10.09.2018 - 13:06 Uhr

Zeitreise in Roaring Twenties

Bereits zum elften Mal lädt der Kulturkreis Pressath zum Jazzfrühschoppen ein. Dabei steht eine bekannte Combo aus Franken auf der Bühne im Vestnstodl.

Boogie Woogie in Reinkultur: Jens Wimmer (Piano), Alex Spengler (Kontrabass) und Florian Fischer (Schlagzeug) bilden ein perfekt eingespieltes Trio. Gute Laune und Spaß an der Musik sind garantiert. Bild: lr
Boogie Woogie in Reinkultur: Jens Wimmer (Piano), Alex Spengler (Kontrabass) und Florian Fischer (Schlagzeug) bilden ein perfekt eingespieltes Trio. Gute Laune und Spaß an der Musik sind garantiert.

Pressath.(lr) Das Jens Wimmers Boogie Trio nahm die Zuhörer mit auf eine musikalische Zeitreise. Mit Axel Zwingenberger und Vince Weber feierte in den 1970er Jahren der Boogie Woogie in Deutschland seine Wiedergeburt. Landauf, landab hämmerten Pianisten in Musikkneipen oder sogar im Fernsehen auf ihre Instrumente ein. Das Publikum war jung und begeisterte sich für rhythmusbetonte Musik, die ihren Ursprung in Amerika der 20er Jahre hatte.

Nun, Hundert Jahre später, haben sich die Zeiten geändert. Der Boogie Woogie gehört zu den "klassischen" Stilformen des Jazz, und die Werke seiner Pioniere werden meist auch klassisch interpretiert. Das Publikum ist im Rentenalter, und nur selten verirren sich junge Leute auf solche Konzerte. Auf der Bühne ein Elektro-Piano, ein Kontrabass und ein Schlagzeug und drei Herren mit dunklen Jacketts.

So wird der Frühschoppen beim Kulturkreis schon fast zu einer Lehrstunde in Sachen Musikgeschichte, wobei aber Spaß und Freude an der Musik nicht zu kurz kommen. Pianist und Sänger Jens Wimmers erhellte den Hintergrund der Stücke mit kleinen Anekdoten und versetzte das Publikum in die Atmosphäre eines Juke Joint oder Speakeasy der Prohibitions-Zeit. Die Reise begann in Chicago mit dem "Honky Tonk Train Blues" von Meade Lux Lewis. Das Stampfen der Dampflok wurde durch die Instrumente imitiert und ging in die Beine. Es ging weiter nach Kansas City, wo Pete Johnson und Big Joe Turner die Zuhörer warteten. Der St. Louis Blues mit seinem Rhythmuswechsel zwischen Tango und Boogie ging unter die Haut, und mit Glenn Millers "Chattanooga Choo Choo" kam das Publikum zurück zur Eisenbahn, die auf die Väter des Boogie wohl eine besondere Anziehungskraft ausübte.

Die zweite Runde war eher den swingenden Varianten der großen Big Bands gewidmet. Duke Ellingtons "Don't get around much anymore", Stücke von Lionel Hampton, Erroll Garner und Count Basie wurden adaptiert und wechselten oft unvermittelt zum stampfenden Boogie-Rhythmus. Jens Wimmers erinnerte auch an das große Carnegie-Hall-Konzert aus dem Jahr 1938, das damals unter dem Motto "From Spirituals to Swing" stand und diese Musik erstmals einem begeisterten Publikum präsentierte.

Natürlich erklang auch gelegentlich ein langsamer Blues als Ruhepunkt und Florian Fischers Eigenkomposition "Black Fantasy" schlägt auch Moll-Töne an. Der "Boogie Woogie Stomp" von Albert Ammons steigerte die Intensität noch einmal zum Siedepunkt und mit Professor Longhairs "Mardi Gras" endete die Reise in New Orleans, wobei Schlagzeuger Florian Fischer auch Longhairs typisches Pfeifen imitierte. Bei "Roll 'em Pete" zog er alle Register der Klangerzeugung, neben dem Mobiliar wurden mit großer Musikalität auch Tassen, Gläser und Teller mit den Trommelstöcken bearbeitet.

Das begeisterte Publikum ließ die Musiker nicht ohne Zugaben von der Bühne. Mit "Flip, Flop & Fly" gab es einen Titel von Big Joe Turner in einer "Light"-Version, denn Big Joes gewaltige Stimme ist nicht zu kopieren. Als Rausschmeißer diente George Gershwins "Oh Lady be good" und ein Frühschoppen der besonderen Art findet sein Ende.

 
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