Weiden in der Oberpfalz
12.12.2018 - 18:11 Uhr

Wenn Weihnachten erst im Januar ist

Russisch-orthodoxe Christen feiern den Heiligen Abend erst zwei Wochen später. Wie war das in der UdSSR? Alexander Boshko und Waldemar Hock vom Verein "Neue Zeiten" erinnern sich.

Alexander Boshko (rechts) und Waldemar Hock feiern zwei Mal Weihnachten. Boshko gehört der russisch-orthodoxen Kirche an, und die feiert Weihnachten erst in der Nacht von 6. auf 7. Januar. Waldemar Hock ist zwar evangelisch, hat das zweite Weihnachtsfest aber von seiner alten Heimat Russland mitgebracht. Bild: Gabi Schönberger
Alexander Boshko (rechts) und Waldemar Hock feiern zwei Mal Weihnachten. Boshko gehört der russisch-orthodoxen Kirche an, und die feiert Weihnachten erst in der Nacht von 6. auf 7. Januar. Waldemar Hock ist zwar evangelisch, hat das zweite Weihnachtsfest aber von seiner alten Heimat Russland mitgebracht.

Und es konnte schlimme Folgen haben. Das hat sein Vater als 40-Jähriger erfahren, erzählt Alexander Boshko (59). "Er hat viele Probleme bekommen, nachdem er in der Kirche war." Die Konsequenzen konnten unter Umständen bis hin zur Arbeitslosigkeit reichen.

Dieses Verbot und die möglichen Folgen sind auch die Gründe dafür, dass der 59-Jährige nicht besonders religiös ist, meint er. Boshko gehört der russisch-orthodoxen Kirche an und er ist auch "ein bisschen gläubig". Deshalb ist er ja in der alten Heimat, auf der Krim, trotz Verbots ab und zu zur Weihnachtsmesse gegangen. Nicht am 24. Dezember, wie es bei den Katholiken oder Protestanten der Fall ist, sondern zwei Wochen später. Die russisch-orthodoxe Kirche feiert erst in der Nacht zum 7. Januar Weihnachten. Das richtet sich noch nach dem alten julianischen Kalender. Der weicht um 13 Tage vom gregorianischen Kalender des Westens ab.

Und wie verlief die Weihnachtsnacht in der Urkraine? "Da läuft man dann drei Mal um die Kirche. Eine Ikone wird mitgetragen. Dann geht es zur Messe", erzählt Boshko. Die Kinder ziehen an diesem Abend von Haus zu Haus, singen Weihnachtslieder und bekommen Süßigkeiten, Äpfel oder Mandarinen geschenkt.

Daran erinnert sich auch Waldemar Hock (59). Er ist in Kasachstan geboren und in Rostow am Don, im Süden Russlands, aufgewachsen. Hock gehört zwar der evangelischen Kirche an. Er hat in der UdSSR aber genauso die weltlichen Bräuche mitgemacht, die vor Ort üblich waren. "Wir haben uns an Weihnachten als Erwachsene kostümiert, sind von Haus zu Haus gezogen und haben uns gegenseitig frohe Weihnachten gewünscht." Die Religionsverbote spielten für ihn ebenfalls eine Rolle. "Schon in der Schule hieß es immer, es gibt keinen Gott. Wer sich nicht daran hielt, bekam Nachteile."

Hock ist stolz auf seine deutsche Abstammung. "Schon meine Eltern und meine Großeltern waren deutsch", erzählt der gelernte Bautechniker, der im Verein "Neue Zeiten" als Ausbildungsaquisiteur für Flüchtlinge arbeitet. Doch: "Ich habe 40 Jahre in Russland gelebt. Da nimmt man auch einiges mit." Zum Beispiel feiert er Weihnachten zwei Mal. Mit seiner Tochter, den Enkelinnen und dem Schwiegersohn feiert er am 24. Dezember und am 7. Januar. Nicht mit großen Geschenken. "Die gab es in Russland immer an Silvester. Das wurde viel größer gefeiert." Sondern mit gutem Essen und einem gemütlichen Beisammensein im Familienkreis. Hock sieht das positiv: "Jetzt haben wir zwei Kulturen."

Genauso handhabt es Alexander Boshko. Der Bauingenieur ist als Systemadministrator für "Neue Zeiten" tätig, betreut die Computer, die Internetseite, macht Fotos und Videos. Auch er feiert Weihnachten im Dezember und im Januar. Der Ablauf ist "wie in Deutschland üblich", meint er. "Wir kochen etwas Gutes, essen gemeinsam und sitzen mit Freunden zusammen." "Wir", das sind er, seine Frau, die Kinder und Enkel. Zur Kirche geht er an Heiligabend nicht. "Wir haben hier keinen eigenen Priester. Die nächsten Kirchen sind in Nürnberg und Regensburg. Von dort kommt ab und zu ein Pfarrer in das Amberger Gebetshaus.

Der Verein "Neue Zeiten" gestaltet am 26. und 27. Dezember zwei Weihnachtsfeiern für Kinder, weil der Platz für alle auf einmal nicht ausreichen würde. Da gibt es ein Programm mit Spielen für die Kleinen und Väterchen Frost kommt. Die russische Märchenfigur ähnelt dem Weihnachtsmann und beschenkt in der alten Heimat die Kinder in der Neujahrsnacht. "Wir feiern hier alle zusammen", sagt Boshko. "Egal, ob russisch-orthodox, evangelisch oder jüdisch."

Bunt geschmückt wurden die Räume im Verein Neue Zeiten für die Nikolausfeier für Kinder und für die Weihnachtsfeiern am 26. und 27. Dezember. Alexander Boshko (links) und Waldemar Hock prüfen nochmal, ob alles richtig sitzt. Bild: Gabi Schönberger
Bunt geschmückt wurden die Räume im Verein Neue Zeiten für die Nikolausfeier für Kinder und für die Weihnachtsfeiern am 26. und 27. Dezember. Alexander Boshko (links) und Waldemar Hock prüfen nochmal, ob alles richtig sitzt.
 
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