Wenn man einen geraden Zweig auf einen gekrümmten legt, kann man mit viel kindlicher Fantasie Pfeil und Bogen erkennen und sich wie ein Indianer fühlen. „Ein Stock ist ein tolles Spielgerät. Er kann alles sein, vom Flugzeug bis hin zum Zauberstab“, erklärt Sabrina Schwabl die Idee, die hinter dem Konzept Waldkindergarten steht. Sie ist Leiterin dieser Einrichtung, die vom „Learning Campus“ getragen wird. Seit Montag tollen die Kinder nach zweieinhalbmonatiger Corona-Zwangspause einmal mehr in der Nähe der Heiligen Staude durchs Gestrüpp.
„Wir sind wieder im Regelbetrieb und dürfen mit allen Kindern hier sein“, sagt die Leiterin am Mittwoch. Die beiden 20- und 21-Kinder-starken Gruppen wurden räumlich getrennt. Während die eine Hälfte der Zwei- bis Sechsjährigen beim Hauptplatz betreut wird, stöbert die andere rund 250 Meter Luftlinie südlicher durch den Wald. Natürlich unter Beaufsichtigung von insgesamt sechs Erzieherinnen und Kinderpflegern. Die Plätze sind heiß begehrt. „Wir haben eine Warteliste.“
„Normalerweise wären wir mittwochs alle gemeinsam hier auf dem Waldplatz.“ Aber Corona erfordere neue Varianten. Deshalb betreue man beiden Gruppen getrennt. Damit sich die Kinder nicht langweilen, wurden für sie eine Polizeistation, ein Unterstand und ein Rutschberg gebaut. „Wir hatten leichte Bedenken, wie es mit dem Neustart werden würde, ob es viele Tränen geben wird. Aber überhaupt nicht. Die Kinder waren total begeistert.“
„Die verhielten sich so, als wären sie nie weggewesen. Man merkt, dass sie sich gegenseitig sehr vermisst haben.“ Kein einziges Kind sei etwa aus Angst seiner Eltern, es könnte sich anstecken, weggeblieben. „Alle sind da. Die Eltern sind froh und freuen sich über die Unterstützung.“ Betreuungszeit ist täglich von 7.30 und 14 Uhr. Zweimal pro Woche ziehen die Gruppen auf großer Trecking-Tour durch den Wald und entwickeln dort ganz tolle Spielideen.
Von einem normalen Kindergarten unterscheide sich der Waldkindergarten zunächst, weil es hier im Wald kein Gebäude gebe, erklärt Sabrina Schwabl. „Wir haben drei Bauwägen, die nur als Materiallager dienen. Wir sind viel an der frischen Luft und unser Konzept lautet: Lernen in und mit der Natur.“ Auf diese Weise würden die Kinder das ganze Jahr über betreut. Den Kindern werde spielerisch bewusst gemacht, was man mit der Natur alles machen könne, ohne sie zu beschädigen.
„Wir begleiten die Kinder in ihrer Entwicklung, überlassen sie aber sich selbst und lassen ihnen ihre Grenzen erleben.“ Die Spielsachen: Alte Töpfe, Pfannen, Kinderschubkarren und Werkzeuge. Nicht gerade Pippi Langstrumpf: „Aber man spürt, dass die Kinder Spielsachen, wie man sie von zuhause kennt, hier nicht brauchen.“ Die Leiterin: „Bei Regen stellen wir uns unter. Auch Schnee macht uns nichts aus.“ Wenn es ganz dicke komme – bei Sturmwarnung ab Stärke acht, bei Gewitter oder wenn es kälter als minus zehn Grad sei - dann weiche man ins Jugendzentrum aus.
Für den Neustart habe man ein eigenes Hygienekonzept entwickelt. Noch mehr Händewaschen, auch wenn es vor Ort keine Wasserleitung gebe. Wasser werde über Kanister organisiert. Auch die Bring- und Abholsituation sei aus Infektionsschutzgründen geändert worden. Während dieser Phase müssten Eltern und Erzieherinnen Mund- und Nasenschutzmasken. Man halte sich streng an die Handreichung des Freistaats Bayern. So müssten die Eltern in den Autos bleiben. „Und wir holen und bringen die Kinder.“ Im Kontakt zum Kind sei das Tragen von Masken nicht notwendig. „Außer beim Wickeln.“
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