Fritz Seyferth (66) ist in einem Dorf in Unterföhring in Oberbayern aufgewachsen und lebte lange in München, wo er als Wirt im Löwenbräukeller arbeitete und dadurch viele Menschen kennenlernen durfte - oder in manchen Fällen auch musste. Seit einem Jahr und zwei Monaten lebt er als Rentner in Weiher bei Hirschau (Kreis Amberg-Sulzbach). Hier gefällt es ihm deutlich besser als in der Landeshauptstadt. Das liegt vor allem an den Leuten.
ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?
Fritz Seyferth: Überhaupt nicht. Das ist ein Klischee, ein Krampf. Grantler und Sturköpfe gibt’s überall, es kommt immer auf einen selber an. Ich bin hier so nett aufgenommen worden, eingebunden in die Dorfgemeinschaft. Musst halt dabei sein, gesellig, hilfsbereit. So wie die Oberpfälzer, die passen zu meiner Mentalität. Überhaupt nicht arrogant, sondern bescheiden. Pfundige Leute. Jeder tut hier sei Sach’, aber keiner lässt was raushängen. Die Leute in München sind ganz anders. Ich hab’ im Löwenbräukeller Politiker, Prominente und Filmsternchen kennengelernt. Und die Kinder von den Gestopften, also den Reichen, die auf unsere Leute heruntergeschaut haben. Des brauch’ ich nimmer.
ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?
Überhaupt keine Vorurteile oder Erwartungen. Nur schöne Erinnerungen. Als kleiner Bub war ich mal in Weiden im Internat. Als wir das Haus in Weiher angeschaut haben, waren wir auch mit den Enkelkindern in Weiden. Da habe ich ihnen das Capitol-Kino gezeigt und gesagt: „Da hat der Opa einen Winnetou-Film gesehen.“ Mein Fazit, jetzt nach gut einem Jahr: Ich bin glücklich. Das ist ein kleiner, versteckter Wunschtraum – ich wollte immer auf einen Bauernhof oder in einem Forsthaus wohnen –, der jetzt in Erfüllung gegangen ist. Dass es sich aber so gut entwickelt, hätte ich nicht gedacht. Dass die Leute hier so dufte sind, und mich wirklich mögen, ist das Sahnehäubchen.
ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?
Nie mehr will ich zurück. Meine Familie kommt öfter rauf. Ich fahr’ aber alle vier Wochen nach München, den alten Stammtisch besuchen, zur Fußpflege und zum Friseur, bei dem ich seit 40 Jahren bin. In der Zeit war ich nur zwei Mal woanders beim Haareschneiden. Das sind auch Freundschaften, die möchte ich halten.
ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?
Meine Tochter wollte sogar hier raufziehen, nach Amberg. Hat aber nicht geklappt, jetzt bleibt sie in München. Der Familie gefällt’s hier auch wahnsinnig gut. Wenn sie hier ist, fahren wir nach Weiden, gehen ins Schwimmbad. Wir wollen alles auskosten. Der Monte Kaolino ist ja ein Paradies für Kinder. Und es gibt noch so viel, zum Beispiel die Wanderwege an der Naab.
ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihm nach Feierabend ein Bier trinken?
Ich verstehe alle. Wenn mal ein verdrehter Begriff dabei ist, den ich nicht kenne, frage ich halt nach. Oder man erklärt ihn mir, weil ich gleich blöd schau’.
ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?
Ein Oberbayer bin ich nicht mehr. Es ist so, als wäre ich hier geboren worden – ich fühle mich komplett als Oberpfälzer. Wenn ich jetzt nach München fahr’, fahr’ ich owe. Und wenn ich heim fahr’, dann fahr’ ich hier her, also rauf.
In der Kolumne „Zugroast“ stellen wir jede Woche Menschen vor, die aus Hamburg, aus dem Ruhrpott oder aus Kasachstan in die Oberpfalz gezogen sind – und hier eine neue Heimat gefunden haben.
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