Weiden in der Oberpfalz
21.09.2021 - 12:14 Uhr

Vogelsang und Sturmgebraus bei Max-Reger-Tagen

Prof. Martin Sturm am Spieltisch der Weimbs-Orgel in St. Michael. Er kennt viele originale Orgeln aus Regers Zeit und hat einen außerordentlichen Klangsinn für dessen Musik entwickelt. Bild: dok
Prof. Martin Sturm am Spieltisch der Weimbs-Orgel in St. Michael. Er kennt viele originale Orgeln aus Regers Zeit und hat einen außerordentlichen Klangsinn für dessen Musik entwickelt.

Orgel muss sein bei den Max-Reger-Tagen, denn Reger hat Meilensteine der Orgelliteratur komponiert, viele davon in Weiden. Am Sonntag setzte sich in St. Michael der grandiose Martin Sturm (29, Professor in Weimar) damit auseinander. Wie wenige seiner Kollegen ist Sturm ebenso stark im Spiel von fertigen Noten wie in der Improvisation. Er nutzte in der mit rund 100 Hörern gut besuchten Kirche dieses Talent, um ein kluges Programm zu gestalten: Reger, dessen Umfeld und Inspiration.

Ländliche, fast heile Oberpfälzer Welt, in der Reger aufwuchs, beim „Capriccio von der lieblich Nachtygall“ mit süßen Flöten- und Streicherklängen. Als schockierende Attacke darauf Regers „Symphonische Phantasie und Fuge“ op. 57 (1901), Erschütterung, Verzweiflung, Verdammnis mit Erlösung durch eine raffinierte Doppelfuge. Eine mäuschenstill meditierende „Metamorphose zu Regers lateinischem Requiem“ mit selten zu hörenden Effekten wie Abschwächung des Orgelwindes, als würde das Lebenslicht ausgeblasen. Regers „Komm süßer Tod“ WoO IV/3, außerordentlich feinsinnig registriert.

Zum Schluss eine improvisierte „Liturgie für Orgel“ in fünf Teilen, nicht auszuschließen, dass Reger seinerzeit so in St. Michael experimentiert hat, als Postludium eine erstaunliche dreifache Fuge, das letzte Thema mit Bezug auf den Namen „B-A-C-H“.

Martin Sturm zeigte großes Format. Sein lebendiges, nie an den Noten klebendes Spiel zog die Aufmerksamkeit magisch auf sich. Selbst im wildesten Getümmel des Opus 57 gestaltete er überlegen, vermittelte tiefe Einblicke in das Werk, Extralob für Klangsinn und Registrierkunst. Noch selten durfte man erleben, wie farbenreich, klar, wie fast unhörbar leise die Weimbs-Orgel klingen kann. Standing Ovations und als Zugabe „Guten Abend, gute Nacht“. Auf Wiederhören!

 
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