Die echte scharfe Satire und die Ironie, gepaart mit dem eigenen Hinterfragen, sind in der heutigen Zeit als Kabarett-Spielarten etwas verschüttet gegangen. Knapp zwei Stunden lang beweist René Sydow, wie notwendig es aber doch wäre, daran festzuhalten. Es sind vor allem die Sprache, deren Einsatz und deren Wirkung, die es dem 43-Jährigen angetan haben. „Sprache ist voller Fallgruben, aber das Beste, was wir haben“, stellt er fest. Er macht deutlich, dass er nichts von „entweder-oder“- und „links-rechts“-Kategorien hält. Vielmehr gebe es immer nur Grauzonen, derer man sich bewusst werden müsse. „Vielleicht ist meine Meinung zu kompliziert, um ins Schema zu passen“, bekennt der Kabarettist. Das sei wahrscheinlich auch der Grund, warum es bei ihm mit der „Fernseh-Verbeamtung“ nicht geklappt habe.
Mit einer linguistischen Brillanz seziert Sydow gesellschaftliche Entwicklungen wie soziale Netzwerke („sprachlicher Straßenstrich der Datenautobahn“), Influencer („das Wort riecht schon nach Reizhusten und Rotz“) sowie „Sprachverbote“ („man greift das einzige Erhabene auf der Welt an“). Auch auf den Krieg geht er ein, den man offensichtlich derzeit liebe - solange er nicht bei uns stattfinde. "Das ist in etwa so: Die Tochter anschaffen schicken, damit der Sohn Theologie studieren kann!"
Messerscharf und auf intellektuelle Art und Weise nimmt er sich auch weiterer kontroverser Themen wie beispielsweise Gendern an. Akribisch genau führt er den Besuchern im ausverkauften Saal die ideologische Verwechslung von Genus und Sexus vor Augen. Sydow plädiert an diesem Abend für handgeschriebene Texte, führt eindrucksvoll die Doppelbödigkeit von Sprache vor, beklagt den vielfältigen Niedergang der Sprachkultur vor allem im Internet. Und zeigt klare Kante gegen die permanente Verbildlichung.
Klar, da muss man als Zuschauer nicht immer zwanghaft lachen oder sich ständig auf die Schenkel klopfen. Aber man wird zum Nachdenken und eigenen Hinterfragen angeregt. Und ist es nicht das, was die hohe Kunst der Satire ausmacht?
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