Am Mittwoch findet sich der 35-Jährige vor dem Amtsgericht Weiden wieder. Der Vorwurf: Titelmissbrauch. Ein Kollege aus Regensburg, der im Vorstand des Zahnärztlichen Bezirksverbandes sitzt, hat ihn gemeldet. In Tschechien wird der Doktortitel mit dem erfolgreichen Abschluss des sechsjährigen Medizinstudiums verliehen. In Deutschland bedarf es zusätzlich einer Promotionsarbeit. Folgerichtig darf sich Svoboda nicht „Dr.“ nennen, sondern „MUDr.“ („medicinae universae doctor“, Doktor der Medizin). Das Amtsgericht brummte Svoboda einen Strafbefehl über 5000 Euro auf. Dagegen legte er Einspruch ein.
Vier Jahre hat Svoboda in Südtirol, Italien, praktiziert. Nie hat sich jemand an dem Doktortitel gestört. 2014 verlegte er seinen Wohnsitz von Südtirol nach Deutschland, inzwischen nach Regensburg, weil seine Frau hier als Allgemeinärztin Anstellung fand. Er habe damals bei der Landesärztekammer angefragt: Dort habe man ihm am Telefon sinngemäß gesagt, dass ein „MuDr.“ hierzulande nicht bekannt sei. Gebräuchlicher sei „Dr.“. Zur Praxisübernahme in Weiden 2018 ließ Svoboda seine Telefonbuch- und Interneteinträge entsprechend gestalten. Er habe dabei nichts Böses im Sinn gehabt, beteuert der Vater zweier Töchter vor Amtsrichter Dennis Herzog. „Ich bin zufrieden mit meinem Titel mit den vier Buchstaben. Ich wusste nicht, dass ich mich damit besser mache.“
Laut Anwalt Johannes Büttner hat sich der Zahnarzt redlich bemüht, den Titel in allen Veröffentlichungen zu ändern – was im Internet gar nicht so einfach sei. „Google kriegt’s einfach nicht auf die Reihe.“ Der Verteidiger betonte zudem, dass die Bestrafung von Titelmissbrauch als Schutz der Allgemeinheit vor Scharlatanen gedacht sei. „Wir haben hier aber einen Arzt, der auch Arzt ist.“ Richter Herzog stieß sich daran, dass selbst am Vortag der Verhandlung noch immer ein Youtube-Video abrufbar gewesen sei, in dem sich die „Praxis Dr. Svoboda“ vorstellt. Herzog nannte dies ein „sportliches Nachtatverhalten“. Ohnehin wisse er um die „schnuffige“ Handhabung bei Doktortiteln bei Berufsdoktoraten.
Das Problem besteht nicht nur bei osteuropäischen Ärzten. Konfrontiert werden deutsche Behörden mit Berufsdoktoraten auch bei Ärzten, die in Österreich oder den USA studiert haben. Typische Beispiele sind die Titel „M.D.“ („Doctor of Medicine“) aus den USA (selbst dann, wenn sie von renommierten Universitäten wie Harvard stammen), „Dr. med. univ.“ aus Österreich sowie „MUDr.“ („medicinae universae doctor“) aus Tschechien und der Slowakischen Republik. Keiner darf sich in Deutschland „Dr.“ nennen.
Svoboda und seinem Verteidiger gelang es zumindest, eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage zu erreichen. Staatsanwältin Sandra Dechant honorierte das nachgewiesene Bemühen um die Löschung des Titels im Internet. Die Geldauflage wurde auf 2000 Euro festgelegt.
Seinen beruflichen Start in Weiden hätte sich der 35-Jährige anders vorgestellt. Er kam im dunkelblauen Anzug auf dem Motorrad zur Verhandlung. Viel lieber trägt er ein Piratentuch. Svobodas will den Patienten die Furcht vor dem Zahnarzt nehmen. „Angst ist eine Entscheidung“, nimmt er Anleihen im Buddhismus, die zu innerer Ruhe verhelfen sollen. Am Mittwoch vor Gericht kann er seine Strategie an sich selbst probieren: Der „Erstkontakt“ mit der Justiz ist für den freundlichen „Doktor medicíny“ schlimmer als jede Wurzelbehandlung.
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