Seine drei wichtigsten Akkorde auf seiner viereckigen Gitarre und drei Pointen standen am Beginn seines Programms, in dem der österreichische Kabarettist Severin Groebner über Haltung aufklärte. Die drei dazugehörigen Witze, die mit „Ja, mit Lichtschutzfaktor 50“, „Aber doch nicht gleichzeitig“ und „Ach du meinst die Stadt“ endeten, musste sich das Futura-Publikum selbst ausdenken. „Das Publikum ist beim Bühnenkünstler generell der Risikofaktor. Wenn es heute nicht lustig wird, an mir liegt es nicht“, stellte er fest.
Im Übrigen fragte er sich, was das Publikum eigentlich hier mache. „Haben sie zu Hause keinen funktionierenden Internetanschluss?“ Heute gingen doch die Wenigsten hinaus und ins Theater. Sie säßen lieber zu Hause, fürchteten sich vor Russland und Trump und streamten sich einen. Ins Theater gehen bezeichnete er als „letzten Kick“. „Wenn du Pech hast, musst du auch noch mitdenken, was der Kasperl auf der Bühne erzählt“. Ganz schön schräg, aber so war es auch an diesem Abend, so ist der Frankfurter Wiener (in Wien geboren und aufgewachsen, in Frankfurt lebend) nun einmal: Ein Grenzgänger zwischen Humor und Musik, Pointen und Poesie, Genie und Wahnsinn sowie Deutschland und Österreich. Seine Programme zeichnen sich durch Experimentierlust und Vielseitigkeit aus. Da macht sein aktuelles Programm keine Ausnahme. Um es vorweg zu nehmen: Der Risikofaktor Publikum minimierte sich, der Abend wurde überaus lustig und sehr unterhaltsam.
Was ist Haltung?
Die Haltung, zu der man im Leben oft aufgefordert wird, diese anzunehmen oder zu bewahren, stand im Mittelpunkt des Abends. Was meinte Groebner nun mit dem Begriff? War die Haltung gemeint, von der man körperliche Schäden bekommt, die Haltung mit Zäunen und Futtermittel, die uns mit eiweißhaltiger Nahrung versorgt, oder die Haltung zur Welt, die er in einer Demokratie als „Freilandhaltung“ bezeichnete. Der Dieter-Hildebrandt-Preisträger nahm in seinem Programm vor allem die modernen Geisteshaltungen satirisch unter die Lupe. Social Media, Body-Positivity, Verschwörungstheorien oder Laktoseintoleranz sind nicht seine Welt. Woke? So heißt doch eine asiatische Reispfanne und was soll Cisgender sein? „Cis Frust Moll“, das ist er, meint Groebner.
Er sezierte satirisch Begriffe wie Ehrlichkeit, Identität, Einsamkeit, das Ich und das Wir, oder die toxische Beziehung zu seiner Sandkastenliebe Susi, oder hieß sie Michaela? Er nannte sie auf jeden Fall liebevoll „Sumi“. Immer Haltung bewahren, beim Blick in den persönlichen Abgrund. „Früher haben wir deswegen ganze Landstriche schön gesoffen. Heute wollen die Leute ein schönes Leben haben, aber gesund sein“. Und was passiert mit der schönen Welt, wenn die Realität einbricht? Die soll sich einmal Gedanken machen, warum so viele Menschen nichts mit ihr zu tun haben wollen.
Immer wieder greift Groebner zur Gitarre und gibt Lieder zum Besten, die sich nahtlos in sein Programm einfügen. Alltagsphänomene nimmt er in „Das ist nicht mein Problem“ oder „Ein Haus auf einer Insel im Meer“ humorvoll aufs Korn, wie zum Beispiel auch „Rentner auf E-Bikes“, das er als Zugabe zum Besten gab.
Programm der Futura-Kleinkunstbühne
- 23. November: Sven Kemmler "Dicke Schinken"
- 6. Dezember: Frank Fischer "meschugge"
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