22.06.2018 - 11:01 Uhr

Das Wetter – eine Chaos-Theorie

Jeder will es wissen: Wie wird das Wetter in den nächsten Tagen? Heutzutage ist das kein Problem mehr. Meteorologe Andreas Neumaier gibt Einblick in den Alltag eines Wetterfrosches.

Jeder will es wissen: Wie wird das Wetter? Heutzutage ist das kein Problem mehr. Meteorologe Andreas Neumaier gibt Einblick in seinen Alltag. Hartl, Petra [HTL] (PETRA.HARTL@oberpfalzmedien.de)
Jeder will es wissen: Wie wird das Wetter? Heutzutage ist das kein Problem mehr. Meteorologe Andreas Neumaier gibt Einblick in seinen Alltag.

Heute schon wissen, wie in 14 Tagen das Wetter ist. Inzwischen ist das mit Hilfe meteorologischer Satelliten und mathematischer Berechnungen möglich. Meteorologen können Wetterabläufe besser nachvollziehen und ihre Berichte werden immer genauer. „Die Wettervorhersagen für eine Woche treffen zu über 80 Prozent zu“, sagt Andreas Neumaier, Meteorologe bei der Bundeswehr in Niederstetten und Wetterfrosch für die Oberpfalz-Medien. „Bei bis zu drei Wochen können wir meist noch ganz gute Trend-Abschätzungen abgeben. Jahreszeitenvorhersagen haben dagegen nur eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent.“

Aber wie entsteht eigentlich eine Wettervorhersage? Auf der ganzen Welt sind Wetterstationen installiert. Alleine in Deutschland betreibt der Deutsche Wetterdienst (DWD) gut 180 hauptamtlich und 1800 ehrenamtlich betreuten Wetterstationen. Darüber hinaus erhält der DWD Daten von Messstationen auf Schiffen, Messbojen, Satelliten und Ballonsonden.

„Die Stationen messen alle für das Wetter ausschlaggebenden Faktoren, unter anderem Temperatur, Luftfeuchte, Luftdruck, Windrichtung und -geschwindigkeit, den Niederschlag oder wie hoch die Wolkendecke hängt“, erklärt Neumaier. „Alle halbe Stunde senden sie die Daten an die großen Wettercomputer, die unter anderem in Deutschland, England und den USA stehen. Die errechnen die allgemeinen Vorhersagen.“ Für den Meteorologen heißt es anschließend: aussortieren und an die Zielgruppe anpassen.

Kopfarbeit und Kaffee

„Da ist viel Kopfarbeit gefragt und eine große Kanne Kaffee“, sagt der gebürtige Oberpfälzer. In den frühen Morgenstunden erhält er die ersten Wetterdaten des Tages. Das ist für den Meteorologen die wichtigste Zeit. „Ich schaue immer zuerst, wie das Wetter gestern war“, sagt er. „Anhand dessen kann ich nachvollziehen, ob die Computerdaten, die in die Zukunft rechnen, tatsächlich sinnvoll sind.“ Mit Hilfe von Windgeschwindigkeiten und Schätzungen folgen Rechenspiele, die schließlich die Vorhersage ergeben.

„Wenn ich für die nördliche Oberpfalz einen Wetterbericht erstelle, ist es für mich gut zu wissen, wie die Oberpfalz wettermäßig tickt“, führt Neumaier an. Kein Problem für den Mann, der in Mitterteich aufgewachsen ist. Schon als Kind hat er sein Elternhaus mit Thermometern und Regenmessern behängt. „Beim Gewitter klebte meine Nase am Fenster und ein Sturm war für mich erst interessant, wenn Bäume gefallen sind“, erzählt der 40-Jährige. Das ist auch immer noch so. „Für mich ist schönes Wetter, wenn es abwechslungsreich ist – mit vielen Extremen.“

Meteorologe Andreas Neumaier liebt Wetterextreme. exb/Daniel Schröder
Meteorologe Andreas Neumaier liebt Wetterextreme.

Leidenschaft im Beruf

Mit 13 Jahren machte er bereits ein Praktikum beim Wetterdienst am Flughafen in Nürnberg. Nach dem Schulabschluss schrieb er, sehr zum Leidwesen seiner Mutter, nur eine einzige Bewerbung – an den Deutschen Wetterdienst. Dort machte er die Ausbildung zum Meteorologen. Seit 1995 arbeitet er als ziviler Beamter in der Flugwetterberatung der Bundeswehr in Niederstetten. Seit 15 Jahren beliefert er nebenbei auch Print- und Online-Medien sowie Radio mit Wetterberichten.

Neumaier geht mit Leidenschaft in seinem Beruf auf. „Das ist kein Job, den man einfach so macht“, sagt er. Ein großes Maß an Verantwortung liegt in seinen Aussagen, wenn er Bundeswehrpiloten berät, wie die Wetterverhältnisse am Start- und Zielort sowie auf der gesamten Route sind. „Da müssen die Vorhersagen auf dem aktuellsten Stand sein. Sie erstrecken sich über einen Zeitraum von höchstens zwei bis drei Stunden.“

Viele unvorhergesehene Faktoren können das Wetter beeinflussen. Große Hochdruckgebiete sind nach Neumaiers Erfahrungen sehr gut zu kalkulieren. „Kleinere Tiefs sind dagegen oft schwer einschätzbar.“ Neumaier nennt in diesem Zusammenhang den sogenannten Schmetterlingseffekt. Er besagt, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings zu Luftveränderungen und dadurch im schlimmsten Fall zu einem Tornado auf der anderen Seite der Welt führen kann. „Wettervorhersagen sind eine Chaos-Theorie“, sagt Neumaier.

Eine selige Insel

Ein kleiner Rechenfehler, Höhenströmungen oder fehlende Wetterdaten durch einen technischen Defekt können die gesamte Vorhersage ungültig machen. Der Saharasand, von dem oft im Wetterbericht die Rede ist, gehört auch dazu. „Der Staub in der Luft bindet Wasser und dadurch bilden sich Wolken. Die ziehen meist in großer Höhe und mit großer Geschwindigkeit und können innerhalb eines Tages auch in der Oberpfalz landen“, erklärt der Meteorologe. Aufgrund dieser Unsicherheiten müsse er bei längerfristigen Voraussagen von mehreren Tagen viel mit den Worten „könnte“ und „eventuell“ arbeiten.

Glücklicherweise passiere in der nördlichen Oberpfalz wettertechnisch relativ wenig. „Da wir uns weiter im Osten befinden und günstige Höhenlagen haben, gibt es dort keine Horrorszenarien wie Mörder-Hitzen“, sagt Neumaier. Trotzdem müssten sich die Menschen auch hier an die Wetterverschiebungen durch den Klimawandel anpassen. Seine geliebten Extreme findet Neumaier in der Heimat sehr selten. „Die Oberpfalz ist eben eine kleine, selige Insel.“

An die Auswirkungen des Klimawandels, wie Hitze und Trockenheit, müssen sich auch die Menschen in der Oberpfalz langsam anpassen. Karin Wilck
An die Auswirkungen des Klimawandels, wie Hitze und Trockenheit, müssen sich auch die Menschen in der Oberpfalz langsam anpassen.
Info:

Bauernregeln

„Pankraz, Servaz, Bonifaz machen erst dem Sommer Platz.“ So lautet eine der zahlreichen Bauernregeln, die sich mit den Eisheiligen vom 12. bis 15. Mai befassen. Die Menschen interessierten sich schon immer für das Wetter und seine Auswirkungen.

Vieles, wie zum Beispiel die Landwirtschaft, war und ist immer noch stark von dem Wissen um Niederschläge und Temperaturen abhängig. Die Bauernregeln entstanden zum großen Teil im 16. Jahrhundert durch Augenbeobachtungen. „Erstaunlicherweise treffen einige, wie beispielsweise die um die Eisheiligen, immer noch zu“, sagt Andreas Neumaier, Meteorologe und Wetterfrosch für Oberpfalz-Medien. Die meisten Bauernregeln haben jedoch inzwischen ihre Gültigkeit verloren. „Durch den Klimawandel nimmt die Trefferquote immer weiter ab“, erklärt er.

Die Eisheiligen vom 12. bis 15. Mai bringen oft noch einmal Frost mit sich. Karin Wilck
Die Eisheiligen vom 12. bis 15. Mai bringen oft noch einmal Frost mit sich.
Info:

Der Wetterdienst in Deutschland

Weltweit erfassen 24 Globalstationen meteorologische Daten. Zwei Stationen des sogenannten „Global Atmosphere Watch“ befinden sich in Deutschland: das Meteorologische Observatorium Hohenpeißenberg und die Umweltforschungsstation Schneefernerhaus auf der Zugspitze. Das Observatorium auf dem Hohenpeißenberg ist die weltweit älteste Bergwetterwarte. Hier wurde bereits 1781 mit Wetterbeobachtungen begonnen. Heute ist die Station an den Deutschen Wetterdienst (DWD) angeschlossen.

Der DWD wurde 1952 durch die Zusammenführung der westalliierten Zonenwetterdienste gegründet. Zwei Jahre später trat er der „World Meteorological Organization“ bei. Die Aufgaben des DWD sind über das DWD-Gesetz geregelt.

Sie bestehen darin, das Klima in Deutschland zu beobachten und Veränderungen zu dokumentieren und auszuwerten. Auf Basis der gesammelten Wetterdaten aus der ganzen Welt spricht der DWD Wettervorhersagen aus, veröffentlicht diese im Internet und warnt vor wetterbedingten Gefahren. Damit ist der DWD verantwortlich für das gesamte meteorologische Warnmanagement in Deutschland, das vor allem Feuerwehren oder das THW alarmiert, berät und unterstützt.

Der DWD beliefert auch Bundeswehr, Forschungseinrichtungen und andere Länder mit seinen meteorologischen Informationen. Der DWD betreibt neben der Zentrale in Offenbach am Main noch sechs große Niederlassungen in Essen, Hamburg, Leipzig, München, Potsdam und Stuttgart.

 
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