Weiden in der Oberpfalz
07.02.2020 - 11:01 Uhr

Was war zuerst: Psychose oder Sucht?

Mit dem Thema „Psychose und Sucht“ wurde die Veranstaltungsreihe der Psychoseseminare eröffnet. Betroffene, Angehörige und Besucher trafen sich zum Erfahrungsaustausch mit Fachexperten aus Sozialpsychiatrischen Dienst und Suchtberatung.

Die Psychologen Tobias Hauer und Sabine Frischholz leiten das erste Psychoseseminar 2020. Bild: Bühner
Die Psychologen Tobias Hauer und Sabine Frischholz leiten das erste Psychoseseminar 2020.

„Menschen, die mit einem Suchtproblem in die Beratung kommen, berichten sehr häufig auch über ihre psychischen Probleme“, stellte Psychologe Tobias Hauer fest. Um in der Beratung und eventuell auch der Therapieempfehlung an der richtigen Stelle ansetzen zu können, müsse die Entstehungsgeschichte und der Zusammenhang dieser beiden Belastungsfaktoren untersucht werden. „Was war zuerst da?“ lautet dazu eine der wichtigsten Fragestellungen, die geklärt werden müsse.

In der Beratung sollte dazu erst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht werden, sagte Hauer. Auch die Wissenschaft habe keine feste Antworten über vorhergehenden Abläufe, wenn Suchtprobleme und psychische Probleme gleichzeitig auftauchen. Ein wissenschaftliches Modell dafür sage: „Man braucht eine genetische Vorbelastung. Kommen dann Stressfaktoren dazu, kann dies ein Suchtproblem auslösen.“ Im konkreten Einzelfall gibt es also keine feste Antwort zum Beispiel auf die konkrete Frage „Löst die Psychose den Cannabis-Konsum aus, oder ist es umgekehrt?“ Hauer empfahl Betroffenen, darüber nachzudenken: „Was will ich mit dem Suchtmittel bewirken?“ Der Berater werde versuchen, viel Verständnis zu zeigen, sich in den Gesprächspartner hinein zu versetzen aber auch zu zeigen, dass Alkohol oder Drogen kein Ausweg sein kann.

Die Beratungsstelle sollte als Zwischenschritt vor einer eventuell weiteren Therapie betrachtet werden. „Selbstverständlich sind wir zur Verschwiegenheit, auch gegenüber Familienangehörigen, verpflichtet“, sagte Psychologin Sabine Frischholz vom Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas. Teilnehmer des Psychoseseminars berichteten auch über eigene Therapie-Erfahrungen. Viel Lob erhielten die psychosomatischen Kliniken. „Dort wurde ausführlich mit mir gesprochen“, sagte eine Seminarteilnehmerin. Anders als in vielen psychiatrischen Kliniken gebe es dort auch ein breites ergänzendes Angebot wie beispielsweise Sport-, Physio-, Sozial-, oder Kunsttherapie. „Ich öffne mich in einer psychosomatischen Klinik leichter“, sagte eine andere Stimme aus der anonymen Gesprächsrunde. Wie sehr auch die ganze Familie unter der Sucht eines Familienmitglieds leidet, wurde von Gesprächsteilnehmern auch deutlich gemacht. Ein Teilnehmer berichtete, dass sein starker Drogenkonsum zu immer mehr Angst vor dem Autofahren geführt habe.

Bedauert wurde von einigen Gesprächsteilnehmern das Defizit an familientherapeutischen Einrichtungen in der Region. Eine Teilnehmerin erzählte, dass sie es gelernt habe „mit der eigenen Psyche umzugehen und ein Medikament gezielt einzusetzen, wenn die Belastung droht“. Doch es gab in der Gesprächsrunde auch jemand der sagte: „Ich habe keine psychischen Probleme, sondern konsumiere, um mein Leben mehr zu genießen.“

 
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