Weiden in der Oberpfalz
20.05.2020 - 10:31 Uhr

Wirtschaft Nordoberpfalz: Motor stottert, aber er läuft

Optimismus, aber auch Ängste herrschen derzeit in der Wirtschaft der nördlichen Oberpfalz. Deren Vertreter ziehen nun eine Zwischenbilanz.

Die Wirtschaftslage der nördlichen Oberpfalz analysieren (von links) Bernd Fürbringer, Vorsitzender des IHK-Gremiums Nordoberpfalz, IHK-Geschäftsstellenleiter Florian Rieder, HWK-Geschäftsführer Alexander Stahl und Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht. Bild: Bühner
Die Wirtschaftslage der nördlichen Oberpfalz analysieren (von links) Bernd Fürbringer, Vorsitzender des IHK-Gremiums Nordoberpfalz, IHK-Geschäftsstellenleiter Florian Rieder, HWK-Geschäftsführer Alexander Stahl und Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht.

Zu einer Situationsanalyse über die wirtschaftliche Situation in der nördlichen Oberpfalz trafen sich Repräsentanten von Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer (HWK) mit Bundestagsabgeordnetem Albrecht Rupprecht (CSU). „Die Situation in den einzelnen Branchen ist absolut unterschiedlich“, stellte Bernd Fürbringer, Vorsitzender des IHK-Gremiums Nordoberpfalz, einleitend fest. Neben Wirtschaftsgruppen mit hoher Auslastung der Kapazitäten gebe es andere mit großen Zukunftssorgen. Bei vielen Betrieben herrsche wegen des Abbaus coronabedingter Einschränkungen eine positive Grundstimmung und ein mentales Gefühl für einen Neustart. Auch konnte eine von manchen befürchtete „Flut von neuen Arbeitslosen“ bisher in Grenzen gehalten werden, meint Fürbringer. Seine eigene Branche, die Bauwirtschaft, spüre die Coronakrise kaum, auch nicht bei den Auftragseingängen. Mögliche Befürchtungen für das Jahr 2021 seien absolute Spekulation.

Schwere Zeiten für Maschinenbau und Porzellanindustrie

Schwieriger allerdings sei die Situation im Maschinenbau und in der Porzellanindustrie. Beispielsweise fehlten der Porzellanindustrie die Aufträge, weil die Hotels geschlossen haben. Zu den ganz besonderen „Corona-Verlierern“ zählt Fürbringer die Schausteller. In Anbetracht des Verbots von Großveranstaltungen bis Ende August gebe es für diese Betriebe keinerlei Alternativen. Ganz besonders gefährdet sieht der IHK-Vorsitzende die Tourismusbranche. Reisevermittler seien nicht nur durch weltweite Reisebeschränkungen sondern auch durch Rückforderungen ausbezahlter Provisionen belastet. Rückabwicklung führe zu doppelter Arbeit „trotzdem fordern Veranstalter fordert die Provision zurück“ kritisiert Fürbringer. Lob erhält die Politik vom Wirtschaftsvertreter für ihre Maßnahmen, denn „es hätte schlimmer kommen können“. Die rasche Abschaffung des Soli könnte ein weiteres Zeichen, auch für Arbeitnehmer, setzen. Auch regt der IHK-Vorsitzende an, darüber nachzudenken, „ob das Gesundheitssystem auf Profit abstellen soll“.

Rieder: Grenzübergänge Waldsassen und Bärnau öffnen

Weitere Lockerungen für die Grenzpendler aus Tschechien hält IHK-Geschäftsstellenleiter Florian Rieder dringend für erforderlich und schlägt vor, die Grenzübergänge Waldsassen und Bärnau dafür zu öffnen. Den tschechischen Grenzgängern bestätigte Rieder „große Arbeitgebertreue“. Das Handwerk kommt laut Alexander Stahl, Geschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, insgesamt gesehen „allmählich in ruhigere Fahrwasser“. Die Betriebe hätten das Sicherheitskonzept gut im Griff und arrangierten sich auch mit dem Maskentragen. Aufträge seien reichlich vorhanden, Kurzarbeit habe geholfen, obwohl die Soforthilfen „leicht zögerlich angekommen“ sind. Trotz aktueller Vollauslastung des Handwerks bestehe allerdings die Gefahr, dass sich öffentliche Auftraggeber zukünftig mit Aufträgen zurückhalten könnten.

Schwächen erkennt der HWK-Geschäftsführer noch immer bei der Mobilfunk- und Breitbandversorgung „zum Beispiel auch auf den Baustellen“. Für Bundestagsabgeordneten Rupprecht gilt derzeit: „Keiner weiß, wie es weitergeht, deswegen muss die Politik auf Sicht fahren.“ Das Ziel, eine sogenannte Herdenimmunität anzustreben, sei bei den Entscheidungsträgern wegen der drohenden hohen Todeszahlen längst aufgegeben worden. Probleme in der Wirtschaft sieht Rupprecht „eher bei den Großen“. Manche hätten eine schwierige Situation bei Altkrediten. Außerdem gebe es anders als im Mittelstand keine hundertprozentige Absicherung von Neukrediten durch die öffentliche Hand. Dennoch hätten viele Betriebe seit der letzten Finanzkrise Sicherheitspuffer aufgebaut. Zusätzlich unterstützt werden sollten auch diejenigen Betriebe, die trotz der Hilfspakete weiterhin in Schwierigkeiten sind.

Auch wenn das Bundesinstitut für Berufsbildung bei der beruflichen Ausbildung derzeit noch keinen Handlungsbedarf sieht, stellt sich für Rupprecht die Frage nach der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe im kommenden Jahr. „Es darf nicht sein, dass ein Jahrgang nicht ausreichend in Ausbildung kommt.“ Um Grenzpendlern zu helfen, schlägt Rupprecht die Bildung von Sondergebieten ähnlich wie im deutsch-französischen Grenzgebiet vor.

Wirtschaftsgespräche bei der IHK führen (von links) IHK-Geschäftsstellenleiter Florian Rieder, Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht, IHK-Gremiumsvorsitzender Bernd Fürbringer und HWK-Geschäftsführer Alexander Stahl. Bild: Bühner
Wirtschaftsgespräche bei der IHK führen (von links) IHK-Geschäftsstellenleiter Florian Rieder, Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht, IHK-Gremiumsvorsitzender Bernd Fürbringer und HWK-Geschäftsführer Alexander Stahl.
 
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