Weiden in der Oberpfalz
28.09.2018 - 10:14 Uhr

Vorsicht bei Fledermaus

Die Spirke stirbt. Die meisten dieser Moor-Latschen haben sich aus den Moorgebieten der Mooslohe still und leise "verabschiedet", gesteht Stadtförster Wolfgang Winter bei der Waldbegehung. Mit großer Vorsicht siedelt die Stadt hingegen die geschützten Fledermäuse aus dem künftigen Gewerbegebiet West IV um.

Stadtförster Wolfgang Winter (rechts) informiert die Stadträte bei der Waldbegehung. Erstmals dabei: Reinhold Witt, der neue Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weiden (links). Bild: Wieder
Stadtförster Wolfgang Winter (rechts) informiert die Stadträte bei der Waldbegehung. Erstmals dabei: Reinhold Witt, der neue Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weiden (links).

(wd) Die zwölf Stadträte sowie Oberbürgermeister Kurt Seggewiß und Bürgermeister Jens Meyer sind in den unterschiedlichen Wäldern am Schwedentisch, an der Mooslohstraße und hinterm Schätzlerbad unterwegs. Sie pendeln zwischen dem Wald der Stadtwerke, Stadt- und Stiftungswald, besichtigen Kiefern-Altbestände, die inzwischen mit Buchen, Eichen und Linden unterpflanzt sind, prächtig wachsende Aufforstungen auf Ausgleichsflächen, stehen auf austrocknendem Moor oder auf Magerrasen. Erstmals begleitet Reinhold Witt, der neue Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weiden, die Stadträte bei der Waldbegehung.

Winter erklärt die Merkmale von Sand- und Moorbirken, amerikanischer Sumpf-, einheimischer Stiel- und Traubeneiche, schildert die Lage auf dem Holzmarkt nach Borkenkäfer- und Sturmschäden. Die Waldbesitzer seien der Holzindustrie dankbar, dass sie Stämme sehr zügig aus den Wäldern abtransportieren lasse. Zusätzlicher Holzeinschlag sei derzeit nicht sinnvoll, sondern strikte Hiebzurückhaltung empfohlen. Im Herbst werde sich zeigen, wie sich der Holzpreis entwickele. "Das wird spannend."

West IV im Hintergrund

Der Stadtförster nutzt jedoch immer wieder die Chance, um die Stadträte in die Geheimnisse des europäischen Artenschutzrechtes, des bayerischen Waldrechts, des Baurechts und des deutschen Naturschutzrechts einzuweihen. Aus diesem Vierklang ergeben sich immer wieder auch Misstöne, also Forderungen, etwa bei Rodungsanträgen, die zu unterschiedlichen Vorgaben und Rechtswegen führen. So sind Rodungsanträge ab 10 Hektar nicht nach dem Waldgesetz, sondern nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz zu behandeln. Oft unausgesprochen stehen an diesem Nachmittag die nötigen Ausgleichsmaßnahme für die Eingriffe in Natur und Landschaft im Weidener Westen im Hintergrund der Diskussion.

Das alles ist ziemlich kompliziert, denn die jeweiligen Gesetze geben verschiedene Ausgleichskategorien vor, die abzuarbeiten sind. Winter zeigt sich überzeugt, dass die Stadt bei der Vorbereitung dieses Gebietes nicht nur alle Vorgaben erfüllt, sondern vieles "noch richtiger gemacht" habe , nämlich frühzeitig in die Ausgleichsthematik eingestiegen sei.

Gut aufgestellt

Deshalb seien "normalerweise" beim weiteren Bauleitverfahren keine großen Überraschungen zu erwarten. Es sei denn, das laufende "Update" des speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) würde völlig neue Gesichtspunkte ergeben. Unsicherheiten ergäben sich eventuell noch aus der Bewertung der Schwere der Eingriffe ins Landschaftsbild. "Ansonsten stimmt die Öko-Bilanz. Wir sind gut aufgestellt."

Penibel beachtet die Stadt im Bauleitverfahren den Anhang IV im europäischen Artenschutzrecht, etwa beim Fledermausvorkommen. 16 Arten leben in Gebiet von West IV und müssen ein Jahr vor der 2020 geplanten Rodung umgesiedelt sein. Schon zwei Jahre vor dem anstehenden "Umzug" ließ Winter - wie vorgeschrieben in fünf Kilometer Umkreis der bisherigen Habitate - auf insgesamt 41,6 Hektar im Stadt- und Stiftungswald 105 Fledermaushöhlen in 35 Gruppen aufhängen. Hinzu kommen 30 Vogelnistkästen. Verlassene Bruthöhlen im künftigen Gewerbegebiet werden versiegelt, um eine Rückkehr der Tiere zu erschweren und sie vor dem Tod zu bewahren.

Neues Heim: 105 Fledermaushöhlen hat die Forstabteilung bereits für die Fledermäuse aufgehängt, die aus dem künftigen Gewerbegebiet West IV umgesiedelt werden müssen. Bild: Wieder
Neues Heim: 105 Fledermaushöhlen hat die Forstabteilung bereits für die Fledermäuse aufgehängt, die aus dem künftigen Gewerbegebiet West IV umgesiedelt werden müssen.
 
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