"Menschen mit Behinderung, wer nimmt die denn ihr Ensemble auf?". So hat auch Claudia Wandzioch früher einmal gedacht. Und doch: Seit ein paar Jahren steht die 39-Jährige fest auf den "Brettern, die die Welt bedeuten". Mit neuem Selbstbewusstsein meistert sie im Team der Dr. Loew Soziale Dienstleistungen GmbH & Co. KG nicht nur den Nofi-Lauf, sondern seit September auch eine Acht-Stunden-Schicht im Musikcafé "B 14" von Wernberg-Köblitz, wo Menschen mit und ohne Handicap Seite an Seite arbeiten.
Claudia Wandzioch gehört zu den Menschen, die im Leben einfach ein wenig Unterstützung im Alltag brauchen. Die gelernte Altenpflegerin hat im Alter von 30 Jahren ihre Eltern verloren. "Da hat meine Seele innerlich verrückt gespielt", erklärt sie. "Aber immerhin brauche ich keine Medikamente", fügt sie fröhlich hinzu.
Ihr habe da nicht besseres passieren können als die Aufnahme in einer Wohneinrichtung von Loew. Bis September hatte sie einen Job im Büro des Dienstleistungsunternehmens, jetzt pendelt sie im Musik-Café zwischen Service und Küche und fühlt sich mit ihren Fähigkeiten pudelwohl. "Sie ist der Typ Mensch, der auf andere zugeht, hat Ausstrahlung und Power und empfängt jeden mit einem Lachen im Gesicht", sagt ihre Chefin Kerstin Nagler.
Lieblingsrolle "Schüler"
Dass die 39-Jährige auch Sinn für Humor hat, wird jedem klar, der ein paar Worte mit ihr wechselt. Kein Wunder, dass sie mit ihrer Schlagfertigkeit auch die Theaterleute vor drei Jahren bei einer Leseprobe sofort überzeugt hat. Ihre Gedichte haben die Betreuer auf die Idee gebracht, sie dort anzumelden. Eine Witwe spielt sie genauso gut wie eine Bäuerin oder einen Grantler. Ihre Lieblingsrolle? "Ein Schüler, weil man da die Lehrer ärgern kann", sagt das neue Mitglied im Theaterverein von Wernberg-Köblitz. Das habe sie schon in der eigenen Schulzeit gern gemacht, und schon damals habe ihr der Lehrer eine Schauspielschule vorgeschlagen.
Ein schwieriges Wort
Wenn es um große Rollen geht, dann scheinen sich bei ihr Furcht und Freude die Waage zu halten, denn nicht immer kommt der Text leicht über die Lippen. "Einmal musste ich in einem Stück das Wort Trichinen-Beschau sagen, das hab' ich mir einfach nicht merken können", gesteht die Laiendarstellerin und erzählt, wie es dann mit Hilfe eine Spezialtrainings ihrer Betreuer doch noch geklappt hat. Für alle Fälle gibt es eine Souffleuse. "Ich hab die noch nie gebraucht, aber die anderen", erzählt die Neue im "B 14" stolz. Sie strahlt, wenn sie von den drei Runden Applaus erzählt, die sonst kaum einer bekommt, und von den Schauspieler-Kollegen, die um ihre Behinderung wissen und auch mal da sind, wenn sie Hilfe beim Umkleiden braucht.
Allerdings ist die Theatersaison kurz: Im September geht es normalerweise los mit Proben, im November sind die Aufführungen. "Das A und O ist ja doch die Arbeit" weiß Claudia Wandzioch, "ich sag immer: Wir haben hier im Café jeden Tag Theater". Denn wie auf der Bühne bringt sie hier ganz nebenbei die Menschen zum Lachen, wenn sie ohne die Miene zu verziehen erzählt, dass sie mit Colatrinken 24 Kilo abgenommen hat. "Ein Scherz", setzt sie hinzu, grinst und ist thematisch schon beim Nofi-Lauf, wo sie im "Team der grünen Marsmenschen vom Planeten Loew" unterwegs ist. Ihr ganz großer Traum aber ist es, irgendwann auch fürs Fernsehen vor der Kamera zu stehen, und sie weiß auch schon wo: "Einmal bei ,Dahoam is dahoam' mitspielen, das würd' ich mir wünschen."
Faible für Worte
Claudia Wandzioch ist über ihre Leidenschaft fürs Dichten auf der Theaterbühne angekommen und hat für Oberpfalz-Medien spontan eine Kostprobe geliefert:
"Ich hatte heute einen schönen Tag,
denn es kam Besuch vom Neuen Tag.
Da war ich doch glatt erst einmal baff -
und dacht', ja ist denn heut scho Weihnacht?
Auch meine B14-Chefin war von den Socken,
ja ihr Lieben, so lässt's sich rocken.
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