(hai) Wenn trotz größter Höhen und Tiefen im Leben ungebrochene Lebensfreude ein Gesicht hat, dann das von Kurt und Gisela Schröter. 60 Jahre sind sie gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Jetzt feierten sie diamantene Hochzeit. Eigentlich hätte das Paar den Freudentag und das Jubiläum gern ein bisschen größer gefeiert, doch ein Sturz mit gebrochener Schulter und gebrochenem Oberarm der 78-jährigen Jubilarin sowie die Beeinträchtigung durch die Dialyse des 83-jährigen Jubilars ließen nur eine kleine Feier im Familienkreise zu. Doch auch wie sonst nahmen sie es auch dieses Mal mit fröhlichem Gemüt und sportlicher Gelassenheit. Aus allen gesundheitlichen Rückschlägen haben sie sich wieder einigermaßen erholt. Selbst den fünften Herzinfarkt und die jahrelange Dialyse des Jubilars hat das Paar gemeinsam gemeistert. Die zwei strahlen ungebrochene Fröhlichkeit aus, sind dabei die Ruhe selbst und haben immer einen süffisanten Spruch auf den Lippen. Den Lebensmut haben sie nie verloren. Nie gab es ein Aufgeben. „Es geht immer weiter“, lautet das Lebensmotto der Jubilarin.
Am 14. April 1939 im schlesischen Neusorgau bei Breslau als jüngere von zwei Schwestern (Rosa) der Mauersfamilie Martha und Karl Bartsch geboren, war ihre Kindheit von Krieg und Vertreibung geprägt. Ihren Vater, der seit 1939 im Krieg war, hat sie erst neun Jahre später das erste Mal gesehen. Mit Mutter Martha musste sie im eisigen Winter des Februar 1945 ihren Heimatort verlassen. Mit dem Nötigsten auf einem Schlitten ging es zu Fuß über den tschechischen Sudetengau. "Im Schnee sind wir versunken, hatten keine Kleidung zum wechseln", erinnert sich die Jubilarin. Nach zwei Monaten, im April 1945, schlugen sie in Wirbenz auf und fanden hier in der rückliegenden Scheune des Igler-Hofes ein erstes Dach über dem Kopf. 14 Tage haben sie im Heu geschlafen, bevor sie für drei Jahre im damaligen Kunzn-Anwesen (Schindler) Wirbenz 18 eine Bleibe fanden. In Wirbenz wurde sie eingeschult und von Pfarrer Huber konfirmiert. Im Sommer 1948 war dann im Zuge der Zusammenführung von Geschwistern auch Schwester Rosa nach Wirbenz gekommen. War dies schon ein tränenreiches Wiedersehen, so wird die Jubilarin auch den Heilig Abend 1948 nicht vergessen. Vater Karl (+ 1993), von dem sie seit Jahren nichts mehr gehört hatten, war aus der sibirischen Gefangenschaft zurückgekehrt.
1949 erhielt die wieder vereinte vierköpfige Familie bei den Iglers eine kleine Wohnung. Da Vater Karl als Mauerer bei der Firma König Arbeit gefunden hatte, konnte sich die Familie in Wirbenz 53 ein eigenes Haus bauen. Nach der Schulzeit absolvierte die Jubilarin in Weiden ein Jahr die Haushaltsschule. Anschließend war sie eineinhalb Jahre als Haushälterin in Weiden in einem Merztgereibedarfshandel tätig. 1956 wechselte sie zur Firma Hotelporzellan Haveland in Waldershof.
Am 7. Oktober 1934 geboren wuchs Kurt Schröter im schlesischen Weide, Kreis Breslau, als mittlerer der fünf Buben der Offiziersfamilie Artur und Charlotte Schröter auf. In Hühner, Kreis Trebnitz, besuchte er die Schule bis zum 19. Januar 1945. Tags darauf, am 20. Februar, wurde der damals Elfjährige mit seiner Mutter und den Brüdern Horst, Kurt und Karl gezwungen, binnen Stunden ihre nötigste Habe zu packen und ihr Zuhause zu verlassen. Der ältere Bruder Dietrich war bereits in Lichtenfels zum Arbeiten. Mit dem Wenigen, was auf einem Schlitten Platz hatte, ging es im kalten Februar 1945 Richtung Breslau. Nach einer dreieinhalbmonatigen Odysee über Wurken im Sudetengau und einer Zwischenstation in einer Scheune in Waldeck landeten Mutter und Kinder schließlich am 3. Juni 1945 in Wirbenz. Im Anwesen Müller wurden ihnen im ersten Stock zwei Zimmer zugewiesen. Nach zwei Jahren Volksschule lernte der Jubilar in Kemnath das Spenglerhandwerk. Nach Tätigkeiten bei der Flurbereinigungsgenossenschaft, drei Jahre Zeitsoldat bei der Bundeswehr (München/Freimann, Ausbilder in Köln, dann Schley an der Ostsee), bei der Firma Busch Neusorg und der Strickwarenfabrik Fischer in Kemnath trat er am 4. Februar 1963 bei Rosenthal seinen Dienst an. Durch die berufsbegleitende Schulbank brachte er es bis zum Meister in der Glasiererei. Seit 1993 ist er im Ruhestand und frönt seither seinem Hobby, dem Sammeln von Briefmarken und Münzen.
Am 24. Mai 1958 hat sich das Jubelpaar vor Pfarrer Huber in der Sankt Johannis-Kirche das Ja-Wort gegeben. Auf dem Milchbänkl in Wirbenz hatten sie sich das erste Mal gesehen. Auch waren damals alle Jahrgänge in einer Schulklasse. Dabei war es alles andere als Liebe auf den ersten Blick, so der Jubilar. "Sie wollte von mir anfangs erst gar nichts wissen", erinnert er sich. Erst ab ihrem 16. Lebensjahr haben sie alles miteinander gemacht. Da war in Wirbenz echt was geboten. Die Flüchtlinge brachten Leben in den Ort. Es gab sogar einen Schlesierverein, erinnert sich Kurt Schröter. Da wurde Theater gespielt, Frauenkaffeekränzchen gehalten, Kirwa und Fasching riesig gefeiert, der Christbaum versteigert. Der Saal in der früheren Gaststätte Vogt (später Schindler) war immer voll. Ebenso die Gaststätte Hartmann. Als Schlagzeuger trug der Jubilar über Jahre zur besten Stimmung bei. Denn mit Rudi Lindner auf dem Akkordeon und Hans Bothe auf der Trompete mischte er im Trio nicht nur im Gasthaus und beim Kinderfasching musikalisch mächtig auf. Und heute: "Ich kann's kaum glauben. Heute sind wir 60 Jahre verheiratet", sagt die Jubilbraut. Das Paar bekam die Söhne Arnold und Norbert sowie die Zwillinge Manuela und Marco. Bis heute füllen die Kinder, Enkel und Urenkel regelmäßig das Haus. Neben den vier Kindern gehörten auch die Enkel Daniel, Thomas, Sonja, Timo, Leonie und Emelie sowie die Urenkel Katharina und Hannes, Raphaela und Paula zu den Gratulanten. Für die Gemeinde gratulierte Bürgermeister Manfred Porsch.
Wirbenz bei Speichersdorf
30.05.2018 - 10:07 Uhr
60 Jahre durch Höhen und Tiefen
von Wolfgang Hübner

Das Jubelpaar Gisela und Kurt Schröter (Dritte und Vierter von links) im Kreise der Familienangehörigen Celina Dötsch, Katrin Dötsch, Manuela Schröter, Helmut Wagner, Maria Dötsch und Günther Wagner (von links stehend), Thomas Schindler mit Tochter Paula, Sonja Schindler mit Tochter Raphaela sowie Resi Wagner (knieend von links).
hai
Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Meistgelesene Artikel

E-Mail eingeben
Sie sind bereits eingeloggt.
Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.