Farbspur bis nach Mykonos

Winklarn
21.09.2018 - 15:59 Uhr

Tief taucht der Pinsel in den weißen Brei und hinterlässt auf der Leinwand eine dicke pastose Spur. Umrahmt von schillerndem Grün treibt hier eine Seerose überdimensionale Knospen - auf der Leinwand von Katharina Gierlach.

Nach einer detailreichen Golfplatz-Szene genießt es Katharina Gierlach, bei den Seerosen mit richtig dicken Pinselstrichen die Ölfarbe aufzutragen.

(bl) Beim Heimaturlaub in Winklarn hat die Künstlerin in der Zeitung "Der neue Tag" ein Foto von einem Teich mit Seerosen entdeckt und schnell erkundet, wo sie wachsen. Die dekorative Wasserpflanze, die einst schon Claude Monet zu impressionistischen Studien inspirierte, hat es auch Katharina Gierlach angetan. Ihr Markenzeichen: ein extrem dicker, fast schon reliefartiger Farbauftrag. "Die ersten kräftigen Pinselstriche - das ist für mich einer der schönsten Momente", erzählt sie, "es macht Spaß, einfach loszulegen". Mittendrin gelte es oft "sich durchzubeißen", um am Ende, wenn alle Details passen, wieder in Hochgefühlen zu schwelgen.

Fast schon grob wirken diese kräftig hingeworfenen Blütenblätter der Seerose, die in ihrer zentimeterdicken Struktur die Zweidimensionalität sprengen. Ein starker Kontrast zu unzähligen Grüntönen, die sich klar vom Hintergrund abheben. Neben der Staffelei warten Farbtuben in allen Schattierungen auf ihren Einsatz, allein die Farbe Grün nimmt einen ganzen Regalmeter in Anspruch. In Plastik-Tellern liegen schon diverse Mischungen parat, und an der Wand lehnt ein fertiges Bild, ebenfalls eine Seerose.

Dabei hat sich die 35-Jährige schon mit ganz anderen Sujets einen Namen gemacht, beispielsweise mit ihren großformatigen Ölbildern von Fußball-Stadien oder ihrer ganz persönlichen Interpretation des Böhmerwaldes. Seit zwei Jahren arbeitet die Malerin vorzugsweise in einer Ateliergemeinschaft in Köln, aber immer wieder nutzt sie auch das Atelier im Elternhaus. "So idyllisch es hier auch ist, man ist doch zehn Stunden am Tag alleine im Atelier", beschreibt sie die Nachteile des Landlebens. In der Großstadt dagegen ist sie von drei Kollegen umgeben, mit der Kunstszene direkt vor der Haustüre. "Aber ich höre dann bei der Arbeit ganz oft Bayern 2", gesteht die 35-Jährige.

Ob Köln oder Winklarn, Arbeiten, die ganz streng nur um einen Themenkomplex kreisen, sind nicht ihr Ding. Bei Katharina Gierlach laufen immer mehrere Serien parallel. So steht momentan in Köln ein Bild von der Allianz-Arena in München auf der Staffelei. Und das Werk mit dem Golfplatz und "Tiger Woods beim Abschlag", eine Auftragsarbeit für ihren Ingolstädter Galeristen, liegt auch noch nicht lange zurück. "Ich hab' mir tatsächlich überlegt, ob ich es zur Platzreife bringen soll, um mich da einzuarbeiten", berichtet die Künstlerin über ihre Arbeitsweise. "Ich picke mir einfach raus, was ich interessant finde."

Statt Skizzen zieht sie die Fotos auf dem Laptop zurate. "Egal ob Landschaft oder Fußballfeld, es ist immer etwas, was mir im Leben begegnet", erzählt die junge Frau , die sich von populären Motiven und berühmten Vorgängern nicht abschrecken lässt. Inzwischen stellen gleich mehrere Galerien ihre Bilder aus, in Wiesbaden, Ingolstadt und Viersen sind ihre Werke zu bewundern - und neuerdings sogar auf der griechischen Insel Mykonos. "Die Leute von der Rarity Gallery dort haben meine Bilder auf der Homepage gesehen und die Transportkosten übernommen." Kein unbedeutender Faktor bei Formaten in der Dimension von 1,60 mal 2,20 Metern. Vielleicht klappt ja der Verkauf, und die Rücksendung erübrigt sich.

Für Katharina Gierlach klappt es jedenfalls mit dem Künstlerleben, auch wenn es mal Durststrecken beim Absatz gibt. Sicherheitshalber hat sie nach dem Studium der Freien Malerei noch Kunsterziehung studiert. Aber abgesehen von der Ferien-Malaktion in Oberviechtach steht bei ihre keine Karriere als Lehrkraft im Plan. Bei viel Farbe und immer neuen Details, die es zu entdecken gilt, trocknen die Pinsel nicht so schnell ein. "Vielleicht experimentiere ich irgendwann mal wieder mit Bauschaum", überlegt die Künstlerin und zieht einen Versuch aus der Studienzeit in der Bildhauer-Klasse von Ottmar Hörl hervor. Bei so vielen Plänen bleibt wenig Zeit, den eigenen Bildern auf Mykonos noch einen Besuch abzustatten.

Ein ganzes Sortiment an Pinseln wartet auf seinen Einsatz.
Rottöne werden in einem eigenen Plastik-Teller angemischt und manchmal auch noch auf der Leinwand variiiert.
Katharina Gierlach mag große Formate. Mit einer Vielzahl von Grüntönen bringt sie Ordnung ins Blätter-Gewirr.
Mit dickem Farbauftrag bringt Katharina Gierlach Wände zum Leuchten.
So dekorativ können Bücherstapel sein, wenn eine Künstlerin die Komposition für die Leinwand auswählt.
Für dieses Seerosen-Bild hat die Künstlerin den Hintergrund ganz bewusst in neutralem Weiß belassen.
Katharina Gierlach schaut sich ihre Vorlagen genau an - und entdeckt dabei noch eine Knospe, die noch mit ins Bild soll.
Zur Person:

Katharina Gierlach ist in Würzburg geboren. Nach dem Abitur am Ortenburg-Gymnasium im Jahr 2003 und einem Praktikum im Oberpfälzer Künstlerhaus studierte sie Freie Malerei und Kunsterziehung an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. 2007 bekam sie ein Erasmus-Stipendium für die Accademia di Belle Arti di Urbino, 2009 folgte ein Stipendium des deutsch-französischen Jugendwerks für die École supérieure d' Art d' Aix-en-Provence in Frankreiche. 2011 wurde Gierlach Meisterschülerin. 2015 war sie Artist-in Residence am Egon Schiele Art Centrum in Cesky Krumlov (Krumau in Tschechien), 2016 verbuchte sie ein Internationales Stipendium des Oberpfälzer Künstlerhauses im Virginia Center for the Creative Arts in den USA für sich. Ihre Werke waren in fast 50 Einzel und Gruppenausstellungen zu sehen, beispielsweise in der Davis-Klemm-Galerie in München oder bei der Galerie Hafenrichter in Nürnberg. Die Künstlerin lebt und arbeitet derzeit in Köln und in Winklarn. (bl)

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