Entlang der Hochspannungsleitung Ostbayernrings müssen umfangreiche Maßnahmen zum Artenschutzes getroffen werden. Das ist eine Auflage aus der Genehmigung des Ersatzneubaus. Dazu gehören die Installation von 2.783 Fledermaus- und Vogelnistkästen, die Sicherung von 2.580 Habitatbäumen und die Sicherung von 10,5 Hektar natürlicher Waldentwicklungsfläche.
Derzeit überprüfen Björn Ole Kniepkamp und Sophie Goergen vom Institut für Tierökologie und Naturbildung sowie Valerie Moos (Projektleiterin Netzbetreiber Tennet) die Fledermaus- und Vogelnistkästen im Bereich Kettnitzmühle (Markt Wernberg-Köblitz). Mit Tennet-Bürgerreferent Johannes Reinoso Guerra hat Oberpfalz-Medien die Wissenschaftler begleitet.
Die Nistkästen, die nun kontrolliert werden, befinden sich auf den Flächen der Bayerischen Staatsforsten. „Wir sind sehr dankbar, dass uns die Bayerischen Staatsforsten mit der Bereitstellung der Grundstücke so enorm unterstützen“, sagt Valerie Moos. Diese Unterstützung beinhaltete auch die Montage der Kästen an den Bäumen.
Ausgleich für Ersatzneubau
Rund 185 Kilometer lang ist der Ostbayernring zwischen Redwitz und Schwandorf. Entlang der gesamten Leitung wurden vor Beginn der Arbeiten 2.783 Vogel- und Fledermauskästen an Bäumen befestigt. Dies sei eine Maßnahme gewesen, um den Eingriff in die Natur, der durch den Bau der Leitung entstanden sei, wieder auszugleichen, erklärte Valerie Moos. Die Nistkästen bei Kettnitzmühle hängen seit 2022. Moos hebt als besonders erfreulich hervor, dass die seit drei Jahren laufenden Kontrollen zeigen, dass die Kästen von Vögeln und besonders auch von den Fledermäusen gut angenommen werden. „Dazu kommen auch Hornissen- und Wespennester." Als positiv wertet Valerie Moos auch, dass die Belegung der Kästen zunimmt.
Während Björn Ole Kniepkamp und Sophie Goergen ihre Leiter an einen Baum lehnen und absichern, um einen dort aufgehängten Nistkasten zu kontrollieren, erklärt Valerie Moos den Vorgang. Björn Kniepkamp überprüft durch Klopfen, ob sich in dem jeweiligen Vogel- und Fledermauskasten keine Hornissen und Wespen eingenistet haben. Dann verstopft Björn Kniepkamp die Einflugöffnung mit Tüchern und nimmt den Vogel- und Fledermauskasten ab. Unten am Waldboden wird der Kasten vorsichtig geöffnet. Die Fledermäuse werden einzeln in kleine Wollsäckchen eingelegt. Sophie Goergen, Mitarbeiterin von Björn Kniepkamp, macht mit pinkfarbenem Nagellack winzig kleine Markierungen auf einen Zehennagel der Fledermäuse. „Dann können wir, beispielsweise beim Netzfang sehen, ob das Tier schon einmal registriert wurde“, erklärt Björn Kniepkamp. Es wird auch geprüft, ob in dem Kasten Kotreste vorhanden seien. So könne festgestellt werden, ob der Nistkasten vorher mal als Schlafquartier gedient habe. Aus den Kotproben lasse sich im Labor ermitteln, um welche Art von Fledermäusen es sich gehandelt habe.
Björn Kniepkamp untersucht, seine Hände geschützt mit dicken Handschuhen, die Fledermäuse. Er erkennt dabei unter anderem das Geschlecht oder auch, ob ein Weibchen ein Junges gesäugt hat. Kniepkamp räumt auch mit dem Vorurteil auf, Fledermäuse könnten nicht gut sehen. „Sie können sogar exzellent gut sehen." In einem der kontrollierten Fledermauskästen findet der Björn Kniepkamp einen Abendsegler. Diese Fledermausart fliege so hoch, dass sie auch mit Windrädern in Berührung kommen könne. „Die Abendsegler sind schlaggefährdet, so dass es in Deutschland Abschaltzeiten für Windräder gibt, die nicht nur für die Winterwanderung aus dem Balkan- in den Mittelmeerbereich anzuwenden sind, wohl dem aber angepasst sind“, erklärt der Fledermausexperte.
Auch beringte Tiere
Bei seinen Kontrollen achte er besonders darauf, ob beringte Fledermäuse im Kasten seien, weil sich daraus deren Herkunft ermitteln lasse. Dafür seien in Deutschland zwei sogenannte „Ringzentralen“ zuständig, denen die Daten übermittelt werden und die als Antwort die Herkunft mitteilen. Unterhalb eines Kastens ist am jeweiligen Baum ein kleines Hinweisschild mit einer Nummer angebracht, dessen Standort digital registriert ist.
Der Umfang der Kontrollen ist laut Valerie Moos festgelegt, sie werden über 15 Jahre lang immer wieder stattfinden. Die wachsende Zahl der Fledermäuse zeigen das Sozialverhalten der Tiere, die in großen „Wohnungen“ ebenso leben wie in Baumhöhlen. Den Verlust dieser Baumhöhlen auszugleichen, ist Ziel der Genehmigungs-Auflage. Für eine verlorene Baumhöhle mussten je zwei Fledermaus- oder Vogelkästen aufgestellt werden.. „Mir ist kein anderes Projekt bekannt, wo so viele Nistkästen aufgehängt wurden“, fasste Valerie Moos die Situation im Wald zwischen Grünau und Kettnitzmühle zusammen, stellvertretend für das Gesamtprojekt Ostbayerring.
Ostbayernring
- Trasse: Höchstspannungsleitung von Redwitz in Oberfranken nach Schwandorf, etwa 185 Kilometer lang
- Technik: Zwei 380-Kilovolt-Systeme; alte Leitung bisher je ein 380- und 220-Kilovolt-Leitungssystem.
- Bauherr: Netzbetreiber Tennet
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