Seit Oktober vergangenen Jahres gibt es einen Schriftwechsel zwischen Schülerinnen, einem Busfahrer und einem beherzten Mitfahrer mit dem Landratsamt Schwandorf. Die Problematik: Es verkehrt ein Bus zwischen Cham und Weiding, doch dann ist Schluss. Wer in Schönsee, Dietersdorf oder Stadlern wohnt, bleibt auf der Strecke.
Auf das Problem macht Hubert Bronold aus Weiding bei Schönsee die Abteilung Wirtschaftsförderung am Landratsamt im Oktober vergangenen Jahres aufmerksam. Der Weidinger fährt "immer wieder mal mit der Linie 410 des VLC (Verkehrsgemeinschaft Landkreis Cham) mit dem Bus von Weiding nach Cham. Das klappt für die Hinfahrt und Rückfahrt sehr gut nach den letzten kleinen Erweiterungen der Linie". Bronold schreibt, dass inzwischen neue Mitfahrerinnen aus Schönsee und Stadlern ab Weiding dazugekommen sind, die weiterführende Schulen in Cham besuchen. Durch einen früheren Beginn der Linie in Stadlern über Dietersdorf – ein Routenplan liegt bei – könnten sie direkt in ihrem Ort einsteigen und der private Zubringer könnte entfallen. Dies wäre eine große Entlastung für die jeweils betroffenen privaten Fahrer, sprich die Eltern. "Außerdem würde so das Schönseer Land sauber an die Landkreisstadt Cham angebunden". Der Aufwand wäre durch die nur kleine Verlängerung der Linie recht übersichtlich, hätte aber einen deutlichen Nutzen für die Bürger im Schönseer Land.
Das sagen die Schülerinnen
Eindringlich schildern auch zwei Schülerinnen dem Landratsamt Schwandorf ihre Situation. Eine davon ist die 16-jährige Eva Paa aus Stadlern. Sie kommt in die 12. Klasse der Fachoberschule Cham. Hier gibt es einen Gesundheitszweig. Eva möchte sich in Richtung Ergotherapie orientieren. Ihr Problem: Jeden Morgen und Nachmittags bzw. Abends muss sie von den Eltern nach Weiding zur Bushaltestelle gefahren und abgeholt werden. Die Eltern sind berufstätig, sie selbst hat noch keinen Führerschein und ist auf den Bus angewiesen. "Mein Fall ist nicht er erste und wird nicht der letzte sein. Ich beobachte seit Jahren, wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie Senioren aus Stadlern und der Umgebung Probleme mit der fehlenden Busverbindung nach Cham haben, jedoch keine Möglichkeit einer Vernetzung von Stadlern nach Cham besteht", schreibt sie dem Landratsamt mit Bezug auf Arzt- oder Einkaufsfahren. "Ich selbst muss täglich eine Möglichkeit finden, nach Weiding und wieder in meinen vier Kilometer entfernten Heimatort Stadlern zu kommen". Sie ist mit ihrem Problem nicht alleine. "Dies wurde mir umso mehr bewusst, als ich mit zwei weiteren Betroffenen aus Stadlern und zwei aus Schönsee in den Dörfern Stadlern und Dietersdorf sowie in der Stadt Schönsee an die Haustüren der Einwohner klopfte und Unterschriften für diesen Antrag sammelte".
Eine der Mitstreiterinnen ist die 17-jährige Julia Eichstetter aus Schönsee, die sich ebenfalls an das Landratsamt wandte. Die berufstätigen Eltern der FOS-Schülerin haben es im Laufe des Schuljahres immer wieder geschafft, einen Bring- und Abholdienst von Schönsee nach Weiding und zurück zu organisieren. Mitte Juli "kam ich wegen Terminkollisionen in die Situation, dass ich fünf Kilometer von Weiding nach Schönsee zu Fuß gehen musste, um nach Hause zu kommen". Julia Eichstetter macht darauf aufmerksam, dass die Hauptverkehrsstraße ohne Straßenbeleuchtung und im Winter vor Busabfahrt auch verschneit sei. "In den Sommermonaten kam ich heute in die Situation, in der ich in der prallen Mittagssonne auf einer vielbefahrenen Straße ohne Bürgersteig nach Hause gehen musste. Das macht keinen Spaß, kann ich Ihnen sagen", schreibt sie dem Landratsamt.
Aufgrund der gut angenommenen Realschule in Waldmünchen werde mit großer Wahrscheinlichkeit die Fachoberschule in Cham an Attraktivität gewinnen. Eichstetter ist sich sicher: "In den kommenden Jahren wird die Schülerzahl aus der Region Schönseer Land, die sich in den Landkreis Cham orientieren, bestimmt steigen und damit auch die Nutzung dieser Buslinie. Ich bitte Sie also inständig, auch im Sinne meiner derzeit aktuellen betroffenen Mitschüler, die Busverbindung zu verlängern und ebenso für diejenigen, die sich künftig für den Besuch der Fachoberschule in Cham entscheiden. Besonders der dort angebotene Gesundheitszweig ist eine sehr gefragte Ausbildungsrichtung, die leider in der Form nirgendwo im Umkreis angeboten wird."
Das sagt das Landratsamt
Wunsch und Realität: Basierend auf einer Anfrage von Oberpfalz-Medien an das Landratsamt Schwandorf wird die Situation hier folgendermaßen eingeordnet: "Von den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten her ist es so, dass eine Beförderungspflicht regelmäßig nur für Schüler bis zur 10. Jahrgangsstufe und damit nicht für Fachoberschüler greift. In solchen Fällen gibt es die Möglichkeit, oberhalb der geltenden Belastungsgrenzen eine Kostenerstattung zu erhalten. Dies wurde den Schülern auch mitgeteilt. Hierbei handelt es sich nicht um eine ungewöhnliche Maßnahme, sondern um ein übliches Vorgehen in vergleichbaren Fällen". Eine eigenwirtschaftliche Anbindung der betroffenen Ortschaften durch den zuständigen Linienbetreiber sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzbar. Pressesprecher Hans Prechtl teilt aber auch mit, dass die Angelegenheit im zuständigen Ausschuss für Kreisentwicklung, Umweltschutz, Touristik, Sport und Kultur (KUTA) behandelt werden wird. Die Sitzung ist für den 23. Oktober vorgesehen.
Zur Vorbereitung der Entscheidung seien auch vergaberechtliche und genehmigungsrechtliche Aspekte näher zu prüfen. "Für die Ermittlung des Fahrgastpotenzials wurde auch um Unterstützung von Seiten der Antragsteller gebeten, was – bis auf die Rückmeldung des betroffenen Busfahrers – ohne Erfolg geblieben ist". Da eine Beförderungspflicht aus dem Gesetz nicht ableitbar und deshalb eine Anbindung der betroffenen Ortschaften grundsätzlich auch nicht geplant gewesen sei, sei der KUTA mit der weiteren Entscheidung zu befassen.
Wie hoch die Mehrkosten für das eigenwirtschaftlich tätige Unternehmen RBO wäre, die dann von einem Kostenträger, wohl dem Landkreis, übernommen werden müssten, wird in der besagten Sitzung zur Sprache kommen. Im Vorfeld wurden auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien weder von RBO noch vom Landratsamt Zahlen genannt.
Das sagt der Bürgermeister
Stadlerns Bürgermeister Gerald Reiter ist das Beförderungsproblem hinlänglich bekannt. Sowohl schulisch als auch bei Arztbesuchen sei eine Orientierung nach Cham feststellbar. Reiter wirkt frustriert: Er ist Bürgermeister einer Kommune mit finanziellen Problemen, in der Bürgern ohnehin viel abverlangt werden müsse. Er appelliert an den Kreisentwicklungsausschuss "doch über den Tellerrand hinauszublicken". Reiter fühlt sich in punkto Öffentlicher Personennahverkehr "allein gelassen am Land". Das 49-Euro-Ticket "hilft uns auf dem Land nichts. Das verärgert mehr. Da profitieren die Bürger in Stadtnähe, der ländliche Raum ist abgeschrieben". Er macht noch auf ein Kuriosum der Linie 410 aufmerksam. Der Busfahrer wohnt in Stadlern und fährt mit seinem hier stationierten Bus zum Linien-Ausgangspunkt Weiding. Wohl aus Gründen der Haftung könne er von Stadlern aus keine Fahrgäste mitnehmen. Dann fahre quasi das Elterntaxi hinter dem Bus zur Haltestelle nach Weiding.
Vorschlag zu Verlängerung der Busverbindung 410
- 5.59 Uhr: Stadlern Kirche
- 6.02 Uhr: Stadlern Sportplatz
- 6.06 Uhr: Dietersdorf
- 6.11 Uhr: Schönsee
- 6.15: Weiding Kriegerdenkmal
- 14.13 Uhr: Schönsee
- 14.18: Uhr Dietersdorf
- 14.23: Uhr Stadlern Sportplatz
- 14.25 Uhr: Stadlern Kirche
- 14.30 Uhr: Weiding Kriegerdenkmal
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