Geflüchtete aus der Ukraine fühlen sich in Wiesau willkommen und gut aufgehoben

Wiesau
22.01.2023 - 12:20 Uhr
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Ob sie in ihre Heimat zurückkehren können? Das wissen die rund 50 Ukrainer, die aus den Kriegsgebieten geflüchtet sind und in Wiesau eine Bleibe gefunden haben, derzeit nicht. Eines aber ist gewiss: Die Hilfe vor Ort ist offenherzig.

Der Verein "Brücke Wiesau" befindet sich noch in der Gründungsphase. Im Bild von links: Oliver Zrenner, Oksana Dzhevaha, Nikita Chmelov, Daria Chmelova, Alona Zakora, Patricia und Michael Dutz.

Zum Treffen mit Oberpfalz-Medien im Wiesauer Rathaus kommen Oksana Dzhevaha, Alona Zakora, Daria Chmelova und ihr Sohn Nikita. Den Kreis der Gesprächspartner ergänzen die Wiesauer Oliver Zrenner, Patricia und Michael Dutz.

Patricia Dutz ist die designierte Vorsitzende der - sich derzeit noch in Gründung befindlichen - Organisation „Brücke Wiesau“, die, wie Michael Dutz versichert, zeitnah ein eingetragener Verein werden soll. Dank der Eigeninitiative von Privatleuten, die im Gemeindegebiet Wohnungen zur Verfügung stellten, fanden laut Patricia Dutz (Ehefrau von Michael Dutz) 50 Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, eine vorübergehende Bleibe. „Wir sind bereits breit aufgestellt.“ Der Vorstand beziehungsweise der Arbeitskreis, darunter auch Frauen aus der Ukraine, widme sich mit viel Engagement den Aufgaben, kommentiert Patricia Dutz das bereits gestartete ehrenamtliche Wirken der künftigen „Brücke Wiesau“, die den Arbeitskreis Asyl ablösen beziehungsweise aus der Ukrainehilfe Wiesau hervorgehen wird.

„Ein Glücksfall“

Die Unterhaltung im Rathaus wird dank der guten Deutschkenntnisse von Oksana Dzhevaha - die freundliche Frau stammt aus der Region Cherson - deutlich erleichtert. Dzhevaha dolmetscht und hatte, bevor sie flüchten musste, zu Hause ein eigenes Übersetzerbüro. „Sie war eine der Ersten, die in Wiesau gelandet war und ist für die Gemeinde“, so betont Michael Dutz mit Nachdruck, „ein Glücksfall“. Eine Anstellung fand sie als Teilzeitkraft beim Job-Center als Übersetzerin. „Ich arbeite im öffentlichen Dienst“, kommentiert die Ukrainerin voller Stolz und in gutem Deutsch die angebotene Chance, hier beruflich Fuß zu fassen. Ihr Gatte Dimitrov kam bei Scherdel-Wiesauplast unter. Der 18-jährige Sohn macht derzeit eine Ausbildung zum Fachinformatiker. Der andere Sohn, er ist 14 Jahre alt, besucht die Mittelschule.

Bei den Stichworten „beruflich Fuß fassen“ schaltet sich Oliver Zrenner ein. „Die Firmen vor Ort waren bereit, Arbeitsplätze anzubieten“, informiert der Wiesauer über die spontanen Angebote der Unternehmen. Für das Funktionieren entscheidend war das Erlernen der Sprache. Näher Stellung dazu bezieht Patricia Dutz: „Die Leute begriffen sehr rasch, dass dies wichtig ist.“ Daher habe man im Pfarrzentrum Wiesau einen Sprach-Grundkurs angeboten. Zudem bildete sich laut Patricia Dutz in Teilen der Wiesauer Bevölkerung „eine gute Gemeinschaft, die es ermöglichte, von Anfang an ein unterstützendes Netzwerk zu schaffen“.

Kinderbetreuung

Hinzu kam ein wichtiger Aspekt, den sie wie folgt formuliert: „Wir haben die Suche nach Wohnungen sehr schnell und erfolgreich umsetzen können.“ Zudem betont Patricia Dutz: „Wir erkannten sofort auch den weiteren Handlungsbedarf und waren, was die vielfältige Hilfe betrifft, ein Vorreiter in der Region.“ Einen wichtigen Beitrag, damit die Ziele erreicht werden konnten, leistete der Erfolg bei der Vermittlung von Kinderbetreuungsplätzen in Wiesau. „Sonst nämlich wäre die Suche nach Arbeit schwierig geworden“, erklärt die künftige Vorsitzende von „Brücke Wiesau“, Patricia Dutz.

Daria Chmelova (35 Jahre) ist mit ihrem Sohn Nikita Chmelov (16 Jahre) zum Treffen im Wiesauer Rathaus gekommen. Mutter und Sohn lebten früher in der Region Mykolaiv. Darias Steckenpferd ist das Singen. Aktuell arbeitet sie, wie sie über Oksana Dzhevaha mitteilen lässt, in der Produktionshalle des Unternehmens Scherdel-Wiesauplast. Den Anstoß, nach Wiesau zu kommen, gaben Freunde, die im Ort bereits Unterkunft gefunden hatten. Nikita spricht inzwischen sehr gut Deutsch. Oberpfalz-Medien gegenüber erklärt der 16-Jährige, dass er derzeit ein Berufsgrundschuljahr am Beruflichen Schulzentrum Wiesau absolviere. Er strebe einen Ausbildungsplatz als Mechatroniker an. Gut aufgenommen fühle er sich beim Turnerbund Jahn Wiesau in dessen Volleyball-Sparte. „Ich bin sehr glücklich, dass wir hier gelandet sind. Hier wird uns geholfen." Nikita sei jetzt in Sicherheit, sagt Daria.

Die Region Kiew verlassen mussten Alona Zakora (32 Jahre alt) und ihre beiden Kinder. Das Mädchen ist drei Jahre alt und besucht den Kindergarten. Der achtjährige Bub sei Grundschüler, fügt sie hinzu. Alona Zakora ist von Beruf Metallbauerin. Seit dem Jahreswechsel unterstützt sie als technische Mitarbeiterin ein regionales Kaffee-Service-Unternehmen.

„Soweit dies vom Alter her möglich war, wurden die Kinder und Jugendlichen in die örtlichen Sportvereine eingebunden“, lässt Michael Dutz wissen. „Das ist die beste Integration“, unterstreicht Michael Dutz, der vor mehreren Monaten zusammen mit Oliver Zrenner die Ukrainehilfe Wiesau ins Leben gerufen hat.

Außergewöhnliche Unterstützung

Im Gespräch mit Oberpfalz-Medien erklärt Michael Dutz, dass auch regelmäßige Kontakte zu anderen Flüchtlingen aus der Ukraine bestünden. „In Gesprächen mit unseren Landsleuten wird uns bestätigt, dass die Hilfe in Wiesau außergewöhnlich und offenherzig ist“, schiebt Dolmetscherin Oksana Dzhevaha nach.

Von vielen weiteren geflüchteten Ukrainern, die in Wiesau leben, weiß Michael Dutz: „Entweder sind alle berufstätig oder besuchen einen Sprachkurs." Der Zweite Bürgermeister der Marktgemeinde Wiesau fährt fort: "Die Kinder gehen in eine Schule oder in den Kindergarten.“

Die letzte Frage zaubert, nachdem sie von Oksana Dzhevaha übersetzt wurde, ein Lächeln in die Gesichter der Gäste aus Osteuropa: „Können Sie sich auch vorstellen, falls sich die Lage in der Ukraine nicht deutlich bessert, hier zu bleiben?“ Ausschließen könne man dies nicht, meint Oksana Dzhevaha. Im Namen ihrer Landsleute versichert die Ukrainerin: „Wir werden uns eingewöhnen und möchten zu einem Teil der Gemeinde Wiesau werden.“

 
 

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