Nach über zwölf Jahren berufsbedingter Pause steht Michael Eberle wieder mit einem Soloprogramm auf der Bühne. Ein Programm mit neuen Texten neben selten gespielten Texten aus über 40 Jahren kabarettistischen Tuns. Eberle blickt darin zurück nach vorn, lässt kleine Welten auf die große Welt treffen, kombiniert den Alltag mit Aktuellem. Dabei greift er Themen auf, die von seinen kabarettistischen Anfängen vor über 50 Jahren zur heutigen Aktualität erstaunliche Parallelen aufweisen.
Als Prolog rezitiert Eberle zu Beginn sein Gedicht "Entziehungskur" aus dem Jahr 1974, das er im Alter von 16 Jahren geschrieben hat und das zur momentanen Weltsituation passt. Es geht um Konsumrausch, Rentenpanik, eine freie Zukunft, die jedoch nur hinter geschlossenen Augenlidern projiziert wird. 1982, zu Beginn seiner kabarettistischen Karriere als "Stachelbär" hatten viele Weltkriegsteilnehmer Angst, dass der "Russ kimmt". "Geschichte wiederholt sich, nur manchmal unter umgekehrten Vorzeichen", stellte er ernüchternd fest. Schon damals hat er gewusst, dass der Klimawandel ein Thema werden wird. Nicht geahnt hat er, dass "Nachhaltigkeitspolitiker" wie Hubert Aiwanger selbst vorgegebene Klimaziele nicht einhalten: "Wenn die Wirtschaft nicht mitkommt, muss das Klima warten". Szenarien von Klimakatastrophen überzeichnet er mit Kuhfischen von der Hochseejacht im Alpenstausee.
Er steigt aber auch in die kleine Welt des Alltags ein, in dem sein Nachbar im Rentenalter dem "platterten Rasen" noch eine Glatze mäht und ihm seine neuen Heimwerkermaschinen bei Wandbohrungen vorstellt. Der leidenschaftliche Fußgänger schimpft über die Radfahrer, beklagt sich über Muskelzerrungen beim andauernden Umschauen nach ihnen und regt sich über Nordic Walking auf, bei dem die deutsche Sehnsucht nach Gleichschritt aufblitzt. Vergnüglich geht es weiter mit "Breath Walking", zu dem man atmungsaktive Socken und ebensolche Turnschuhe benötigt, Face-Lifting, das früher nicht der Schönheitschirurg, sondern der Sattler erledigt hat, oder der Zugfahrt, in dem sich sechs Rentner über ihre bestehenden und erfolgreich behandelten Krankheiten unterhalten und er sich als Zuhörer vorkommt wie auf einem Fachärztekongress. Dann wird er noch einmal politisch. Er zieht Parallelen von Friedrich März zu Donald Trump nicht nur in Sachen Migration und verpasst der AfD einige kabarettistische Schläge. Kurz vor der Pause klärt er noch über Kerbkopfrundauflaufschrauben und Spreizdruckdübel-Dröselhammer auf.
Im zweiten Teil zündet er Verbal-Akrobatik in höchster Perfektion, atemberaubender Schnelligkeit, durchdacht und hintergründig und mit unnachahmlicher Mimik vorgetragen. Keiner kann die Augen so verdrehen und die schmalen Lippen noch schmäler machen. Dabei brachte er den Zuhörern die Eigentümlichkeiten der bayerischen Sprache höchst amüsant näher. Er bröselte die verschiedenen Bedeutungen des Götz-von-Berlichingen-Zitats, das in der italienischen Version "Leckomio" heißt. Ähnlich wie im Chinesischen kommt es im Bayerischen nur auf die Betonung an. Am Ende stellt er sich die Frage: "Ko i a so, wia i wui, oda wui i a so, wia i soi?"
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