Windischeschenbach
15.03.2019 - 10:31 Uhr

Ausflug auf den Mars

So viele Besucher wie nie wollen den Fachvortrag von Professor Stefan Hölzl hören. Als dieser krankheitsbedingt ausfällt, springt Dr. Frank Holzförster mit seinem Vortrag über den Mars ein.

von FSB
Dr. Frank Holzförster bei seinem Referat über geologische Mars-Strukturen. Bild: fsb
Dr. Frank Holzförster bei seinem Referat über geologische Mars-Strukturen.

Im Rahmen der vierteiligen Wintervortragsreihe „Der Blick ins All … Geologie extraterrestrisch“ der Umweltstation Geo-Zentrum an der KTB, dem Geopark Bayern-Böhmen, der Volkshochschule Weiden/Neustadt und der Volkssternwarte Tirschenreuth fand im Dieter-Betz-Saal der zweite Fachvortrag statt. Eigentlich wollten die vielen Besucher mit Professor Stefan Hölzl von der Ludwig-Maximilians-Univer-sität München eine Reise in die Vergangenheit antreten, zurück zum Einschlag eines Kleinplaneten mitten in Bayern im Nördlinger Ries vor 15 Millionen Jahren. Doch eine Erkrankung des Referenten veranlasste Dr. Frank Holzförster, wissenschaftlicher Leiter des Geo-Zentrums, seinen eigenen, eigentlich erst in 14 Tagen eingeplanten Vortrag „Der Mars – irdische geologische Strukturen auf unserem Nachbarplaneten“ vorzuziehen. Die Zuhörer wurden nicht enttäuscht und begleiteten Holzförster auf einen „Raumflug“ zum mindestens 56 Millionen Kilometer entfernten „Roten Planeten“.

Obwohl noch kein Mensch einen Fuß auf ihn gesetzt hat, ist der Mars der nach unserer Erde am besten geologisch untersuchte Planet des Sonnensystems. Er wird seit über 50 Jahren durch Raumsonden erforscht, angefangen von den Vorbeiflügen der amerikanischen „Mariner“-Sonden über Orbitern wie „Mars Global Surveyor“ oder „Mars Express“ der ESA bis hin zu den NASA-Landern wie „Viking 1 und 2“ oder dem erst im November 2018 gelandeten „Insight“ und den Rovern „Spirit“, „Opportunity“ und „Curiosity“. Aus den Hunderttausenden von Fotos aus der Umlaufbahn und vom Boden gewannen die Wissenschaftler, darunter auch die Geologen, wertvolle Erkenntnisse. Vor allem in den letzten zehn Jahren konnten erstaunliche Ergebnisse vermeldet werden, zumal auch die Bildauflösung von 11.000 m pro Pixel im Jahr 1965 auf mittlerweile 1 m pro Pixel anstieg, womit heute ein Kleinwagen auf dem Mars erkennbar wäre. Dadurch wird auch die Suche nach Oberflächenstrukturen immer interessanter.

Auffallend ist eine Zweiteilung des Mars. Nördliche und südliche Halbkugel unterscheiden sich deutlich: Man kann von den flachen Tiefebenen des Nordens und den von Kratern durchsetzten Hochländern des Südens sprechen. Die deutlichen Unterschiede der Topografie können durch innere Prozesse oder ein Impaktereignis verursacht worden sein. Südlich am Äquator und fast parallel zu ihm verlaufen die Valles Marineris, ein 4000 Kilometer langes, bis zu 700 Kilometer breites und bis zu 7 Kilometer tiefes Grabensystem. In der riesigen vulkanischen Tharsis-Region in Höhe des Marsäquators befindet sich mit dem Olympus Mons der höchste bekannte Berg des Sonnensystems (26,4 Kilometer Gipfelhöhe vom Fuß gemessen). Westlich davon erstreckt sich ein von Lavaströmen überzogenes Gebiet, die sich teilweise überlagern. Die Polkappen sind zum größten Teil aus Trockeneis zusammengesetzt sowie aus einem geringen Anteil Wassereis. Die ESA-Sonde „Mars Express“ wies nach, dass sich unter der Marsoberfläche Wassereis befindet. 2018 konnte durch Fotos und Messungen eine geologische Marskarte erstellt werden. Zwar sind alle Erkundungen der Marssonden nur Nadelstiche hinsichtlich des Aufbaus des Planeten, aber man erhält eine Altersstruktur der Oberfläche bis in die jüngste Phase vor etwa drei Milliarden Jahren. Zu genauen Altersdatierung wären allerdings Bodenproben nötig.

Der Referent veglich die Oberflächenstrukturen des Mars mit denen der Erde. Es sind erstaunliche Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede zu erkennen. Manche Krater zeigen wenig Relief. Die Frage bleibt offen, ob sie nicht sehr tief waren oder auf irgendeine Weise wieder zugeschüttet wurden. Bei Kratern in der Nordpolregion verschwindet deren hohe Reflexion in der kalten Jahreszeit, weil das Eis durch wärmere Temperaturen direkt in die Gasphase übergeht.

Plattiges Material und Schichtstrukturen in steilen Kraterwänden weisen auf nacheinander stattgefundene geologische Ereignisse hin wie Lavaströme oder bewegte Sedimente. Kippschollen, von Kratern weg geneigte Oberflächen, erinnern vom Aufbau her in kleinerem Ausmaß an das Eger-Rift und an den Steinwald. Doch generell gibt es keine Hinweise auf Plattentektonik. Baumartige Verzweigungen auf der Oberfläche bezeugen ehemalige, vielleicht auch aktuelle Fließprozesse, wahrscheinlich von Wasser.

Auf Fotos sind verwilderte Flusssysteme sichtbar, die Bildern vom Amazonasgebiet gleichen. Rinnensysteme mit hellen, wolkigen Flecken auf den Hochlagen könnten durch ein einst feuchtes Klima verursacht worden sein. Irreguläre, breite Linienformen in der Lavaebene kennt man von der Erde auf den Galapagos-Inseln und auf Island als Lava-Tunnelsysteme. Sie könnten bei einer Besiedlung in ferner Zukunft von Bedeutung werden, weil in ihnen geringeres Strahlenrisiko herrscht. Dünenfelder zeigen wie auf der Erde vorherrschende Hauptwindrichtungen an. Wurmartige Strukturen am Fuße von Dünen am Nordpol entstanden wohl durch Trockeneis, das verdampfte, wodurch sich eine Gleitschicht bildete. 100 Meter lange, dunkle Streifen an steilen Hängen in Äquatornähe, die im Sommer auftauchen, sich verlängern und dann wieder weg sind, werden durch Perchlorate verursacht, die kleinere Mengen von Wasser in der Atmosphäre aufsaugen und eine flüssige Lösung bilden, die hangabwärts sickert und durch Austrocknen oder Kristallisieren verschwindet. Erst in diesem Jahr entdeckte man durch Strukturen in isolierten und mit mehr als 4000 Metern besonders tiefen Kratern Hinweise auf einen einst oder noch vorhandenen Grundwasserspiegel. Er deckt sich mit der Lage der vermuteten Küstenlinie eines Marsozeans, der vor 3,7 Milliarden Jahren durch den Verlust des Magnetfeldes des Planeten innerhalb von 200 Millionen Jahren 87 Prozent seines Wassers verlor.

So ist der Mars nach wie vor ein sehr spannender Planet mit vielen Analogien zur Erde. „Bleiben Sie Curiosity“, neugierig, riet Holzförster den begeisterten Zuhörern. Der ursprüngliche Vortrag über den „Ries-Impakt“ wird nachgeholt.

 
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