothar Ernst, Georg Forster, Waldemar Hampl, Detlef Häring, Erwin Kneidl, Erich König, Wilhelm Riester und Oskar Salfetter.

Für 40 Jahre geehrt wurden Renate Ascherl, Eva Baierlein, Ulrike Eigner, Margot Frank, Brigitte Fuhrmann, Beate Köstler, Brigitte Lindner, Erika Neid, Annemarie Piontek, Angela Scherm, Magdalena Sier, Ursula Straka, Traudl Wimmer, Christine Wolf, Maria Zielbauer, Margarete Zitzmann, Peter Baier, Walter de la Barre, Anton Fellner, Rainer Fritsch, Reiner Gäbl, Richard Häring, Peter Hartung, Peter Heigl, Max Hermann, Berthold Herrmann, Udo Herrmann, Siegfried Jäger, Josef Koller, Manfred Koller, Hubert Kopp, Wolfgang Kurzwart, Johann Mezerecki, Thomas Neumann, Berthold Preiss, Helmut Reil, Georg Schächtl, Josef Schell, Gerhard Schönig, Bernhard Unger, Horst Washausen und Peter Weis. Für 25 Jahre ehrte Verdi die Mitglieder: Sandra Beimler, Tanja Bösl, Conchita de la Vega, Tonja Dötterl, Diana Engel, Irmgard Fink, Sigrid Frischholz, Erna Gollwitzer, Alexandra Hagn, Gabriele Herrmann, Kamelia Issagoulova, Karin Kraus, Maria Liegl, Birgit Magerer, Gisela Mikolaiczyk, Silvia Muckenschnabel, Elisabeth Nickl-Träger, Petra Obermeier, Regina Pausch, Carina Prucker, Pauline Schell, Klaudia Schenk, Annett Schittenhelm, Sandra Schmidt, Andrea Schreglmann, Diana Siebert, Nicole Troidl, Carola Voss-Kraus, Herbert Bürger, Bernd Gebert, Albert Gleißner, Joachim Hetschger, Martin Hladik, Thomas Holfelder, Alexandr Issagoulov, Anton Jäger, Jörg Kollex, Hans-Walter Krüger, Alfons Lacher, Alfred Lang, Andreas Meier, Stefan Pongratz, Thomas Prem, Markus Röhrer, Holger Stiersdorfer und Reinhard Wolf. (uz)

Verdi-Jubilare, die für 25 und 40 Jahre geehrte wurden. Bild: Kunz
Verdi-Jubilare, die für 25 und 40 Jahre geehrte wurden.
 
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