Carolina Trautner hatte für ihren Besuch in Wernberg-Köblitz schönstes Wetter und viel Zeit mitgebracht. Im zitronengelben Hosenanzug sorgte sie in der überwiegend dunkel gewandeten Gastgeber-Riege optisch für einiges Aufsehen. Wie sich später zeigte, war die Ministerin nicht nur auffällig gekleidet, sondern legte auch eine auffällig gute Kenntnis der Themen an der Tag, die den Verantwortlichen von Dr. Loew Soziale Dienstleistungen am Herzen liegen – etwa die Anforderungen ans gemeischaftliche Wohnen der Klienten des Sozialunternehmens oder die Herausforderungen durch den Personalmangel.
Um mit letzterem anzufangen: Dr. Loew kann seinen Betreuungspflichten nicht mehr alleine mit deutschen Arbeitskräften nachkommen. Zwischenzeitlich gibt es eine Kooperation mit Portugal, mit der Arbeitsagentur als Vermittlerin; andere Pflegekräfte kommen bis aus Vietnam. Allerdings muss sich das Unternehmen dazu an den Kosten beteiligen: Von rund 10 000 Euro war die Rede, die unter anderem für den Flug nach Deutschland, einen Vollzeitsprachkurs und den Lebensunterhalt währenddessen anfallen, wie man in der Chefetage von Dr. Loew klagt. "Sie sind qualifiziert und müssen Deutsch lernen. Dafür können sie bei uns Karriere machen," sagte Geschäftsführerin Sandra Loew. Darüber hinaus wünscht man sich, dass es Quereinsteigerinnen, etwa ehemaligen Fabrikarbeiterinnen, vom Gesetzgeber nicht so schwer gemacht wird, als qualifizierte Hilfskräfte zu arbeiten.
Direktor Joachim Raucher stellte das große Unternehmen vor, das es seit 1968 gibt und das an seinen zahlreichen Standorten in ganz Bayern immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen hat, weil viele Menschen kein Behindertenwohnheim in der Nähe ihrer Häuser dulden wollen. Dabei ist es oft nur eine Frage des Kennenlernens, bis das Eis schmilzt. "In Wernberg-Köblitz," so Sandra Loew, "bieten wir im Sommer Ferienfreizeiten an, die von den Kindern aus der Nachbarschaft besucht werden". Anderseits gestand sie aber auch ein: "Manche Behinderte legen erschreckende Verhaltensweisen an den Tag."
Von der Sozialministerin gab es jedenfalls Zuspruch und die Versicherung, die Sorgen bei Dr. Loew ernst zu nehmen, wo man sich seit 50 Jahren insbesondere die Inklusion von Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischen Erkrankungen auf die Fahnen geschrieben hat. "Wir alle wissen, Politik kann Rahmenbedingungen schaffen, Entwicklungen anstoßen und Unterstützung geben. Jedoch erst der engagierte Einsatz vor Ort füllt diese Rahmenbedingungen mit Leben," urteilte Trautner.
Nach aktuellen Informationen aus dem Unternehmen gibt es vollstationäre, teilstationäre und ambulante Betreuung für Jugendliche, geistig Behinderte, psychisch Erkrankte und Senioren in bayernweit 111 Immobilien. 1851 Klienten werden betreut, davon 1432 stationär. Die Zahl der Beschäftigten ist ähnlich hoch: 1985. Ihnen allen galt das Lob der Ministerin: "Ich spreche diesem traditionsreichen Familienunternehmen und allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein herzliches Vergelt´s Gott aus und wünsche und weiterhin viel Kraft und Empathie bei ihrer wertvollen Arbeit.“
Zur Person: Carolina Trautner
- Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales (seit 6. Februar 2020)
- Mitglied des Bayerischen Landtages (seit 2013)
- Mitglied im CSU-Parteivorstand
- Geboren 1961 in Augsburg
- Studium der Pharmazie in Würzburg
"Ich wünsche weiterhin viel Kraft und Empathie bei ihrer wertvollen Arbeit.“
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