Weiden in der Oberpfalz
30.09.2019 - 17:40 Uhr

Weidener feiert seinen 50. im Knast in Kolumbien

In einem Schützenheim feiern? Nichts für Stephan Maschke aus Weiden. Seinen 50. Geburtstag im November begeht er an einem besonderen Ort: im Frauengefängnis von Cartagena.

Der Weidener Stephan Maschke (links) feiert demnächst seinen 50. Geburtstag in Kolumbien an einem besonderen Ort. Sein Kumpel Jürgen Weber ist mit dabei. Bild: Gabi Schönberger
Der Weidener Stephan Maschke (links) feiert demnächst seinen 50. Geburtstag in Kolumbien an einem besonderen Ort. Sein Kumpel Jürgen Weber ist mit dabei.

Sein Kumpel Jürgen Weber, ebenfalls aus Weiden, begleitet ihn bei dem Abenteuer. Die beiden kennen sich seit 25 Jahren. Die reisefreudigen Freunde zog es schon öfters in die Ferne, bevorzugt in die Karibik. Auf San Andrés beging Weber vor einigen Jahren seinen 40. Geburtstag, beim letzten "Runden" waren sie in Rom. Und bald steht Stephan Maschkes 50. an." "Ich wusste lange nicht, wo die Party steigen soll", sagt er im Gespräch mit Oberpfalz-Medien.

Der Zufall half. Vor ein paar Wochen sitzt Maschke im Wartezimmer beim Arzt und greift statt zu einer Sportzeitschrift zum Magazin "Stern". Ein Artikel über ein Resozialisierungsprojekt in einem Frauengefängnis in Cartagena in Kolumbien fasziniert ihn. Dort gibt es das Restaurant "Interno", das von den Häftlingen geleitet wird. Er notiert sich den Kontakt - und fackelt nicht lange. Der Weidener mit spanischen Wurzeln ruft an. "Leider ausgebucht" heißt es am anderen Ende der Leitung. "Ich hab' nicht locker gelassen und dann nochmal eine WhatsApp geschickt. Schließlich habe ich ja eine weite Anreise", lacht Maschke. Es klappt. Für den 16. November um 19 Uhr sind nun zwei Plätze reserviert.

Als Tauchlehrer in Karibik gearbeitet

Auch die Flüge und das Hotel sind gebucht. "Wir hängen natürlich noch ein paar Urlaubstage dran", sagen die Freunde. Sie sind gespannt, wie der Abend verlaufen wird. Angst haben sie beide keine. "Bei Kolumbien denken die meisten an Gewalt und Drogen. Wir waren schon mal in dem Land. Unbehagen haben wir nie verspürt", sagt Stephan Maschke. Es komme immer auch darauf an, wie offen und freundlich man auf die Menschen zuginge. "Und du musst ihnen mit Respekt begegnen", ergänzt Jürgen Weber. Sie hätten schon viele gute Gespräche geführt, denn "die Menschen in Südamerika sind durchaus an Europa interessiert".

Stephan Maschke ist ein Globetrotter. Fünf Jahre lang lebte er bis 1997 in der Dominikanischen Republik. "Statt zu studieren habe ich mir mit 22 Jahren ein One-Way-Ticket gekauft", erzählt der 49-Jährige. Das sei so gar nicht im Sinne seiner Mutter gewesen. Sie ist Spanierin, sein Vater stammt aus Windischeschenbach. Maschke, der damals in der Karibik als Tauchlehrer Geld verdiente, fing nach seiner Rückkehr nach Deutschland bei der Mitras eine Ausbildung an, studierte später Wirtschaftswisenschaften. Heute ist er Sales Manager bei MKey-Solution in Ammerndorf, einem Unternehmen für Messtechnik und Automatisierungssysteme. Aus einer früheren Beziehung hat er eine 22-jährige Tochter. Von der Mutter hat er eindeutig das Talent für Sprachen geerbt. Maschke spricht Spanisch, Französisch, Galizisch, Italienisch und Englisch. "Da kann ich nicht ganz mithalten", lacht sein Kumpel Jürgen Weber. Er habe neben Englisch noch Oberpfälzisch im Angebot. Der 50-Jährige arbeitet als Elektriker bei Pilkington in Weiherhammer und war schon immer der ideale Reisebegleiter, wie er sagt. "Wir ergänzen uns perfekt. Auf unseren Reisen wird es nie langweilig."

Dem Geburtstag selbst blickt Stephan Maschke gelassen entgegen. "Ich freue mich auf echtes kolumbianisches Essen und lasse mich überraschen." Da die Frauen im Restaurant "Interno" von Starköchen angeleitet werden und das Niveau entsprechend hoch sein soll, dürften Meeresfrüchte-Risotto, Shrimps in Kokosmilch oder Minzsalat keine Wünsche offen lassen. Für ein Menü zahlen Gäste 90 000 Kolumbianische Peso, umgerechnet 24 Euro.

Das Projekt des Frauengefängnisses hat die Freunde sofort überzeugt. "Den Häftlingen wird dort eine zweite Chance gegeben, und das ja scheinbar erfolgreich", sagt Stephan Maschke. Dass sie von Erpresserinnen oder Diebinnen bekocht und bedient werden, stört sie nicht. "Das macht es doch gerade aus. Hier treffen zwei Welten aufeinander. Es ergeben sich bestimmt tolle Gespräche." Einzig, dass es keine Kontrollen der Gäste geben soll, macht die Reisegefährten stutzig. Kann das wirklich funktionieren? "Wir werden berichten, wie es war", versprechen sie.

Stephan Maschke (links) und Jürgen Weber kennen sich seit 25 Jahren. Bild: Gabi Schönberger
Stephan Maschke (links) und Jürgen Weber kennen sich seit 25 Jahren.
Info:

Zweite Chance

Es war der Besuch in einem kolumbianischen Gefängnis, der die ehemalige Schauspielerin Johana Bahamón auf eine Idee brachte. Sie wollte dem Elend in den Gefängnissen ein Ende setzen und startete ihr "Friedensprojekt". Sie gründete "Segundas Oportunidas - zweite Chancen", ein Resozialisierungsprojekt für weibliche Häftlinge. Seit 2016 gibt es im Frauengefägnis von Cartagena das Luxusrestaurant "Interno", geführt von straffällig gewordenen Frauen - weltweit einmalig. Es gibt keine Eingangskontrollen, dafür aber spannende zwischenmenschliche Beziehungen mit den Gästen. Noch kein Häftling habe einen Fluchtversuch unternommen, heißt es. Die Angestellten können durch ihre Mitarbeit die Haftzeit verkürzen. Mit dem Erlös werden unter anderem Ausbildungen oder Therapien finanziert. Das Restaurant (60 Plätze) ist fast immer ausgebucht.

Wo Erpresser und Diebe das Risotto servieren

 
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